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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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überlaut durchkommende Außengeräusche taub zu werden. Der
    unbekannte Besucher sprach deutlicher als Reilly, aber mit wechselnder Lautstärke, und die leisen Passagen blieben trotz aller Technik unhörbar.
    »... was die anderen tun, ist mir scheißegal. Ich bekomme meine Befehle aus Washington, und die führe ich aus.«
    286
    »Hören Sie, das ist alles ein großes Missverständnis.« Das war jetzt Reilly, leise, fast quengelig. »Sobald ich den General ans Telefon kriege...« Murmel, brabbel, murmel. »Das sind meine Jungs, verstehen Sie doch. Ich betreue sie inzwischen seit bald zwanzig Jahren, und ich lege für jeden von ihnen die Hand ins Feuer.«
    »Wenn Sie sich da nur mal nicht verbrennen, Major.« Ein
    gehässiges Lachen. »Wissen Sie, wie die Sie hinter Ihrem Rücken nennen? Froschgesicht. Verklemmter alter Sack. Papa Reilly. Wollen Sie noch mehr? Die machen sich lustig über Ihr Faible für klassischen Blues, Ihre Jungs.«
    »Das weiß ich alles längst«, sagte Reilly mit einer Stimme, der durch die ein Fuß dicke Mauer anzuhören war, dass ihm gerade das Herz brach.
    »Und dieser Arzt hatte Röntgenaufnahmen von Fitzgerald.
    Eine ganze Sammlung davon. Uns sind fast die Ohren
    abgefallen, als wir das Telefonat gehört haben. Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie das auch gewusst haben?«
    Ich erstarrte innerlich zu Eis.
    O'Shea. Der Mann sprach von O'Shea. Ich schloss die
    Augen, rief mir ins Gedächtnis, wann was passiert war. O'Shea hatte Mittwochabend angerufen. Auf meinem normalen
    Apparat, weil auf dem Mobiltelefon besetzt gewesen war. Aber ich Riesenidiot hatte nicht geschaltet. Völlig gedankenlos hatte ich ihn aufgefordert, zu verraten, dass er Röntgenbilder von mir angefertigt hatte, und damit sein Schicksal besiegelt.
    So also war es passiert.
    Ich selbst hatte die Aufmerksamkeit seiner Mörder auf Dr.
    O'Shea gelenkt.
    Schuldig, Hohes Gericht. Ich bekenne mich schuldig. Ich
    habe nicht geschossen, das nicht, dennoch bin ich schuldig.
    287
    Der Lauscher an der Wand hört seine eig'ne Schand...
    Wie ein jäher Schmerz fiel mir ein, wie ich früher an der Wand zum Schlafzimmer meiner Eltern gehorcht habe.
    Merkwürdig – jahrelang habe ich nicht mehr daran gedacht, aber es ist wahr, das habe ich getan. Mit geradezu panischer Besessenheit habe ich nächtelang die Streitigkeiten meiner Eltern verfolgt und mir in fiebriger Schlaflosigkeit überlegt, ob ich nicht mit irgendwelchen Lügengeschichten erreichen
    konnte, dass sich Mum und Dad endlich lieb hatten, und wenn ich lauschte, habe ich gezittert bei jeder Erwähnung meines Namens. Nein, meine Mutter nannte mich, wenn es laut wurde hinter der geblümten Tapete, immer »dein Sohn«, als sei Dad allein verantwortlich für meine Existenz und meine
    Verbrechen, und sie sagte es mit einer glasharten,
    unversöhnlichen Stimme, die mir das Blut in den Adern zu Eis werden ließ. Am besten lauscht man übrigens durch eine Wand hindurch, indem man ein Holzklötzchen aus einem
    Kinderbaukasten mitten daraufsetzt und das Ohr fest
    dagegenpresst; das habe ich selber herausgefunden, lange ehe ich in der Schule etwas über Schallwellen und ihre
    Weiterleitung lernte.
    Bei der Erinnerung an diese Nächte, die ich zitternd vor Kälte und Angst an der Wand ausharrte in dem Versuch, aus den Gesprächsfetzen, die ich mitbekam, mein Schicksal
    herauszulesen, kommt es mir unglaublich vor, dass ich immer noch am Leben bin.
    Mit Mühe fand ich in die Gegenwart zurück. Das Gespräch
    war über unbedeutende Kleinigkeiten wie einen Mord an einem irischen Landarzt längst hinweggegangen.
    »... auch eine Möglichkeit gewesen. Jeder der Cyborgs trägt schließlich sein Technisches Handbuch in seinem System mit 288
    sich herum. Es hätte ja jemand einen Weg gefunden haben
    können, es auszudrucken...«
    «... eine Verschwörung? Das ist absurd...«
    »... Riesensummen von Gerichten zugesprochen bekommen,
    selbst aufgrund viel absurderer Klagen. Das psychologische Profil von Whitewater beispielsweise zeigt, dass er dafür ansprechbar gewesen wäre...«
    »... und was hat der Anwalt über DRAGON BLOOD
    herausgefunden? Und wie, vor allem?«
    Immer wieder dieses seltsame Codewort. Ich hievte mich
    erneut aufwärts, die rechte Hand mit stählerner Unerbittlichkeit um das Fensterbrett gekrallt. Als ich wieder durch das Fenster lugte, sah ich, dass Reillys Besucher aufgestanden war und Anstalten machte, zu gehen. Zum ersten Mal war er vom
    Fenster aus zu sehen. Er war um die 45,

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