Middlesex
ist.«
»Mana!«
»Warum, glaubst du wohl, lässt die Kirche Geschwister nicht heiraten? Sogar Cousin und Cousine ersten Grades brauchen die Erlaubnis vom Bischof.«
»Ich hab gedacht, weil...,«, und sie verstummte, da sie keine Antwort wusste.
»Mach dir keine Gedanken«, sagte Lina. »Diese Ärzte übertreiben doch immer. Wäre es so schlimm, wenn man innerhalb der Familie heiratet, hätten wir doch alle sechs Arme und keine Beine.«
Aber Desdemona machte sich Gedanken. Sie dachte an Bithynios zurück, versuchte sich zu erinnern, wie viele Kinder mit einem Schaden geboren worden waren. Melia Salakas hatte eine Tochter, bei der mitten im Gesicht ein Stück fehlte. Deren Bruder Jorgos war sein ganzes Leben lang acht Jahre alt gewesen. Hatte es Neugeborene mit härenen Hemden gegeben? Froschbabys? Desdemona erinnerte sich, dass ihre Mutter Geschichten erzählt hatte von sonderbaren Kindern im Dorf. Alle paar Generationen tauchten sie auf, Kinder, die in irgendeiner Weise krank waren, inwiefern, wusste Desdemona nicht mehr - ihre Mutter hatte sich nicht klar genug ausgedrückt. Immer mal wieder waren da diese Kinder, und immer nahmen sie ein tragisches Ende: Sie brachten sich um, sie liefen weg und wurden Zirkusartisten, man sah sie Jahre später in Bursa, wo sie bettelten oder sich prostituierten. Nachts allein im Bett, Lefty war bei der Arbeit, versuchte Desdemona, sich an Einzelheiten dieser Geschichten zu erinnern, aber es war schon zu lange her, und nun war Euphrosyne Stephanides tot, und es gab niemanden mehr, den sie fragen konnte. Sie dachte an die Nacht zurück, in der sie schwanger wurde, und versuchte die Ereignisse zu rekonstruieren. Sie drehte sich auf die Seite. Sie legte sich ein Kissen als Ersatz für Lefty zurecht, presste es sich gegen den Rücken. Sie sah sich im Zimmer um. An der Wand waren keine Bilder. Kröten hatte sie auch keine angefasst. »Was habe ich nur gesehen?«, fragte sie sich. »Nur die Wand.«
Aber sie war nicht die Einzige, die von Sorgen geplagt wurde. Dreist geworden und mit einem offiziellen Dementi hinsichtlich des Wahrheitsgehalts dessen, was ich Ihnen gleich erzähle denn von allen Schauspielern in meinem mittelwestlichen Epidaurus ist derjenige mit der größten Maske Jimmy Zizmo -, möchte ich nun versuchen, Ihnen einen Einblick in seine Gefühlswelt dieses letzten Vierteljahrs zu geben. War er begeistert, dass er Vater wurde? Brachte er nahrhafte Wurzeln nach Hause, braute er homöopathische Tees? Nein, er brachte nicht, er braute nicht. Nach jenem Abendessen mit Dr. Philobosian veränderte sich Jimmy Zizmo. Vielleicht lag es daran, was der Arzt über die gleichzeitigen Schwangerschaften gesagt hatte. Eine Chance von hundert zu eins. Vielleicht war ja diese beiläufige Information verantwortlich für Zizmos zunehmende Melancholie, für die argwöhnischen Blicke, die er auf seine schwangere Frau warf. Vielleicht bezweifelte er, dass ein einziger Verkehr in einer fünfmonatigen Dürre eine erfolgreiche Schwangerschaft zeitigen würde. Prüfte Zizmo seine junge Frau und fühlte sich alt? Reingelegt?
Im Spätsommer 1923 verfolgten Minotauren meine Familie. Desdemona erschienen sie in Gestalt von Kindern, die immerzu bluteten oder mit einem Fell bedeckt waren. Zizmos Monster war das bekannte mit den grünen Augen. Es starrte aus dem Dunkel des Flusses zu ihm her, wenn er am Ufer auf eine Ladung Schnaps wartete. Es sprang ihm vom Straßenrand auf die Windschutzscheibe des Packard. Es wälzte sich im Bett, wenn er vor Sonnenaufgang nach Hause kam: ein grünäugiges Monster, das neben seiner jungen, unergründlichen Frau lag, aber dann blinzelte Ziz-mo, und das Monster verschwand.
Als die Frauen im achten Monat waren, fiel der erste Schnee. Lefty und Zizmo trugen Handschuhe und dicke Schals, als sie am Ufer der Belle Isle warteten. Dennoch zitterte mein Großvater, trotz der wärmenden Sachen. Zweimal waren sie im letzten Monat nur knapp der Polizei entkommen. Krank vor eifersüchtigem Argwohn, war Zizmo launenhaft gewesen, hatte vergessen, Treffpunkte zu vereinbaren, Übergabestellen wurden vorschnell ausgewählt. Schlimmer noch, die Purple Gang festigte ihre Kontrolle über den Rumschmuggel in der Stadt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ihr ins Gehege gerieten.
Unterdessen pendelte in der Hurlbut Street ein Löffel. Sourmelina lag, die Beine umwickelt, in ihrem Boudoir, als Desdemona die erste ihrer zahlreichen Vorhersagen machte, die mit mir enden sollten.
»Sag
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