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Middlesex

Middlesex

Titel: Middlesex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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nehme einen Wodka Martini, sehr trocken, zwei Oliven und ein Bier zum Runterspülen.«
    Durch dünne Lippen sagte die Bedienung: »Wenn Sie Ihren Freund das trinken lassen, darf ich Ihnen das nicht bringen.«
    »Ist beides für mich«, beschwichtigte Scheer sie. Er hatte ein wenig die Stimme gesenkt und den Ton ein wenig voller werden lassen, auf diese Weise einen Schuss Ostküste oder Edeluni- Autorität dazugegeben, der selbst in dem Steakhaus tief im Westen nicht ganz ohne Wirkung blieb. Grollend kam die Bedienung seinem Wunsch nach.
    Sie entfernte sich, und Scheer beugte sich zu mir. Er hatte wieder seine Hinterwäldlerstimme. »An dem Mädel ist nix Falsches, wasn guter Bums in der Scheune nicht richten würd. Und du bist genau der rechte Hengst dafür.« Er wirkte nicht betrunken, aber seine Derbheit war neu; er war jetzt ein wenig fahriger in seinen Bewegungen, jovialer. »Ja«, sagte Scheer, »ich glaube, sie ist in dich verschossen. Du und Mayella, ihr könntet glücklich sein.« Auch ich spürte den Wein, mein Kopf war wie eine Discokugel, die Blitze abschoss.
    Die Bedienung brachte die Getränke, stellte sie demonstrativ auf Scheers Tischseite. Sobald sie wieder fort war, schob er mir das Bier hin und sagte: »Hier, bitte.«
    »Danke.« Ich trank das Bier mit großen Schlucken und schob es immer wieder, bevor die Bedienung vorbeikam, zurück. Es machte Spaß, so zu schummeln.
    Doch ich blieb nicht unbeobachtet. Ein Mann an der Bar sah zu mir her. Er trug ein Hawaiihemd und eine Sonnenbrille und schien das Ganze nicht gutzuheißen. Dann aber öffnete sich sein Gesicht zu einem breiten, wissenden Grinsen. Das Grinsen verunsicherte mich, und ich schaute weg.
    Als wir hinaustraten, war der Himmel tiefschwarz. Scheer machte die Heckklappe seines Nova auf, um Franklin herauszulassen. Der alte Hund konnte nicht mehr laufen, und Scheer musste ihn aus dem Auto heben. »Na komm, Frank«, sagte Scheer in liebevoller Barschheit, und mit einer brennenden Zigarette zwischen den Zähnen, nach hinten gebeugt in einer aristokratischen, Franklin Roosevelt nicht unähnlichen Art, in Gucci-Slippern und golden schimmerndem, doppelt geschlitztem Tweedjackett, seine kräftigen Polospielerbeine straff von dem Gewicht, trug er das altersschwache Tier in die Büsche.
    Bevor er zurück auf den Highway bog, hielt er vor einem Laden und holte noch mehr Bier.
    Wir fuhren noch ungefähr eine Stunde. Scheer leerte viele Biere; ich brachte auch noch ein, zwei hinunter. Ich war durchaus nicht mehr nüchtern und wurde müde. Ich lehnte mich an die Tür und linste mit trüben Augen durch die Scheibe. Ein langes weißes Auto kam auf meine Höhe. Der Fahrer sah lächelnd zu mir herüber, doch da schlief ich schon ein.
    Etwas später rüttelte Scheer mich wach. »Ich bin zu kaputt zum Fahren. Ich muss halten.«
    Ich sagte nichts.
    »Ich suche uns ein Motel. Du kriegst auch ein Zimmer. Auf meine Rechnung.«
    Ich hatte keine Einwände. Bald sah ich verschwommene Motellichter. Scheer stieg aus und kam mit meinem Zimmerschlüssel wieder. Er führte mich zu meinem Zimmer, wobei er meinen Koffer trug, und schloss mir die Tür auf. Ich ging zum Bett und ließ mich darauffallen.
    Mir schwirrte der Kopf. Ich schaffte es gerade noch, die Bettdecke zurückzuschlagen und mir die Kissen zurechtzulegen.
    »Schläfst du angezogen?«, fragte Scheer belustigt.
    Ich spürte, wie seine Hand mir über den Rücken rieb. »Du solltest nicht angezogen schlafen«, sagte er. Er fing an, mich auszuziehen, aber ich raffte mich auf. »Lassen Sie mich einfach bloß schlafen«, sagte ich.
    Scheer beugte sich zu mir. Mit belegter Stimme sagte er:
    »Haben deine Eltern dich rausgeschmissen, Cal? Ist es das?« Er klang plötzlich sehr betrunken, als zeigte der Alkohol des ganzen Tages und der Nacht nun plötzlich seine Wirkung.
    »Ich schlaf jetzt«, sagte ich.
    »Na komm«, sagte er. »Lass mich ein bisschen zu dir.«
    Ich ringelte mich schützend ein, hielt die Augen geschlossen. Scheer schmiegte sich an mich, ließ aber von mir ab, als ich nicht reagierte. Ich hörte, wie er die Tür öffnete und hinter sich schloss.
    Als ich aufwachte, war es früher Morgen. Durch die Fenster drang Licht. Und Scheer lag neben mir. Er hielt mich ungelenk im Arm, die Augen zugekniffen. »Will bloß hier schlafen«, lallte er. »Bloß schlafen.« Mein Hemd war aufgeknöpft. Scheer war nur in Unterwäsche. Der Fernseher lief, leere Bierflaschen standen darauf.
    Scheer packte mich, drückte das

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