Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
Pug.
Kulgan schien einen Moment nachzudenken. Dann lauschte er sowohl den Bemühungen der Crew als auch der Frage des Jungen. Dann antwortete er: »Macros ist ein großer Zauberer, Pug. Vielleicht der größte, den die Welt je gekannt hat.«
»Aye«, stimmte Meecham zu. »Und außerdem ein Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle. Seine Künste sind die schwärzesten, und selbst die verdammten Priester von Lims-Kragma fürchten sich, einen Fuß auf seine Insel zu setzen.«
Gardan lachte. »Den Zauberer möchte ich mal kennenlernen, der den Priestern der Todesgöttin Angst machen kann. Er muß wirklich mächtig sein.«
»Das sind alles nur Geschichten, Pug«, sagte Kulgan. »Wirklich wissen wir von ihm nur, daß Macros zu dieser Insel geflohen ist, als die Verfolgung der Magier im Königreich ihren Höhepunkt erreichte. Seither ist niemand auf die Insel gereist oder hat sie verlassen.«
Pug setzte sich in seiner Koje auf. Was er hörte, interessierte ihn, und er beachtete vorübergehend nicht mehr den Lärm des Sturmes. Fasziniert sah er zu, wie Kulgans Gesicht in Licht und Halbschatten gebadet wurde, wenn bei jedem Schlingern und Tanzen des Schiffes die Laterne wie verrückt schwankte.
»Macros ist sehr alt«, fuhr Kulgan fort. »Nur er allein weiß, mit welchen Künsten er sich am Leben hält, aber er haust seit mehr als dreihundert Jahren dort.«
Gardan schimpfte. »Oder mehrere Männer mit demselben Namen haben dort gewohnt.«
Kulgan nickte. »Möglich. Auf jeden Fall ist nichts wirklich über ihn bekannt, abgesehen von schrecklichen Geschichten, die sich Matrosen erzählen. Ich vermute, daß Macros’ Ruf, selbst wenn er die dunklere Seite der Zauberkunst praktiziert, stark übertrieben ist. Vielleicht ist es ein Mittel, sich seine Ruhe zu erhalten.«
Ein lautes Krachen, als wenn ein weiteres Holz im Rumpf gesplittert wäre, ließ sie verstummen. Die Kabine rollte im Sturm, und Meecham faßte ihrer aller Gedanken zusammen. »Ich hoffe, wir werden in der Lage sein, auf dem Eiland des Zauberers zu bestehen.«
Das Schiff schwankte in die südliche Bucht der Insel. Sie würden abwarten müssen, bis der Sturm nachließ, ehe sie Taucher über die Seite schicken konnten, die den Schaden am Rumpf inspizieren sollten.
Kulgan, Pug, Gardan und Meecham traten an Deck heraus. Das Wetter war hier ein wenig angenehmer, denn die Klippen hielten die Wucht des Sturmes ab. Jetzt war es bloß so, als ständen sie in schwerem Schnee. Pug ging zu dem Kapitän und Kulgan hinüber. Er folgte ihren Blicken hinauf zu der Kuppe der Klippen.
Hoch über der Bucht thronte ein Schloß. Seine hohen Türme zeichneten sich im grauen Licht des Tages vor dem Himmel ab. Es war ein merkwürdiges Gebäude, mit Spitzen und Türmchen, die wie eine Krallenhand gen Himmel wiesen. Das Schloß lag im Dunkeln, mit Ausnahme eines einzigen Fensters in einem hohen Turm, aus dem ein blaues, pulsierendes Licht leuchtete. Es sah so aus, als wenn ein Blitz eingefangen und von dem Bewohner des Hauses zum Arbeiten gezwungen worden wäre.
Pug hörte Meecham sagen: »Da oben, auf den Felsen. Macros.«
Drei Tage später durchbrachen die Taucher die Oberfläche und riefen dem Kapitän herauf, was sie von dem Schaden hielten. Pug befand sich mit Meecham auf dem Hauptdeck. Auch Gardan, Kulgan, Prinz Arutha und sein Vater standen in der Nähe des Kapitäns und erwarteten den Bericht über den Zustand ihres Gefährtes. Über ihnen zogen Seevögel durch die Luft, auf der Suche nach Abfällen von Schiffen, die diese Gewässer durchzogen. Die Winterstürme ließen den Speiseplan der Vögel noch magerer ausfallen, und ein Schiff war eine willkommene Nahrungsquelle.
Arutha meinte zu den anderen: »Es wird den ganzen heutigen und den halben morgigen Tag beanspruchen, den Schaden zu reparieren. Der Kapitän meint, daß es dann hält, bis wir Krondor erreichen. Von hier aus werden wir kaum noch Schwierigkeiten haben.«
Meecham und Gardan warfen sich vielsagende Blicke zu. Kulgan war nicht gewillt, sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen, und fragte: »Werden wir an Land gehen können, Hoheit?«
Arutha rieb sich mit der behandschuhten Hand sein glattrasiertes Kinn. »Aye, aber keiner der Matrosen wird bereit sein, uns hinüber zu rudern.«
»Uns?«
Arutha lächelte. »Ich habe genug von Kabinen, Kulgan. Ich verspüre das Bedürfnis, meine Beine auf festem Boden auszustrecken. Abgesehen davon würdet Ihr den Tag damit verbringen, an Orten herumzuspazieren,
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