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Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende

Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende

Titel: Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Ende
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Determinismus, vom Wir-sind-alle-Besitz bis zu Blutopfern an Lektronen. Denkt man an die Vielseitigkeit
der menschlichen Natur, wie sie sich heute darstellt,
dann findet man kaum noch etwas, woran alle glauben können. Wir alle leben nur für die Gegenwart,
für die Erfahrung. Der Himmel kann warten. Wir
hätten uns transzendieren, uns in etwas Größeres
verwandeln können, haben aber den Ball fallen gelassen. Zum Teil, weil wir Angst hatten; zum Teil,
weil wir uns nicht auf eine Richtung einigen konnten; und möglicherweise, weil wir die Zukunft des
menschlichen Geistes erblickten und wussten, dass
wir uns seiner nicht würdig erweisen würden.«
Owen dachte an das Labyrinth des Wahnsinns,
sagte aber nichts. Er konnte nicht vom Labyrinth
sprechen, ohne Hazel D'Ark zu erwähnen.
Schließlich traf Owen Todtsteltzer am großen und
mächtigen Hofe des Imperators Ethur ein, des ältesten lebenden Menschen im ganzen Ersten Imperium. Nicht dass irgendjemand einfach hätte hineinspazieren und eine sofortige Audienz beim Imperator
verlangen können, aber Dominik Kairo und Ruhmhild Chojiro beriefen sich auf ihre alten Privilegien
als Verteidiger und Investigator, und die jadegepanzerten Wachtposten winkten sie durch. Ein Investigator und ein Verteidiger der Menschheit konnten
jederzeit mit dem Imperator sprechen, falls sie sagten, es bestünde eine echte und aktuelle Gefahr für
die Menschheit selbst. Owen fand, dass sie mit ihren
Behauptungen ein bisschen weit gingen, schwieg
aber. Einer der Posten wollte ihm das Schwert wegnehmen. Owen bedachte ihn mit seiner finstersten
Miene, und der Wachmann entschied, dass er dringend anderswo gebraucht wurde.
Ethurs Hofstaat war ein Tummelplatz der Ausgeflippten und der Wunder, ausgebreitet unter einer gewaltigen goldenen Schüssel von achthundert Metern
Durchmesser. Man traf hier genug Höflinge an, um
aus ihnen eine ordentliche Armee aufzustellen, und
sie frönten, nur so zum Spaß, jeglicher Extremform
von Gestalt. Das reichte vom Ästhetischen bis zum
Grotesken, vom Geschmacklosen bis zum Bizarren,
von Frauen, deren Brüste am Boden nachschleiften,
über Menschen, die sich jedes Organ gepierct hatten,
bis zu dünnen Gespenstern, die kaum wirklich zugegen waren - jeder Exzess war irgendwo vertreten.
Räucherpfannen verbreiteten Düfte, und eine schrille
atonale Musik bildete den Hintergrund für das konstante Stimmengewirr, bei dem alle durcheinander
redeten und niemand richtig zuhörte. Die Höflinge
spielten boshafte, komplizierte Kartenspiele und
blickten kaum auf, wenn Ruhmhild, Dominik und
Owen vorbeigingen und dabei Kurs auf den Stählernen Thron hielten. Die drei waren einfach zu normal,
zu gewöhnlich. Zu langweilig, um irgendein Interesse zu verdienen. Ein paar Leute folgten Owen mit
den Blicken, denn sie spürten etwas anderes an ihm,
etwas ... Verstörendes. Er lächelte sie an, und sie
zuckten zusammen.
Im Zentrum des Hofes, unter dem Scheitelpunkt
der mächtigen goldenen Schüssel, saß Ethur auf dem
Stählernen Thron, der seinerseits auf einem Podium
aufragte. Der Imperator blickte mit kalten, wissenden
Augen über das Gedränge an seinem Hof hinweg.
Man hatte Owen vor der Verfassung des Herrschers
gewarnt, aber die Realität empfand er doch als erschreckend. Ethur war der älteste lebende Mensch
und saß jetzt seit über vierhundert Jahren auf dem
Stählernen Thron, aber für dieses Privileg musste er
einen Preis entrichten. Sein Körper war durchsetzt
von Hilfsmechanismen und genmanipulierten Organen und mit Stöpseln an die Maschine angeschlossen, die den Thron bildete. Er sah nach einem Mann
in den Vierzigern aus, wenn man von den vielen
Drähten, Schläuchen und Kabeln absah, die ihn mit
dem Thron verbanden, den er niemals verlassen
konnte. Nur der Tod hätte ihm erlaubt, jemals wieder
von dort aufzustehen.
Die blasse, ledrige Haut des Imperators wurde überdeckt von einem purpurroten Seidenmantel, der über
den knochigen Schultern hing und gelegentlich unter
den Windstößen aufwogte, die den Hof durchzogen.
Nirgendwo erblickte man an Ethur Körperbehaarung,
auch keine Fingernägel und keinen Nabel, und Gesichts- und allgemeine Hautfarbe wechselten ständig,
während chemische Gezeiten ihn langsam durchliefen.
Zuzeiten traten seltsame, scharfkantige Mechanismen
aus seinem Fleisch zutage wie Kreaturen, die an die
Oberfläche stiegen, nur um von einer Willensanstrengung wieder in die Tiefe gedrückt zu werden. Die

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