Middlesex
Land:
Unter dem braunen Nebel eines Wintermorgens Erscheint Mr. Eugenides, Kaufmann aus Smyrna, Noch unrasiert, die Taschen voll Korinthen, Franko versichert London: unterbreitet Dokumente Und lädt mich in demotischem Französisch Zum Luncheon ein ins Cannon Street Hotel, Daran anschließend Weekend in dem Metropole.
Darin ist alles enthalten, was Sie über Smyrna wissen müssen. Der Kaufmann ist reich, reich war auch Smyrna. Sein Vorschlag war verführerisch, verführerisch war auch Smyrna, die kosmopolitischste Stadt des Nahen Ostens. Zu ihren angeblichen Gründern zählten erstens die Amazonen (was hübsch zu meinem Thema passt) und zweitens Tantalos. Homer wurde dort geboren, auch Aristoteles Onassis. In Smyrna vermengten sich Ost und West, Oper und politakia, Geige und zourna, Klavier und daouli ebenso geschmackvoll wie die Rosenblätter und der Honig im ortstypischen Gebäck.
Lefty nahm seinen Weg wieder auf und gelangte bald zum Casin von Smyrna. Topfpalmen flankierten einen imposanten Eingang, aber die Türen standen weit offen. Er trat ein. Niemand hielt ihn auf. Es war niemand da. Er folgte einem roten Teppich in den ersten Stock und in den Spielsalon. Der Würfeltisch war unbesetzt. Keiner war am Rouletterad. Hinten in einer Ecke spielte allerdings eine Gruppe Männer Karten. Sie schauten kurz zu Lefty auf, wandten sich aber gleich wieder ihrem Spiel zu, ignorierten seine schmutzigen Kleider. Und da erkannte er, dass die Spieler keine Clubmitglieder waren; sie waren Flüchtlinge wie er. Alle waren sie durch die offene Tür hineingeschlendert in der Hoffnung, Geld zu gewinnen, um sich eine Schiffspassage ab Smyrna kaufen zu können. Lefty näherte sich dem Tisch. Ein Spieler fragte: »Machst du mit?«
»Ich mach mit.«
Er erfasste die Regeln nicht. Er hatte noch nie Poker gespielt, nur Backgammon, und in der ersten halben Stunde verlor er immer wieder. Mit der Zeit aber begriff Lefty den Unterschied zwischen einem five-card draw und einem seven-card stud, und nach und nach verlagerte sich die Zahlungsbilanz am Tisch.
»Drei davon«, sagte Lefty und legte drei Asse hin, worauf die Männer brummelten. Sie beobachteten ihn genauer, wenn er gab, missverstanden seine Ungeschicklichkeit als Trick eines Kartenhais. Lefty machte die Sache allmählich Spaß, und kaum hatte er einmal einen großen Einsatz gewonnen, rief er: »Ouzo für alle!«
Doch als nichts geschah, schaute er auf und sah erneut, wie verlassen das Casin war, und dieser Anblick brachte ihm den hohen Einsatz in Erinnerung, um den sie hier spielten. Das Leben. Sie spielten um ihr Leben, und als er nun seine Mitspieler musterte und die Schweißperlen auf der Stirn sah und ihren säuerlichen Atem roch, zeigte Lefty Stephanides weit mehr Zurückhaltung als vierzig Jahre später beim Zahlenlotto in Detroit. Er stand auf und sagte: »Ich höre auf.«
Sie brachten ihn fast um. Leftys Taschen beulten sich von seinem Gewinn, und die Männer riefen, dass er nicht gehen könne, ohne ihnen die Chance zu geben, einen Teil davon zurückzugewinnen. Er beugte sich vor, um sich am Bein zu kratzen, und beharrte: »Ich kann gehen, wann ich will.« Einer der Männer packte ihn an seinem verdreckten Revers, und Lefty fügte hinzu: »Ich will aber noch nicht.« Er setzte sich wieder, kratzte sich am anderen Bein, und von da an verlor er nur noch. Als sein ganzes Geld weg war, stand Lefty auf und sagte zutiefst empört: »Kann ich vielleicht jetzt gehen?« Die Männer sagten, Klar, nur zu, und lachten, als sie die nächste Runde gaben. Steif, niedergeschlagen ging Lefty aus dem Casin. Im Eingang, zwischen den Topfpalmen, bückte er sich und zog das Geld, das er versteckt hatte, aus seinen streng riechenden Socken.
Zurück am Kai, suchte er nach Desdemona. »Sieh doch, was ich gefunden habe«, sagte er und zückte sein Geld. »Das muss jemand verloren haben. Jetzt kriegen wir ein Schiff.«
Desdemona kreischte auf und umarmte ihn. Sie küsste ihn mitten auf den Mund. Dann fuhr sie zurück, errötete und wandte sich dem Wasser zu. »Hör mal«, sagte sie, »die Briten spielen wieder ihre Musik.«
Sie meinte die Marinekapelle auf der Iron Duke. Jeden Abend, wenn die Offiziere speisten, spielte die Kapelle auf dem Deck.
Weisen von Vivaldi und Brahms wehten übers Wasser. Beim Brandy reichten Major Arthur Maxwell von Seiner Majestät Marineinfanteristen und seine Untergebenen einander das Fernglas, um die Situation an Land zu beobachten.
»Ganz schön voll da,
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