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Middlesex

Middlesex

Titel: Middlesex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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jemand krank wird, nicht wahr? Könnte ja die Produktion verlangsamen.«
    »Ich will so tun, als hätte ich das nicht gehört«, sagte der größere, »da Sie, wie ich sehe, kein Beschäftigter der Ford Motor Company sind. Allerdings« - nun an meinen Großvater gewandt - »möchte ich Sie in Kenntnis setzen, Mr. Stephanides, dass ich in meinem Bericht einen Vermerk über Ihren gesellschaftlichen Umgang mache. Ich werde die Empfehlung aussprechen, dass Sie und Mrs. Stephanides in Ihre eigenen vier Wände ziehen, sobald dies finanziell durchführbar ist.«
    »Und darf ich fragen, welchem Beruf Sie nachgehen, Sir?«, wollte der kleinere wissen.
    »Ich bin im Speditionswesen«, sagte Zizmo.
    »Nett von den Herren, vorbeigeschaut zu haben«, unterbrach sie Lina. »Aber wenn Sie uns nun entschuldigen möchten, wir wollten gerade zu Abend essen. Wir müssen heute Abend in die Kirche gehen. Und natürlich muss Lefty um neun Uhr im Bett sein, damit er sich ausruhen kann. Er ist morgens gern ausgeschlafen.«
    »Das ist gut. Gut.«
    Synchron setzten sie ihre Hüte auf und verschwanden.
    Und so kommen wir zu den Wochen, die dem Festspiel der Abschlussfeier vorangehen. Zu Desdemona, wie sie eine palikari - Weste näht und mit rotem, weißem und blauem Garn bestickt. Zu Lefty, wie er eines Freitagabends Feierabend hat und die Miller Road überquert, um sich an dem gepanzerten Lieferwagen seinen Lohn abzuholen. Wieder zu Lefty, wie er am Abend des Festspiels mit der Straßenbahn zum Cadillac Square fährt und Gold's Clothes betritt. Dort ist er mit Jimmy Zizmo verabredet, der ihm helfen will, einen Anzug auszu suchen.
    »Es ist beinahe Sommer. Wie war's mit etwas in Beige? Dazu eine gelbe Seidenkrawatte?«
    »Nein. Der Englischlehrer hat uns gesagt, nur Blau oder Grau.«
    »Die wollen dich zum Protestanten machen. Wehr dich!«
    »Ich nehme bitte den blauen Anzug, danke«, sagte Lefty in seinem besten Englisch.
    (Und auch hier schuldet der Ladenbesitzer Zizmo offenbar einen Gefallen. Er gibt ihnen zwanzig Prozent Rabatt.)
    Unterdessen ist in der Hurlbut Street endlich Father Styliano poulos, der Oberpriester der griechisch-orthodoxen Himmel fahrtskirche, eingetroffen, um das Haus zu segnen. Nervös beobachtet Desdemona den Priester, wie er das Glas Metaxa trinkt, das sie ihm angeboten hat. Als sie und Lefty Mitglied seiner Gemeinde wurden, hatte der alte Priester der Form halber die Frage gestellt, ob sie orthodox geheiratet hätten. Desdemona hatte sie bejaht. Sie war in der Annahme aufgewachsen, dass Priester wüssten, ob man die Wahrheit sagte oder nicht, doch Father Styliano-poulos hatte nur genickt und ihre Namen ins Kirchenregister eingetragen. Jetzt stellt er das Glas hin. Er erhebt sich und spricht den Segen, spritzt heiliges Wasser auf die Schwelle. Aber bevor er fertig ist, macht Desdemonas Nase wieder Theater. Sie kann riechen, was der Priester zu Mittag gegessen hat. Sie riecht das scharfe Aroma seiner Achseln, als er das Kreuzzeichen macht. An der Tür, wo sie ihn verabschiedet, hält sie den Atem an. »Danke, Father. Danke.« Stylianopoulos geht seiner Wege. Doch es hilft nichts. Sobald sie wieder einatmet, kann sie die gedüngten Blumenbeete und den Kohl riechen, den Mrs. Czeslawski nebenan kocht, und irgendwo muss auch ein offener Topf Senf sein, alle Gerüche treiben ein Spiel mit ihr, und sie legt eine Hand auf den Bauch.
    Da geht die Schlafzimmertür auf. Sourmelina tritt heraus. Puder und Schminke bedecken die eine Seite ihres Gesichts, die andere, nackt, wirkt grün. »Riechst du was?«, fragte sie.
    »Ja. Ich rieche alles.«
    »O Gott.«
    »Was ist denn?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass mir das passiert. Dir vielleicht. Aber nicht mir.«
    Und nun sind wir, am selben Tag um 19.00 Uhr, in der Detroit Light Guard Armory. Die Lichter im Haus werden schwächer, die versammelten zweitausend Zuschauer lassen sich nieder. Prominente Industrielle begrüßen einander mit Handschlag. Jimmy Zizmo, im neuen beigen Anzug mit gelber Krawatte, schlägt die Beine übereinander, wippt mit einem Sattelschuh. Lina und Desdemona halten sich an der Hand, in einer rätselhaften Einheit verbunden.
    Der Vorhang geht auf, leise Rufe sind zu hören, vereinzelter Applaus. Eine gemalte Kulisse zeigt ein Dampfschiff, zwei riesige Schornsteine und ein langes Deck mit Reling. Eine Gangway verläuft zum anderen Blickpunkt der Bühne: einem gigantischen Kessel, auf dem die Worte SCHMELZTIEGEL »FORD ENGLISH SCHOOL« prangen. Eine

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