Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
ständigen Angriffe auf die Westmauer erklären - um uns abzulenken«, meinte Gardan. »Gardan, Ihr übernehmt das Kommando auf der Mauer. Amos, Roland, Ihr kommt mit mir.«
Arutha rannte die Stufen hinunter und über den Hof. Er rief einer Gruppe Soldaten zu, ihnen zu folgen und Schaufeln mitzubringen. Sie erreichten den kleinen Hof hinter der Burg und Arutha sagte: »Wir müssen diesen Tunnel finden und ihn zum Einsturz bringen.«
Amos erklärte: »Die Wände der Burg verlaufen leicht schräg nach außen. Sie werden erkennen, daß sie so nicht weiterkommen und werden versuchen, eine Streitmacht in die Burg oder auf das Gelände des Schlosses zu bringen.«
Roland erschrak. »Carline! Sie und die anderen Damen sind im Keller!«
»Nimm ein paar Männer und geht in den Keller.« Roland stürzte davon.
Arutha fiel auf die Knie und legte ein Ohr an den Boden. Die anderen folgten seinem Beispiel, gingen hin und her und lauschten auf die Schaufelgeräusche von unten.
Carline saß nervös neben Lady Marna. Die fette frühere Gouvernante tat so, als kümmerte sie sich ganz ruhig um nichts anderes als ihre Stickerei, trotz der Unruhe der anderen Frauen im Keller. Die Geräusche des Kampfes an den Mauern drangen nur schwach zu ihnen. Sie wurden durch die dicken Wände der Burg gedämpft. Jetzt jedoch herrschte eine ebenso enervierende Stille.
»Oh! Hier zu sitzen wie ein gefangener Vogel«, stöhnte Carline.
»Die Mauern sind kaum der rechte Aufenthaltsort für eine Dame«, wies Lady Marna sie zurecht.
Carline erhob sich. »Ich kann Verbände anlegen und Wasser schleppen. Wir alle könnten das.«
Die anderen Hofdamen sahen sich an, als hätte die Prinzessin den Verstand verloren. Keine von ihnen konnte sich vorstellen, sich einer solchen Plage zu unterziehen. »Hoheit«, bat Lady Marna. »Bitte, Ihr solltet geduldig abwarten.
Es wird genug zu tun geben, wenn die Schlacht vorüber ist. Jetzt solltet Ihr ruhen.«
Carline wollte etwas erwidern. Sie hielt aber plötzlich inne und streckte die Hand hoch. »Hört ihr etwas?«
Die anderen wurden ganz leise und lauschten. Vom Boden erklang ein leises, klopfendes Geräusch. Carline kniete nieder. »Hoheit, das ziemt sich wirklich nicht!« schalt Lady Marna.
Carline brachte sie mit einer unbeherrschten Handbewegung zum Schweigen.
»Still!« Sie drückte ein Ohr gegen die Steine. »Da ist etwas…«
Lady Glynis schauderte. »Wahrscheinlich Ratten. Da unten sind Hunderte von ihnen.« Ihr Ausdruck machte deutlich, daß sie sich nichts Unerfreulicheres vorstellen konnte.
»Seid still!« befahl Carline.
Ein knackendes Geräusch kam vom Boden. Carline sprang auf die Füße. Ihr Schwert zischte aus der Scheide, als ein Riß in den Steinen erschien. Eine Meißelspitze brach durch das Gestein, und plötzlich flog der Stein nach außen.
Hofdamen schrien, als sich ein Loch im Boden auftat. Ein überraschtes Gesicht erschien, dann ein Tsurani-Krieger. Sein Haar war schmutzig vom Staub des Tunnels, als er versuchte, nach oben zu klettern. Carlines Schwert drang ihm in die Kehle, als sie rief: »Hinaus! Ruft die Wachen!«
Die meisten der Damen saßen vor Entsetzen wie erstarrt, sie rührten sich nicht. Lady Marna hievte ihren massiven Körper von der Bank, auf der sie saß, und versetzte einem kreischenden Mädchen aus der Stadt einen Schlag mit dem Handrücken. Einen Augenblick lang sah das Mädchen Marna mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen an. Dann hastete sie zur Treppe. Wie auf ein Signal hin rannten die anderen hinter ihr her, laut um Hilfe rufend.
Carline sah zu, wie der Tsurani langsam nach hinten fiel und das Loch im Boden verstopfte. Andere Spalten taten sich rund um das Loch herum auf und Hände rissen Steine hinab in den immer größer werdenden Eingang. Lady Marna hatte die Treppe schon fast erreicht, als sie Carline sah, die tapfer Widerstand bot. »Prinzessin!« kreischte sie.
Ein anderer Mann kletterte nach oben. Carline versetzte ihm den Todesstoß.
Dann wurde sie nach hinten gezwungen, als die Steine vor ihren Füßen einbrachen. Die Tsuranis hatten ihren Tunnel fertiggestellt. Jetzt vergrößerten sie den Eingang, zogen Steine nach unten, damit sie ausschwärmen und etwaige Verteidiger überwältigen konnten.
Ein Mann kämpfte sich nach oben, stieß Carline beiseite und machte dadurch einem zweiten Mann Platz. Lady Marna lief zu ihrem ehemaligen Schützling zurück und grabschte sich einen dicken, losen Stein, den sie krachend auf den unbedeckten Schädel
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