Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
Wunde zu heilen.«
Das Fremdwesen musterte ihn ausgiebig mit seinem undeutbaren Silbergesicht, wandte sich dann ab
und redete mit den anderen Fremdwesen im Becken
und ringsherum. Das unübersetzte Bellen und Quietschen fremder Sprachen erfüllte die dampftrübe Luft.
Schließlich wandte sich Poch'Kra wieder den Menschen zu.
»Selbst wenn wir bereit wären zu kämpfen, wie
hilfreich könnten wir schon sein, wenn man bedenkt,
dass die meisten von uns unter Euren Umweltbedingungen nicht überleben können?«
Douglas nickte nachdenklich, während er innerlich
schon breit grinste. Er hatte sie überzeugt, auch wenn
sie es noch nicht wussten. Sie hatten aufgehört, nach
dem Warum zu fragen, und waren zum Wie übergegangen. »Ihr könnt eine ganze Menge tun: Ihr vermögt viele Orte aufzusuchen, die Menschen unzugänglich bleiben, wie Wartungstunnel, Kanalisationszugänge, Abfallventile und all die anderen Orte,
wo Menschen nur mit schwerer Lebenserhaltungstech überleben. Und man findet hier im Slum Leute,
die Euch alles bauen können, was Ihr an unterstützender Tech braucht, um Euch frei zu bewegen. Ihr
liefert die Pläne, sie bauen die Tech. Manche Leute
hier konstruieren einfach alles, besonders wenn es
illegal ist. Also, was sagt Ihr? Macht Ihr mit?«
»Man trifft hier viele Lebensformen an«, sagte
Toch'Kra. »Wir verfolgen nicht alle dieselben Ziele
und denken nicht mal in denselben Begriffen. Manche von uns sind den anderen so fremd, wie wir alle
für Euch sind. Aber wir diskutieren über Euer Anliegen. Viele von uns begreifen das Bedürfnis nach
Vergeltung, haben es gelernt, das zu tun. Ich denke,
dass wir ... Euch folgen werden, wenn die Diskussion
abgeschlossen ist, König Douglas.«
Danach war im Grunde nicht mehr viel zu sagen, also
verbeugte Douglas sich höflich vor Toch'Kra, dann vor
dem Becken, und führte seine Begleiter aus der Badeanstalt. Hinter ihnen wurden die Geräusche einer lautstarken Debatte in einem Dutzend nicht menschlicher Sprachen vernehmlich. Nina schauderte kurz..
»Ich schwöre, dass ich nie wieder Meeresfrüchte esse!«
Die bedeutende Esperin Diana Vertue, einst als Johana Wahn bekannt, einst tot, aber wieder zum Leben erweckt, schritt die Straßen von Parade der Endlosen entlang, als gehörten sie ihr, und hielt dabei
Kurs auf den Slum. Sie sandte dabei eine starke telepathische Abstoßung aus, sodass alle Welt alles
Mögliche anblickte, nur nicht sie. Vor der Militanten
Kirche lungerte eine Schar Friedenshüter herum.
Bosheit blitzte in ihren Augen. Sie hatten Langeweile
und waren auf Ärger erpicht. Diana fühlte sich versucht, ihnen etwas urkomisch Entsetzliches anzutun,
entschied sich aber widerstrebend dagegen. Sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Jedenfalls
noch nicht. Die Stadt war überhaupt nicht mehr so,
wie sie sie von früher kannte, und die Atmosphäre
auf den Straßen gefiel ihr nicht. Ein Mantel der Resignation, der Furcht, des Schmerzes und der Unterdrückung hing über allem, ausgestrahlt von einer Million ungeübter Gehirne, und doch war noch mehr
daran.
Diana legte in den Siegesgärten eine Pause ein und
blieb vor den Statuen und Gräbern Jakob Ohnesorgs
und Ruby Reises stehen. Die Statuen ähnelten gar
nicht besonders den Personen, die sie persönlich gekannt hatte, aber das war sie inzwischen gewöhnt.
Die wenigen Darstellungen ihrer selbst, die sie zu
Gesicht bekommen hatte, waren ausgesprochen lächerlich ausgefallen. Nie im Leben hatte sie eine solche Oberweite gehabt. Sie seufzte leise, während sie
den Erinnerungen nachhing. Es lag lange zurück,
dass sie, Jakob und Ruby an Bord der alten Todtsteltzerburg gegangen waren, der uralten steinernen
Burg, die auch ein Raumschiff war, um in die lange
verzweifelte Schlacht gegen die Armeen von Shub
zu ziehen und anschließend gegen die geballten
Streitkräfte der Neugeschaffenen. Und vor auch
schon sehr langer Zeit hatte Diana die beiden kalt
und mausetot auf dem kalten Steinfußboden vorgefunden, Seite an Seite, wie sie im Leben gewesen
waren. Die forensischen Indizien deuteten daraufhin,
dass sie sich gegenseitig umgebracht hatten, aber
Diana Vertue verschwieg das. Die Leute brauchten
nicht jedes Detail über ihre Helden zu erfahren.
Sie lächelte kurz. Sie hätte nie gedacht, dass sie
den dröhnenden alten Gauner und die kaltherzige
Kopfgeldjägerin jemals vermissen würde, aber beide
hatten zu ihrer Zeit einige erstaunliche Leistungen
vollbracht. Die
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