Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
Vom Netzwerk:
Leute aus der Raumfahrt sein, gewohnt, mit Konzepten wie fail safe und worst case umzugehen. Wo nötig, werde das System abgeändert, durch
    ergänzende Maßnahmen sicherer gemacht. Auf jede zur
    Verfügung stehende Weise würde verhindert werden, dass sich ein Systemausfall wie bei Sergeant Leonhard Seinfeld jemals wiederholen könne.
    »Heißt das, es werden weitere Operationen nötig sein?«,
    fragt Forrest DuBois dazwischen.
    Der General verstummt. Der Arzt sagt auch nichts. Es ist auch nicht nötig.
    Wir wissen, dass es das heißt.
    Die Sonne brennt herab auf Gerechte und Ungerechte. Ein
    heißer Wind weht.
    Die Fahnen flattern, wie ein Wellenschlag die Flut der Stars
    'n Stripes über uns. Die Trompete klingt blechern, aber sie funkelt erhaben im grellen Licht eines grellen Tages.
    Wir stehen stramm. Der Sarg ist unter der Fahne und hinter all den Kränzen und Blumen nicht mehr auszumachen. Wir
    wissen, was darin liegt. Die Mehrzahl der Anwesenden ahnt es nicht einmal.
    Die Reihe derer, die kurze oder weniger kurze Ansprachen halten, nimmt kein Ende. Die Sätze ähneln sich, die Worte sind von glanzlosem Ernst, Pathos schwingt in den Stimmen.
    Vaterland. Ehre. Tapferkeit. Pflichterfüllung. Gott wird beschworen, ein ums andere Mal, als bestünden Zweifel daran, dass er sich dieser Seele annehmen werde.
    Uniformen. Reihenweise bunt glänzende Orden auf
    Heldenbrüsten. Schweißtropfen auf Stirnen, doch niemand
    wagt, sie abzustreifen. Haltung, Disziplin, dem gefallenen Kameraden die letzte Ehre erweisen, das ist es, was zählt.
    292
    Oder haben manche von denen, die wir für die
    Verantwortlichen halten, am Ende heimliche Zweifel? Zweifel an der Menschlichkeit Leos, an der Existenz seiner Seele? Sind wir noch Menschen? Macht es uns nicht mehr ganz so
    menschlich, wenn Teile von uns aus Stahl bestehen? Wenn ja, was ist der Unterschied zwischen Stahl und Kalk? Zwischen Stahl und Kohlenstoff? Ist nicht in Stahl sowieso Kohlenstoff enthalten? Ich weiß es nicht genau, aber ich meine, so etwas gelesen zu haben. Was nehmen Maschinen uns von unserer
    Menschlichkeit? Mir scheint das die falsche Frage, weil sie schon etwas voraussetzt. Nehmen Maschinen uns überhaupt
    etwas von unserer Menschlichkeit, so muss die Frage lauten.
    Sind Maschinen zu so etwas überhaupt imstande? Ich glaube nicht. Hat uns der Taschenrechner reduziert, weil er auch rechnen kann? Der Computer? Mindert es unsere
    Menschlichkeit, dass ein Computer Schachweltmeister werden kann? Wie denn? Werden wir nachher mit der siegreichen
    Maschine einen trinken gehen oder mit dem tragischen
    Verlierer? Bauen wir Maschinen nicht genau aus diesem
    Grund: damit sie etwas besser tun können als wir selbst? Nur deswegen doch bauen wir Bagger, schmieden wir Hämmer,
    legen wir Telefonleitungen um die ganze Welt.
    Und wenn uns Maschinen, stählerne Knochen, künstliche
    Augen tatsächlich unserer Menschlichkeit berauben sollten –
    wie steht es dann um jemanden, der ein künstliches Hüftgelenk hat? Einen Herzschrittmacher? Einen genagelten Knochen? Ein Hörgerät? Eine Brille? Wo genau verläuft die Grenze? Wenn ein Mensch mit einem künstlichen Herzen kein Mensch mehr ist, welchen Sinn macht es dann, ihm eines einzupflanzen?
    Der Militärrabbiner wechselt in psalmodierendes Hebräisch.
    Ich habe keine Antwort. Niemand hat Antworten. Alles, was wir haben, sind Fragen. Und Hoffnung, bestenfalls. Ein
    293
    Schwärm Vögel schießt hoch über uns dahin, als wollten sich die Tiere in die Sonne stürzen.
    Bill Freeman ist nackt, wie immer, wenn er sich eingeölt hat und wartet, dass es einzieht. »Sie haben meinen Vater
    geschlagen, als er jung war«, erzählt er mir. Ich bin schon dabei, mich anzuziehen. »Geschlagen, verstehst du? Wie man ein Tier schlägt. Einen Esel antreibt, der nicht will oder nicht mehr kann. Weil er schwarz war. Ich habe die Narben gesehen, aber erst, als er tot war. Er hat sie sein Leben lang versteckt.«
    Bill sieht aus wie ein Gott aus Ebenholz. Er streckt den Arm aus, spannt den Bizeps, und die Haut darüber glänzt wie
    schwarze Metallic-Lackierung mit all dem Öl. Ich betrachte sie, aber ich kann nebenbei den Blick auch nicht von seinem halb aufgerichteten Schwanz lassen. Der glänzt auch. »Damals habe ich mir das erste Mal gewünscht, Haut aus Stahl zu
    haben. Aus Panzerstahl, verstehst du?« Bill sieht auf mich herab, und seine Lippen kräuseln sich zu einem verächtlichen Lächeln. »Nein, das verstehst du natürlich nicht, white

Weitere Kostenlose Bücher