Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
ganz still, denn etwas in der Kabine hielt seine Aufmerksamkeit gefangen. Ein merkwürdiges, drängendes Gefühl hatte von ihm Besitz ergriffen, sobald er eingetreten war.
Das Wrack bebte, und Tomas verlor das Gleichgewicht. Er hielt sich an einer Kommode fest und verlor sein Schwert. »Das Schiff wird gehoben. Wir gehen besser.«
Pug antwortete nicht. Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf seine merkwürdigen Gefühle. Tomas ergriff seinen Arm. »Komm schon. Das Schiff kann jede Minute brechen.«
Pug schüttelte seine Hand ab. »Einen Augenblick. Da ist etwas…« Seine Stimme erstarb. Abrupt durchquerte er den unordentlichen Raum und zerrte eine Schublade in einer der Kommoden auf. Sie war leer. Er riß an einer anderen, dann an einer dritten. Darin fand er, was er suchte. Er zog ein aufgerolltes Pergament hervor, mit einem schwarzen Band umwickelt und mit einem schwarzen Siegel daran, und stopfte es in sein Hemd.
»Komm!« rief er, als er an Tomas vorbeilief. Sie hasteten die Leiter hinauf und kletterten an Deck. Die Flut hatte das Schiff hoch genug gehoben, so daß sie sich auf das Felssims ziehen konnten. Dort angelangt, drehten sie sich um und setzten sich.
Das Schiff schwamm jetzt auf der Flut. Es wurde vorwärts und rückwärts getrieben, während die Wellen einen leichten Sprühregen in die Gesichter der Knaben spritzten. Sie sahen zu, wie der Bug von den Felsen glitt. Mit einem lauten, knarrenden Geräusch brachen die Bohlen. Es hörte sich wie das Stöhnen eines Todgeweihten an. Der Bug hob sich hoch, und die Jungs wurden von den Wellen durchnäßt, die an das Sims schlugen.
Das Schiff trieb aufs Meer hinaus. Es war leicht zu einer Seite geneigt, bis die hinauslaufende Woge zum Halten kam. Dann kehrte es wieder zu den Felsen zurück. Tomas packte Pugs Arm und bedeutete ihm, ihm zu folgen. Sie standen auf und kehrten zum Strand zurück. Als sie die Stelle erreichten, an der der Felsen über den Sand hing, sprangen sie hinab.
Ein lautes, knirschendes Geräusch ließ sie herumfahren. Sie sahen, wie der Rumpf auf die Felsen getrieben wurde. Das Holz barst mit einem Kreischen.
Der Rumpf sackte nach steuerbord ab, und die Trümmer fingen an, das Deck entlang ins Meer zu rutschen. Plötzlich griff Tomas nach Pugs Arm. »Sieh nur.« Er zeigte auf das Wrack.
Pug konnte nicht erkennen, was er meinte. »Was ist denn?«
»Ich dachte einen Augenblick, daß da nur eine Leiche an Deck lag ...«
Pug sah ihn an. Tomas’ Gesicht verriet seine Sorge. Plötzlich wandelte sich sein Ausdruck zu Zorn. »Verdammt!«
»Was?«
»Als ich in der Kabine gefallen bin, habe ich das Schwert fallenlassen.
Fannon wird schön wütend sein.«
Ein Geräusch wie Donner kennzeichnete die endgültige Zerstörung des Wracks, als die Flut es erneut auf die Klippen schleuderte. Jetzt würden die Bruchstücke des einstmals schönen Schiffes aufs Meer hinaustreiben, um im Laufe der nächsten Tage an den Küsten des Südens angeschwemmt zu werden.
Ein leises Stöhnen, das in einem scharfen Schrei endete, ließ die Knaben herumfahren. Hinter ihnen stand der Mann vom Schiff. Er hielt das merkwürdige Großschwert locker in der Hand, und es schleifte durch den Sand. Seinen rechten Arm hielt er fest an seine Seite gepreßt. Man konnte das Blut sehen, das unter seinem blauen Brustpanzer und seinem Helm hervorquoll. Er machte einen taumelnden Schritt nach vorn. Sein Gesicht war aschfahl, die Augen vor Schmerz und Verwirrung weit aufgerissen. Er rief den Jungen etwas Unverständliches zu. Langsam traten sie zurück und hoben die Hände zum Zeichen, daß sie nicht bewaffnet waren.
Er machte einen, weiteren Schritt auf sie zu, und seine Knie gaben nach. Er taumelte, richtete sich mühsam wieder auf und schloß für einen Moment die Augen. Er war kurz und kräftig gebaut, mit mächtigen Armen und Beinen.
Unter seinem Brustpanzer trug er einen kurzen Rock aus blauem Stoff. An seinen Unterarmen befanden sich Armschienen und an seinen Beinen Beinschienen, die aussahen wie Leder. Darunter trug er Sandalen.
Er legte eine Hand an sein Gesicht und schüttelte den Kopf. Er öffnete die Augen und sah die Jungen wieder an. Noch einmal sprach er in seiner fremdartigen Sprache. Als die Knaben nichts sagten, schien er wütend zu werden und brüllte eine ganze Reihe merkwürdiger Worte. Dem Ton nach waren es Fragen.
Pug schätzte die Entfernung ab, die man zurücklegen mußte, um an dem Mann vorbeizukommen, der den schmalen Strandstreifen
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