Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
Rest von Rolands Wut wich langsam von ihm, und seine Augen zeigten Furcht, aber vor allem Schmerz und Kummer. Seine Schultern sackten herab, und er nickte, ehe er wachsam sagte: »Und du?«
Pug kauerte am Boden. Er fühlte, wie seine Kraft zurückkehrte. »Ich… ich bin mir nicht sicher. Sie läßt mich an mir selber zweifeln. Ich weiß es nicht. Manchmal denke ich an niemanden sonst, dann wieder wünsche ich, ich wäre so weit wie möglich fern von ihr.«
Roland bedeutete ihm sein Verstehen. Der letzte Überrest seiner Angst wich von ihm. »Was sie angeht, habe ich keinen Funken Verstand mehr.«
Pug kicherte. Roland sah ihn an und fing dann auch zu lachen an. »Ich weiß nicht warum, aber irgendwie fand ich das, was du gesagt hast, schrecklich komisch«, erklärte Pug. Roland nickte, und bald darauf liefen ihnen beiden die Tränen übers Gesicht, als die gefühlsmäßige Leere, die nach ihrem Zorn entstanden war, von ihrer Fröhlichkeit ausgefüllt wurde.
»Nun!« ertönte eine scharfe Stimme. Sie drehten sich um und entdeckten Carline. Sie war von zwei Hofdamen flankiert und betrachtete das Bild vor sich. Sofort verstummten beide Jungen. Mit einem mißbilligenden Blick auf das Paar sagte sie: »Da ihr zwei ja so miteinander beschäftigt zu sein scheint, will ich mich nicht einmischen.«
Pug und Roland wechselten einen Blick und brachen plötzlich in brüllendes Gelächter aus. Carline errötete wütend und riß die Augen auf. Mit eisiger Wut in der Stimme erklärte sie: »Entschuldigt mich!« und drehte sich um. Als sie mit ihren Damen davonging, konnten sie sie laut ausrufen hören: »Knaben!«
Pug und Roland blieben noch eine Minute lang sitzen, bis ihr nahezu hysterischer Anfall verklungen war. Dann stand Roland auf und hielt Pug die Hand hin. Pug ergriff sie, und Roland half ihm auf die Füße. »Tut mir leid, Pug. Ich hatte kein Recht, so wütend auf dich zu sein.« Seine Stimme wurde weicher. »Ich kann nächtelang nicht schlafen, weil ich an sie denken muß. Ich warte immer auf die wenigen Augenblicke, die wir jeden Tag zusammen sind.
Aber seit du sie gerettet hast, höre ich immer nur noch deinen Namen.« Er betastete seinen wunden Hals und fuhr fort: »Ich bin so wütend gewesen, daß ich daran gedacht habe, dich umzubringen. Statt dessen wäre es fast mein eigener Tod geworden.«
Pug schaute zu der Ecke hinüber, hinter der die Prinzessin verschwunden war, und nickte zustimmend. »Mir tut es auch leid, Roland. Ich beherrsche die Magie noch nicht sehr gut, und wenn ich die Geduld verliere, können scheinbar alle möglichen schrecklichen Dinge passieren. Wie mit den Trollen.« Pug wollte, daß Roland verstand, daß er immer noch Pug war, auch wenn er jetzt bei einem Magier in die Lehre ging. »Ich würde niemals so etwas absichtlich tun.«
Roland musterte einen Augenblick lang Pugs Gesicht. Dann grinste er, halb entschuldigend, halb verlegen. »Ich verstehe. Ich habe mich dumm benommen. Du hast recht: Sie spielt uns nur gegeneinander aus. Ich bin der Narr dabei.«
Rolands Grinsen wurde noch breiter. »Sie ist ein Mädchen mit einem starken Willen, soviel ist einmal klar.«
Pug schüttelte den Kopf. »Was sollen wir machen, Roland?«
Roland sah überrascht aus. Schließlich lachte er laut. »Frag nicht mich um Rat, kleiner Pug. Ich tanze mehr als alle anderen nach ihrer Pfeife. Aber ‚Das Herz eines jungen Mädchens ist launisch wie der Wind’ heißt doch das alte Sprichwort. Ich gebe dir nicht die Schuld an Carlines Verhalten.« Er zwinkerte Pug zu. »Aber du hast doch nichts dagegen, wenn ich ein Auge offenhalte, vielleicht ändert sich der Wind.«
Pug lachte trotz seiner Erschöpfung. »Ich wußte doch gleich, daß du ein bißchen zu großzügig mit deinen Zugeständnissen umgegangen bist.« Ein nachdenklicher Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. »Weißt du, es wäre einfacher - nicht besser, aber eben einfacher -, wenn sie sich nicht mehr um mich kümmern würde, Roland. Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll.
Ich muß meine Lehre noch beenden. Eines Tages habe ich Ländereien zu verwalten. Dann ist da noch die Sache mit den Tsuranis. Das ist alles so schnell gekommen. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Roland betrachtete Pug ein wenig mitleidig. »Ich vergesse immer wieder, daß es für dich noch ganz neu ist, Lehrling und Adliger zu sein. Aber ich kann nicht behaupten, daß ich solchen wichtigen Überlegungen viel Zeit geschenkt hätte. Allerdings war mein Schicksal
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