Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
hinweg, die sie vor ihr Gesicht hielt. Pug wollte etwas sagen, weil er dachte, daß sie Angst vor ihm hatte. Doch dann erkannte er, daß sie lachte. Es war ein musischer Ton, warm, herzlich und nicht ironisch. »Es tut mir leid, Pug«, sagte sie, »aber du siehst so albern aus, wie du so dastehst. Wie eine von diesen schrecklichen Statuen, die sie in Krondor aufstellen, bloß mit hoch erhobener Flasche anstelle eines Schwertes.«
Pug schüttelte den Kopf. »Ich bin es, dem es leid tut, Hoheit. Ich hatte nicht das Recht, so zu Euch zu sprechen. Bitte verzeiht mir.«
Ihr Ausdruck veränderte sich abrupt und wurde besorgt. »Nein, Pug. Du hattest alles Recht der Welt, zu sagen, was du gesagt hast. Ich verdanke dir wirklich mein Leben, und ich habe mich schrecklich benommen.« Sie trat näher zu ihm und legte eine Hand auf seinen Arm. »Danke.«
Pug war überwältigt von dem Anblick ihres Gesichtes. All seine Entschlüsse, seine jungenhaften Phantasien von der Prinzessin abzulegen, wurden nun von der Meeresbrise davongetragen. Die wunderbare Tatsache, daß er Magie angewandt hatte, wurde verdrängt von grundlegenderen Erwägungen. Er wollte nach ihr greifen, doch dann wurde ihm ihre Situation bewußt, und er bot ihr die Flasche an. »Wein?«
Sie lachte, denn sie spürte die plötzliche Wende in seinen Gedanken. Sie waren beide erschöpft und ein wenig benommen von ihrem Erlebnis, aber trotzdem verstand sie, welche Wirkung sie auf ihn ausübte. Mit einem Nicken nahm sie die Flasche entgegen und nippte daran. Pug gewann einen Teil seiner Haltung zurück und erklärte: »Wir beeilen uns wohl besser. Dann erreichen wir die Burg vielleicht noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
Sie nickte. Ihr Blick ruhte auf ihm, und sie lächelte. Pug fühlte sich unter ihrem Blick nicht wohl und wandle sich dem Weg zu, der zur Burg führte.
»Also dann. Machen wir uns auf.«
Sie ging neben ihm her. Nach einer Weile fragte sie; »Darf ich auch etwas Brot haben, Pug?«
Pug haue die Entfernung zwischen den Klippen und der Burg schon viele Male zuvor rennend zurückgelegt. Die Prinzessin aber war nicht daran gewöhnt, solche Entfernungen zu Fuß zu bewältigen, und ihre weichen Reitstiefel waren für ein solches Unternehmen kaum geeignet. Als sie in Sichtweite der Burg kamen, hatte sie einen Arm über Pugs Schulter gelegt und hinkte stark.
Ein Ruf ertönte aus dem Wachturm, und Wachen kamen auf sie zugelaufen.
Ihnen folgte Lady Mama, die Gouvernante des Mädchens. Sie hatte ihr rotes Kleid vor sich gerafft, als sie zur Prinzessin eilte. Obwohl sie doppelt so dick war wie die Hofdamen und ein paar der Wachen, ließ sie sie alle weit hinter sich. Sie brauste heran wie eine wilde Bärin, deren Junges angegriffen wird. Ihr großer Busen hob und senkte sich vor Anstrengung, als sie das zierliche Mädchen erreichte und sie in einer Umarmung an sich preßte, die Carline vollkommen zu verschlucken drohte. Gleich darauf waren die Hofdamen um die Prinzessin versammelt und gackerten wie eine ganze Schar von Hühnern.
Ehe sich die Aufregung gelegt hatte, fiel Lady Marna über Pug her.
»Wie kannst du es wagen, die Prinzessin in einen solchen Zustand kommen zu lassen! Da hinkt sie herbei, ihr schönes Kleid ist schmutzig und zerrissen.
Ich werde dafür sorgen, daß du von einem Ende der Burg bis hin zum anderen geprügelt wirst! Noch ehe ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, niemals das Licht dieses Tages erblickt zu haben!« Pug wich vor diesem Angriff zurück; Verwirrung überwältigte ihn; er war unfähig, ein Wort einzuwerfen. In dem Gefühl, daß Pug irgendwie für die Verfassung der Prinzessin verantwortlich war, trat eine der Wachen herbei und packte ihn am Arm.
»Laßt ihn in Ruhe!«
Schweigen senkte sich über die Gruppe, als Carline sich zwischen ihre Gouvernante und Pug drängte. Kleine Fäuste trafen die Wache, als der Mann Pug losließ und mit einem erstaunten Gesicht zurücktrat. »Er hat mir das Leben gerettet! Dabei wäre er fast selber umgebracht worden.« Tränen liefen über ihr Gesicht. »Er hat nichts Unrechtes getan. Und ich werde nicht zulassen, daß einer von euch ihn drangsaliert.«
Die Menge drängte sich um sie und betrachtete Pug mit neuem Respekt. Von allen Seiten erklangen gedämpfte Stimmen, und eine der Wachen lief, um die Neuigkeiten im Schloß zu verkünden. Wieder legte die Prinzessin einen Arm um Pugs Schulter und ging weiter aufs Tor zu. Die Menge teilte sich, und die beiden müden Reisenden
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