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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

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Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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vor
    Erwachsenen? Antworte mir, Junge! «
    »Wie bitte?«, fragte ich kopfschüttelnd.
    »Hör mir mal gut zu«, legte die Frau los. »Ich weiß alles über dich und ... diese Motorräder, die diesen schrecklichen Lärm machen, und über die mutwillige Zerstörung von Privateigentum. Wie konnte die 249

    Gemeinde nur je damit einverstanden sein, dass ...
    Leute wie ihr in unsere Nachbarschaft ziehen? Ich weiß genau, welche Sorte Mensch ihr seid! Und du bist ein dreckiger kleiner Halbstarker! Schau dich doch nur an, wie du aussiehst – du stinkst nach der Gosse! Ich weiß ja nicht, was ihr Kinder anstellt, damit ihr ...
    Pflegekinder werdet«, sagte sie und bedeckte ihren Mund, als hätte sie gerade ein schlimmes Schimpfwort ausgesprochen, »aber ich bin ganz sicher, dass du irgendetwas ganz Schlimmes angestellt hast!
    Stimmt's?« Das Gesicht dieser Frau wurde so rot, dass ich meinte, sie würde jeden Augenblick platzen.
    »Untersteh dich, je wieder in die Nähe meines Hauses zu kommen oder mit meinen Kindern zu reden!
    Jemals!«
    Ich stand wie angewurzelt. Der sorgfältig manikürte rote Fingernagel, der ständig vor meinem Gesicht her-umgefuchtelt hatte, hatte mich fast hypnotisiert.
    »Und wenn ich dir noch einen Rat geben darf«, fuhr die Frau fort, »verschwende deine Zeit nicht damit, es zu versuchen. Dazu hast du nicht das Zeug! Ich weiß es! Glaub mir, ich tue dir sogar einen Gefallen, wenn ich dir das sage! « Sie lächelte, als sie ihr Haar zur anderen Seite ihres Gesichtes strich. »Du wirst es schon noch sehen. Ich halte meine Augen offen und bin über ein paar Dinge im Bilde. Also, je eher du lernst, dass du nur ein Pflegekind bist, desto besser für dich!
    Darum: Bleib unter deinesgleichen! «
    Und ehe ich noch etwas antworten konnte, wurde die Tür mit solcher Wucht zugeknallt, dass ich im Gesicht eine richtige Druckwelle verspürte. Wie versteinert stand ich da und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte das Gefühl, nur wenige Zentimeter groß zu sein.
    Ich starrte auf die Ärmel von Pauls rot-schwarzem 250

    Flanellhemd. Sie waren zwar ein wenig kurz, aber meiner Meinung nach sah das Hemd gut aus. Ich fuhr mir mit der Hand durch mein fettiges Haar. »Vielleicht sollte ich doch mal wieder ein Bad nehmen«, murmelte ich. Mein Äußeres, das wusste ich, entsprach nicht gerade der neuesten Mode, doch innerlich fühlte ich mich besser und selbstsicherer als je zuvor. Ich bemühte mich ja so sehr, all das, was für normale Kinder selbstverständlich war, auch zu tun. Ich wollte mich einfach nur einfügen. Ich wollte dazugehören. Ich wollte ein ganz normales Kind sein.
    Kurz darauf schlich ich mit gesenktem Kopf an Paul vorbei, der um mich herumtänzelte und mir mit Fragen auf die Nerven ging, wie das Rendezvous denn verlaufen sei. Aber ich wehrte meinen besten Freund ab und verkroch mich für den Rest des Tages in meinem Zimmer.
    Als ich am nächsten Nachmittag an meinem Moped herumbastelte, kam ein großer Mann auf mich zu. In der einen Hand trug er eine Bierdose, mit der anderen schob er einen Kinderwagen. »So, du bist also die große Bedrohung der ganzen Nachbarschaft«, sagte er mit verschmitztem Lächeln. Ich hielt meinen Kopf gesenkt, aber ich spürte, wie Wut in mir aufstieg. Bevor ich jedoch den Mund aufmachen konnte, hatte sich der Mann schon wieder auf den Weg gemacht.
    Ungefähr eine halbe Stunde später kam er aus der entgegengesetzten Richtung zurück. Ich erwartete eine weitere abfällige Bemerkung, aber diesmal war ich bereit, mich zu wehren und meinerseits eine Beleidigung vom Stapel zu lassen. Er lächelte mich breit an, bevor er sagte: »Mach's gut, junge! Nimm dir was! «

    251

    Verständnislos schüttelte ich den Kopf. Hatte ich richtig gehört? Mach's gut? Nimm dir was? Ja, was denn?
    Fragen über Fragen.
    Ich stand auf, verrieb einen Ölfleck auf meinem schmutzigen weißen Benzintank und sah dem Mann zu, wie er an mir vorbeitänzelte und in der nächsten Einfahrt verschwand. Er nickte mir noch einmal zu, ehe er in der Garage verschwand. Ich war so verblüfft, dass ich mich ins Gras setzen und darüber nachdenken musste, was dieser verrückte Kerl wohl meinte. Er schien im Kopf nicht ganz richtig zu sein, aber was er sagte, hatte irgendwie seinen ganz eigenen Reiz.
    Am nächsten Nachmittag zur gleichen Zeit erschien er erneut. Er hatte wieder dieselben Sachen an: weiße Shorts über aschfahlen, knochigen Knien, ein viel zu kleines TShirt mit der Aufschrift »Fudpuckers - We've

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