Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
zu.
«Serramanna, warte auf mich!»
NEUNUNDZWANZIG
TROTZ DER KALTEN Luft war Uriteschup nur mit einem Schurz aus grober Wolle bekleidet, der Oberkörper war nackt. Stürmisch galoppierte er vorwärts und zwang seine Reiter, ihren Pferden höchste Anstrengung abzuverlangen. Der große, kräftige Uriteschup, der Sohn des hethitischen Herrschers Muwatalli, trug sein langes Haar und seine fuchsrot behaarte Brust zur Schau, denn er war stolz, nach dem gescheiterten Aufstand in den ägyptischen Schutzzonen zum Obersten Heerführer ernannt worden zu sein.
Daß Ramses so schnell und so kraftvoll zurückgeschlagen hatte, konnte Muwatalli nur in Erstaunen versetzen. Laut Baduk, dem ehemaligen Obersten Heerführer, der diesen Aufstand hatte vorbereiten, überwachen und nach gelungenem Streich die Schutzgebiete besetzen sollen, hätte dies alles nicht sonderlich schwierig sein dürfen.
Der seit Jahren in Ägypten ansässige syrische Spion hatte allerdings nicht ganz so beruhigende Nachrichten übermittelt. Nach seinem Bekunden war Ramses ein großer Pharao von starkem Charakter und unbeugsamem Willen. Baduk hatte eingewendet, die Hethiter hätten nichts zu befürchten von einem unerfahrenen König und einer aus Söldnern, Angsthasen und Versagern zusammengewürfelten Armee. Der von Sethos erzwungene Friede war für Hatti segensreich gewesen, so hatte Muwatalli Zeit gehabt, sein Ansehen zu festigen und sich der Ehrgeizlinge zu entledigen, die auf seinen Thron lauerten. Jetzt regierte er allein.
Jetzt konnte man erneut an Landnahme denken. Und wenn es ein Land gab, das die Bergvölker an sich reißen wollten, um die ganze Welt zu beherrschen, dann war dies das Ägypten der Pharaonen.
Laut Baduk war die Zeit reif. Waren Amurru und Kanaan erst in Händen der Hethiter, brauchte man nur noch ins Delta einzufallen, die Festungen, die den Königswall bildeten, zu erstürmen und Unterägypten zu besetzen.
Ein großartiger Plan, der die hethitische Führung begeistert hatte.
Nur ein Punkt war vernachlässigt worden: Ramses.
In Hattuscha, der hethitischen Hauptstadt, fragte sich jeder, womit man die Götter beleidigt hatte. Nur Uriteschup stellte sich eine solche Frage nicht: der Verantwortliche für diesen Mißerfolg war der dumme und unfähige Baduk. Daher jagte der Sohn des Herrschers durchs Land, er wollte nicht nur seine Festungen in Augenschein nehmen, sondern Baduk treffen, der noch nicht wieder aufgetaucht war in der Hauptstadt.
Er glaubte ihn im Südwesten zu finden, in jener Festung, die hoch oben auf einem Hügel stand, der zur ersten Bergkette am Rande der Hochebene gehörte. Drei Riesengestalten, Soldaten in voller Bewaffnung, bezeugten die Kriegslust des hethitischen Reiches, die dem Gegner nur die Wahl ließ, sich zu ergeben oder sich töten zu lassen.
Entlang den Wegen, in die Felsen entlang den Flußläufen, aber auch auf Gesteinsbrocken mitten im Land hatten Steinmetze marschierende Fußtruppen in Drohgebärden eingemeißelt: den Wurfspeer in der rechten Hand, den Bogen über der linken Schulter.
Im gesamten Hethiterreich liebte man den Krieg mehr als alles andere.
In gestrecktem Galopp hatte Uriteschup die von Walnußbäumen gesäumten fruchtbaren Ebenen hinter sich gebracht. Auch durch die von Sümpfen unterbrochenen Ahornwälder war er nicht langsamer geritten. Mochten Männer und Tiere ihre Kräfte verzehren, der Sohn des Herrschers hatte es sich in den Kopf gesetzt, auf schnellstem Wege die Festung Masat zu erreichen. Nur dort noch konnte Baduk sich versteckt halten.
Obwohl sie scharf gedrillt und erstaunlich ausdauernd waren, kamen die hethitischen Reiter erschöpft in Masat an, das inmitten einer zwischen Bergketten gelegenen Ebene auf einer kleinen Anhöhe errichtet war. Von diesem Aussichtspunkt ließ sich die Gegend ringsum gut überwachen. Tag und Nacht standen Bogenschützen auf den Zinnen der Wachtürme. Die adligen Offiziere sorgten hier unerbittlich für Zucht und Ordnung.
Etwa zweihundert Ellen vor dem Eingang zur Festung machte Uriteschup halt. Ein Wurfspeer rammte sich in den Boden, unmittelbar vor seinem Pferd.
Der Sohn des Herrschers sprang zu Boden und ging zu Fuß weiter.
«Macht auf!» brüllte er. «Habt ihr mich nicht erkannt?»
Das Festungstor öffnete sich einen Spaltbreit. Auf der Schwelle standen zehn Soldaten, die ihre Lanzen dem Ankömmling entgegenstreckten.
Uriteschup schob sie zur Seite.
«Der Sohn des Herrschers verlangt den Statthalter zu sehen.»
Der hastete
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