Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
nach oben.
Er führte sie in eine kleine Kammer mit zwei Betten und einem Tischchen. Als die Tür hinter ihnen zugefallen war, sagte er: »Ich vertraue dir, Laurie, deshalb stelle ich keine Fragen. Aber du mußt wissen, daß sich die Dinge hier grundlegend geändert haben, seit du das letzte Mal hier warst.
Sogar im Armenviertel, wo es Ohren gibt, die dem Vizekönig gehören. Bas-Tyra hat die Stadt unter Kontrolle, und nur ein dummer Mann redet, ohne zu wissen, wer ihm zuhört.«
Lucas ließ sich auf eines der beiden Betten nieder, und Laurie und Kasumi setzten sich ihm gegenüber. Lucas fuhr fort: »Als Bas-Tyra nach Krondor kam, trug er den Erlaß des Königs bei sich, der ihn zum Herrscher von Krondor mit aller Macht des Vizekönigs ernannte. Prinz Erland und seine Familie wurden im Palast gefangengesetzt, wenngleich Guy das ›Schutzhaft‹ nennt. Dann stürzte sich Guy auf die Stadt. Preßpatrouillen zogen am Meer entlang, und es gibt jetzt viele Männer, die in Jessups Flotte segeln, ohne daß ihre Frauen und ihre Kinder wissen, was aus ihrem alten Papa geworden ist. Seit damals verschwindet einfach jeder, der etwas gegen den Vizekönig oder den König verlauten läßt, denn Guy hat eine Geheimpolizei, die an jeder Tür der Stadt lauscht.
Jedes Jahr werden die Steuern erhöht, um die Kosten für den Krieg aufzubringen, und der Handel trocknet langsam aus. Der läuft nur noch für diejenigen, die an die Armee verkaufen, und sie werden mit wertlosen Scheinchen bezahlt. Es sind harte Zeiten, und der Vizekönig unternimmt nichts, um sie leichter zu machen. Essen ist knapp, und es gibt nur wenig Geld, um für das zu zahlen, was es noch gibt. Viele Bauern haben ihre Höfe an die Steuern verloren, und jetzt liegt das Land brach, weil niemand da ist, der es bebaut. Die Bauern ziehen in die Stadt, wo die Bevölkerung immer mehr zunimmt. Die meisten jungen Männer sind in der Armee oder dienen bei der Flotte.
Gebt acht, daß ihr nicht von den Wachen herausgepickt werdet, aus welchem Grund auch immer, und hütet euch vor den Preßpatrouillen.
Aber trotzdem war hier einiges los«, berichtete Lucas dann kichernd weiter, »als Prinz Arutha nach Krondor gekommen ist.«
»Borrics Sohn? Er ist in der Stadt?« fragte Laurie.
Lucas’ Augen blinzelten vergnügt. »Nicht mehr.« Wieder kicherte er. »Im letzten Winter segelte der Prinz frech wie Oskar in den Hafen von Krondor. Er muß die Straße der Finsternis im Winter durchquert haben, andernfalls hätte er die Stadt niemals zu dieser Zeit erreicht.« Schnell erzählte er ihnen von Aruthas und Anitas Flucht.
»Sind sie nach Crydee zurückgekehrt?« wollte Laurie wissen. Lucas nickte. »Ein Händler, der vor einer Woche aus Carse kam, war randvoll mit Neuigkeiten über dieses und jenes. Unter anderem erzählte er, daß ein paar Tsuranis sich um Jonril gesammelt hätten. Der Prinz von Crydee ist bereit, der Garnison zu Hilfe zu kommen, wenn es erforderlich wird. Also muß Arutha zurückgekommen sein.«
»Bei dieser Neuigkeit muß Guy dem Platzen nahe gewesen sein«, meinte Laurie.
Lucas’ Lächeln verging. »War er auch, Laurie. Er hatte Prinz Erland ins Verließ werfen lassen, damit er ihm die Erlaubnis erteilen würde, Anita zu heiraten. Nachdem er von Anitas Flucht gehört hatte, hielt er ihn weiterhin dort gefangen. Ich vermute, er hoffte, das Mädchen würde lieber zurückkommen, als seinen Vater in der feuchten Zelle sitzen zu lassen, aber er hat sich geirrt. Jetzt geht die Kunde, daß der Prinz dem Tode durch Kälte nahe ist. Deshalb ist die Stadt auch in einem solchen Zustand. Niemand weiß, was geschehen wird, wenn Erland stirbt. Er ist beliebt, und es könnte Ärger geben.« Laurie schaute Lucas fragend an. »Keinen Aufstand«, erklärte der. »Dazu sind wir zu niedergeschlagen. Aber ein paar von Guys Wachtposten erscheinen vielleicht nicht zur Musterung, und es könnte beschwerlich für die Garnison und den Palast werden, Vorräte zu bekommen. Ich möchte auch nicht der Steuereintreiber des Vizekönigs sein, wenn der das nächste Mal ms Armenviertel geschickt wird.«
Laurie überdachte, was er gehört hatte. »Unser Ziel ist im Osten. Wie ist der Zustand der Straße?«
Lucas schüttelte langsam den Kopf. »Es sind immer noch Leute unterwegs. Wenn ihr erst einmal am Finstermoor vorüber seid, solltet ihr kaum noch Probleme haben. Wir haben gehört, daß die Dinge im Osten wieder so sind, wie sie waren. Trotzdem würde ich mich vorsichtig
Weitere Kostenlose Bücher