Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
verabscheue.»
«Würdest du eine alte Frau schlagen, Seeräuber?»
«Um Ramses zu retten, ja.»
Verdutzt schaute sie zu Serramanna hoch.
«Ich verstehe nicht recht… Ist der Pharao etwa in Gefahr?»
«Deine Enkelin ist eine Diebin, vielleicht sogar eine Verbrecherin. Wenn du schweigst, machst du dich zur Mitverschwörerin.»
«Wie sollte Nany denn in eine Verschwörung gegen den Pharao verwickelt sein?»
«Sie ist es, ich habe den Beweis.»
Wieder belästigte die Fliege die alte Frau. Serramanna machte ihr den Garaus.
«Der Tod ist eine Freude, Seeräuber, wenn er einen von zu großem Leid befreit. Ich hatte einen guten Mann und einen guten Sohn, doch letzterer hat die Unklugheit begangen, ein gräßliches Weib zu heiraten, das ihm eine gräßliche Tochter bescherte.
Mein Mann ist tot, mein Sohn geschieden, und ich habe dieses verfluchte Geschöpf großgezogen… Was habe ich nicht alles getan, um sie zu erziehen, zu ernähren, um ihr Anstand beizubringen! Du sagst’s ja selbst: Eine Diebin und Verbrecherin ist dabei rausgekommen!»
Die alte Frau rang nach Luft. Serramanna schwieg in der Hoffnung, daß sie auch noch das letzte sagen würde. Sagte sie aber nichts mehr, würde er gehen.
«Nany ist nach Memphis gezogen. Stolzgeschwellt und verächtlich hat sie zu mir gesagt, sie könnte in einem schönen Landhaus gleich hinter der Schule für Heilkunde wohnen, und ich würde in diesem elenden Haus krepieren!»
Serramanna überbrachte Ameni das Ergebnis seiner Nachforschungen.
«Wenn du dich dieser alten Frau gegenüber ungehörig benommen hast, wird sie Klage gegen dich erheben.»
«Meine Männer können es bezeugen: Ich habe sie nicht angefaßt.»
«Was schlägst du vor?»
«Sie hat mir von Nany eine genaue Beschreibung geliefert, die mit der des Zimmermädchens der Königin übereinstimmt. Ich werde sie erkennen, sobald ich sie sehe.»
«Und wie willst du sie finden?»
«Indem ich jedes der Häuser in dem Viertel von Memphis, wo sie wohnt, durchsuche.»
«Und wenn die Alte dich belogen hätte, um Nany zu schützen?»
«Diese Unwägbarkeit muß ich in Kauf nehmen.»
«Memphis ist zwar nicht weit, aber deine Anwesenheit hier in Pi-Ramses ist erforderlich.»
«Du sagst es selbst, Ameni: Memphis ist nicht weit. Nimm einmal an, ich kriegte diese Nany zu fassen und käme durch sie an den Magier heran: glaubst du nicht, daß das in Ramses’ Sinne wäre?»
«Im Sinne… ist fast zu schwach ausgedrückt.»
«Dann laß mich handeln.»
DREIUNDVIERZIG
STAUNEND ERBLICKTEN ACHA und seine Geliebte Hattuscha. Das war also Hattuscha, die Hauptstadt des Hethiterreiches, wo dem Krieg und der Gewalt gehuldigt wurde. Da es den Händlern untersagt war, durch eines der drei Stadttore - Königstor, Löwentor, Sphingentor - in die Oberstadt einzutreten, blieben auch ihnen nur die beiden von lanzenbewehrten Wachen gehüteten Tore der Unterstadt.
Acha zeigte bereitwillig all die Gefäße aus gebranntem Ton und machte sogar das Angebot, eines zu günstigem Preis an die Wache zu verkaufen. Doch der Bärbeißige versetzte ihm nur einen Ellbogenhieb und befahl ihm, sich davonzumachen. Das Paar schlug also gemächlich den Weg zum Handwerker- und Händlerviertel ein.
All diese Felssporne, die sich reihenden Steinterrassen, diese riesigen Gesteinsbrocken, mit denen man den Tempel des Wettergottes erbaut hatte! Die Bäuerin war ebenso beeindruckt wie ihr Begleiter. Wie wenig reizvoll und elegant war doch diese grobe Bauweise, dachte Acha bei sich, ein einziger Festungsring, der diese in die zerklüftete Bergwelt des Nordens eingepflanzte Hauptstadt uneinnehmbar machte. Hier, wo in jedem Stein Gewalt widerhallte, konnten Friede und süßes Leben nicht gedeihen. Vergebens hielt der Ägypter Ausschau nach Gärten, Bäumen, Teichen, der scharfe Wind ließ ihn frösteln. Welch Paradies war doch seine Heimat!
Mehrmals mußten er und seine Begleiterin sich eiligst gegen die Ziegelmauern pressen, um einen Wachtrupp vorbeizulassen. Wer nicht rechtzeitig beiseite trat, egal, ob Frau, Greis oder Kind, wurde gestoßen oder gar zu Boden geworfen von diesen im Laufschritt daherkommenden Fußsoldaten.
Die Armee war allgegenwärtig. An jeder Straßenecke standen Soldaten und versahen ihren Dienst.
Einem Großhändler für Haushaltsgeräte bot Acha einen Krug an. Wie es üblich war bei den Hethitern, stand seine Frau schweigend hinter ihm.
«Ordentliche Arbeit», sagte der Händler begutachtend. «Wie viele machst du davon in einer
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