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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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sollte oder nicht. »Klingt, als hätte ich keine Wahl, hmm?«
    »Nicht, wenn Sie je wieder ruhig schlafen wollen.« Finnan faltete das Papier auseinander und legte es vor mich hin. Es 173
    war die Handzettelausgabe seines Konzertplakats. »Morgen Abend hat meine Band ein Konzert in O'Flaherty's Bar. Wissen Sie, wo das ist?«
    »Bridge Street«, nickte ich.
    »Ich schlage vor, Sie kommen dazu. Zwanzig Uhr. Wir
    spielen bis etwa halb zwölf, und es wird niemand in der Bar sein, den wir nicht seit mindestens zehn Jahren persönlich kennen. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir unsere Instrumente
    hinaustragen, wird jeder sturzbetrunken sein und ringsum das völlige Chaos herrschen. Man wird uns decken, während wir uns absetzen, ohne dass irgendein Außenstehender auch nur ahnt, was vor sich geht.«
    Es klang, als habe er so etwas schon öfter durchexerziert, als ihm lieb war. Die Entschiedenheit, mit der er seinen
    Tabaksbeutel aufrollte und in eine seiner Taschen stopfte, signalisierte deutlich, dass er die Unterredung als beendet betrachtete. »Gut.«, sagte ich also und stand auf. »Ich komme.«
    Und damit ging ich. Den Handzettel ließ ich liegen. Jemand wie ich braucht keine Notizen auf Papier.
    Ich sah kein einziges Mobiltelefon auf dem Heimweg.
    Wurde ich denn nicht mehr beobachtet? Oder hatten die
    Männer mit den astronomischen Telefonrechnungen ihre
    Geräte einfach eingesteckt, um für mich unsichtbar zu werden?
    Ich war mir nicht sicher, während ich von der Dyke Street aus nach Hause ging, öfters die Richtung wechselnd, im Kreis laufend, einem sinnlosen Kurs folgend, auf dem sich jeder Verfolger hatte entlarven müssen. Doch ich entdeckte
    niemanden.
    Dafür passierte etwas, als ich die Hafenstraße entlangging.
    Ich weiß immer noch nicht, wie ich das einordnen soll. Ich stand vor dem Schnellimbiss und wartete auf eine Lücke im Verkehr, ohne besondere Eile allerdings, weil das eine gute 174
    Gelegenheit war, mich unverdächtig umsehen und zum
    Beispiel nach Leuten mit Mobiltelefonen Ausschau halten zu können. Es war eine enge Stelle auf dem Gehweg. Hinter mir stand ein älteres Ehepaar, das sich über etwas stritt, das einer der beiden vergessen hatte, wobei ich nicht mitbekam, was, und es interessierte mich auch nicht. Beide waren nicht die Schlanksten, was die Stelle, wie ich im Nachhinein zugeben muss, noch mehr zu einem Nadelöhr für Fußgänger machte.
    Auf der Straße schoss gerade einer der großen Kühllaster der Fischfabrik heran, als ich einen heftigen Stoß in den Rücken bekam, der mich fast vor dessen Kühler geschleudert hatte.
    Fast, wie gesagt. Einen Sekundenbruchteil zuvor hatte ich nämlich mit der Bewegung begonnen, einen kleinen Schritt beiseite zu treten. So traf mich der Stoß statt in der Mitte des Rückens nur an der Schulter und brachte mich lediglich ins Taumeln, aber ich konnte mich auf dem Gehweg halten, und der Lastwagen donnerte vorbei.
    Der Mann entschuldigte sich wortreich, mit grotesk weit
    aufgerissenen Augen, ein Bild völliger Untrostlichkeit. Er hatte eine rot geäderte Knollennase, trug eine graue Windjacke und eine billig aussehende Hose und roch nach billigem
    Rasierwasser. Als er das dritte Mal erklären wollte, wie Leid es ihm tue, packte seine Frau ihn am Arm und zog ihn fort, und als brachte ihn das zu sich, machte er, dass er wegkam.
    Ein Anschlag? Das zu denken kommt mir paranoid vor.
    Denn wer hatte ein Interesse daran haben sollen, mich tot zu sehen? Meine unbekannten Verfolger etwa? Dann wussten sie nichts über mich. Denn die größte Gefahr, in die ich hatte kommen können, wäre die gewesen, mich vor aller Augen zu enttarnen.
    Angenommen, der unvermittelte Stoß hatte mich direkt vor den heranrasenden Laster geschleudert. Der Sensor in meiner 175
    Blutbahn, der die Konzentration meines körpereigenen
    Adrenalins misst, hatte am Gradienten der Zunahme erkannt, dass ich in Gefahr bin, und auch ohne mein Zutun alle Systeme in Kampfbereitschaft versetzt. Eine Angelegenheit von
    Sekundenbruchteilen wäre das gewesen, die mir den Eindruck sich verlangsamender Zeit ringsum vermittelt hätten, ehe ich mich mit einem übermenschlichen Satz aus der Gefahrenzone katapultiert hätte. Mit anderen Worten, ich hätte den
    Lastwagen einfach übersprungen Ein Aufsehen erregendes
    Schauspiel, ohne Zweifel. Man wagt sich kaum vorzustellen, zu welchen Fragen das Inspector Pinebrook inspiriert hätte.
    Andererseits geht mir das Gesicht des Lastwagenfahrers
    nicht aus dem Kopf.

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