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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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Kriegspfad. Er hat ein knochiges Gesicht und einen Körper, für den das Wort »drahtig« erfunden wurde –
    wie geschaffen dafür, unmenschlichen Strapazen
    standzuhalten, grausamen Torturen zu trotzen und selbst die widerwärtigsten Erfahrungen an sich abperlen zu lassen. Ferne Vorfahren von ihm mögen sich einst, was weiß ich, die Zungen und Wangen durchbohrt, halluzinogene Pilze gegessen oder geheime Kräuter geraucht und schließlich ausgehungert auf einsamen Bergen sitzend deliriert haben, um die Macht
    Manitous, des Großen Geistes, zu erfahren – Gabriel ließ sich Gliedmaßen und Leib aufschlitzen, seine Adern von
    psychogenen Giften und Antibiotika durchspülen, delirierte schließlich inmitten von mehr Technik und Computerpotenz, als man gebraucht hätte, um eine Interkontinentalrakete zu steuern, und erfuhr die Macht Uncle Sams. Und als er sich wieder erhob, war er zu einem Supermann geworden.
    Denn das Unglaubliche, das Wunder geschah. Vier Tage
    später schaffte Gabriel es bereits wieder allein zum
    Waschbecken, und vier Wochen danach rannte er wieder
    schneller, als je ein Mensch gerannt ist.
    An O'Flaherty's Bar bin ich jahrelang vorbeigelaufen, ohne etwas anderes dann zu sehen als ein Haus mit einem Tor, auf 179
    das Musikinstrumente gemalt sind. Nicht einmal im Traum
    habe ich jemals daran gedacht, hineinzugehen. Der Teil meines Lebens, in dem es durchsoffene Nächte gegeben hat, ist
    Vergangenheit.
    Als ich an diesem Freitagabend kurz vor acht doch
    hineinging, war ich vermutlich der einzige Besucher, der das mit dem Vorsatz tat, nicht einen Tropfen Bier zu trinken, und in der Hoffnung, der Abend werde möglichst schnell
    vorübergehen.
    O'Flaherty's Bar ist innen kleiner, als man von außen denken würde. Der Boden besteht nur aus festgetrampelter Erde,
    zumindest hatte ich in dem schummrigen Licht, das kurz vor acht herrschte, diesen Eindruck. Ein dicker Holzbalken, der wie ein Stützpfeiler mitten im Raum steht, war von oben bis unten bepflastert mit Plakaten des heutigen Auftritts von Finnan's Folk. Auf dem kleinen Tischchen, das den Pfeiler in Brusthöhe umrundet, standen Getränke für die Musiker bereit, darum herum gruppierten sich Barhocker und
    Instrumentenkoffer aller Art.
    Ich suchte mir einen Platz im Hintergrund, bestellte, um nicht aufzufallen, an der Bar ein Guinness, und vertiefte mich in die Betrachtung der Bilder und Zeitungsausschnitte, die alle vier Wände bis auf den letzten Fleck bedeckten, an manchen Stellen in mehreren Schichten, wie es schien. Es gab große Fotos großer Schiffe, sorgsam gerahmt und hinter Glas,
    anderes Zeug hatte man einfach mit Reißzwecken an die Wand gepinnt und mit Folie abgedeckt. Ich sah ganze Gruppen von Porträtfotos unbekannter, vermutlich längst verstorbener Männer, Titelblätter uralter Zeitungen mit Schlagzeilen, die irgendeinen Bezug zu Dingle oder Irland hatten, und immer wieder, sozusagen strategisch verteilt, Werbeplakate und 180
    emaillierte Werbeschilder der Guinness Brauerei. Guinness Is Good For You, behauptete eines keck.
    Ich beobachtete die ritualhaft anmutende Einschenkprozedur.
    Grau schäumend läuft aus dem Zapfhahn, was ohne Zweifel
    die offizielle irische Nationaldroge ist – die Harfe, das Emblem der Guinness-Brauerei, ziert sicher nicht grundlos die
    Rückseiten sämtlicher irischen Münzen –, um im Glas schwarz zu werden, noch schwärzer als Cola und allem Anschein nach von ölig-zähflüssiger Konsistenz. Der helle Schaum, der, anders als bei jedem Bier, das ich in besseren Zeiten je getrunken habe, auf den ersten Blick ungefähr die
    Beschaffenheit von Rasierschaum zu haben scheint, wird mit einem Plastikschaber sorgsam bis auf einen dünnen Rest
    abgezogen, der sich dafür aber hartnäckig hält: Dass er von selber verschwindet, darauf kann man warten, bis man so
    schwarz ist wie das Bier darunter. Unmöglich, den ersten Schluck zu trinken, ohne ein grauweißes Bärtchen an die
    Oberlippe zu bekommen.
    Ich dankte, als ich mein sozusagen geometrisch exaktes
    Getränk hingestellt bekam, bezahlte und verzog mich damit zu den Bänken, die entlang der Wände montiert sind, auf einen Platz zwischen dem Holzofen und der Tür zu den Toiletten. Es gab noch ein paar wenige Stühle und Tische, aber die meisten Besucher würden stehen müssen, vorzugsweise direkt an der Bartheke.
    Es füllte sich allmählich. Am Eingang hielten zwei massive Männer mit Muskeln wie die sprichwörtlichen Ankertaue
    Wache und ließen nur

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