Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
bewegen.«
»Werden wir Schwierigkeiten haben, die Stadt zu verlassen?« erkundigte sich Kasumi.
»Das Nordtor ist immer noch die beste Möglichkeit. Wie immer ist es unterbemannt. Gegen eine geringe Gebühr würden die Spötter euch sicher hindurchbringen.«
»Spötter?« fragte der Soldat.
Lucas zog überrascht die Brauen hoch. »Ihr kommt wirklich von weit her. Die Gilde der Diebe.
Sie beherrschen das Armenviertel immer noch, und der Aufrechte Mann hat nichts von seinem Einfluß auf Händler und Reisende eingebüßt, vor allem nicht an den Docks. Das Gebiet der Lagerhäuser ist ihre zweite Heimat. Es kommt gleich nach dem Armenviertel. Sie können euch hinausbringen, wenn ihr irgendwelche Probleme am Tor haben solltet.«
»Wir werden das nicht vergessen, Lucas. Was ist aus deiner Familie geworden? Ich habe niemanden von ihnen gesehen.«
Lucas schien zu schrumpfen. »Meine Frau ist tot, Laurie. Sie ist vor einem Jahr am Fieber gestorben. Meine Söhne sind beide in der Armee. Ich habe im letzten Jahr nur wenig von ihnen gehört. Als ich das letzte Mal von ihnen Nachricht erhielt, befanden sie sich im Norden bei Lord Borric und Brucal.
Die Stadt ist voll von Kriegsveteranen. Überall kann man sie sehen. Es sind die mit den fehlenden Gliedern oder mit den blinden Augen. Aber immer tragen sie ihre alte Rüstung. Sie sind in der Tat ein trauriger Anblick.« Ein sehnsüchtiger Ausdruck trat in seine Augen. »Ich hoffe nur, daß meine Jungs nicht so enden.«
Laurie und Kasumi sagten nichts. Lucas erwachte aus seinen Träumen. »Ich muß wieder nach unten. In vier Stunden ist das Essen fertig. Es ist nicht mehr so wie das, was ich früher serviert habe.« Als der Wirt sich zum Gehen wandte, sagte er: »Wenn ihr Kontakt zu den Spöttern aufnehmen wollt, laßt es mich wissen.«
Nachdem er gegangen war, meinte Kasumi: »Es fällt schwer, den Krieg noch immer als glorreich anzusehen, Laurie, wenn man dein Heimatland kennt.«
Laurie nickte.
Das Lagerhaus war dunkel und staubig. Abgesehen von Laurie, Kasumi und zwei frischen Pferden war es leer. Sie hatten die vergangene Nacht im Bunten Papagei verbracht, hatten sich unter großen Kosten und Mühen die beiden neuen Reittiere besorgt und dann versucht, die Stadt zu verlassen. Als sie die Stadttore erreichten, waren sie von einer Gruppe von Bas-Tyras Wachen aufgehalten worden. Als es deutlich wurde, daß die Männer sie nicht ohne Ärger ziehen lassen würden, hatten sich Laurie und Kasumi ihren Weg freigeschlagen. Eine wahnsinnige Jagd durch die Stadt war gefolgt. Im Armenviertel hatten sie ihre Verfolger abgehängt und waren zum Bunten Papagel zurückgekehrt. Lucas hatte den Aufrechten Mann benachrichtigt, und jetzt warteten sie hier auf einen Dieb, der sie aus der Stadt führen sollte.
Ein einzelner Pfiff durchbrach die Stille, und augenblicklich hatten Laurie und Kasumi ihre Schwerter in den Händen. Ein hohes Kichern begrüßte sie, und eine kleine Gestalt fiel von oben vor ihre Füße. Im Dunkeln war es schwer zu sehen, woher sie kam, aber Laurie vermutete, daß ihr Besucher sich schon seit geraumer Zeit im Gebälk versteckt gehalten hatte.
Die Gestalt trat vor. Im schwachen Licht konnten sie erkennen, daß es ein Knabe von nicht mehr als dreizehn Jahren war. »Mutter gibt eine Gesellschaft«, sagte der Neuankömmling.
»Und alle werden eine schöne Zeit verbringen«, erwiderte Laurie.
»Dann seid Ihr also die Reisenden.«
»Bist du der Führer?« fragte Kasumi und versuchte gar nicht erst, die Überraschung in seiner Stimme zu unterdrücken.
Herausfordernd antwortete der Junge: »Richtig, Jimmy die Hand ist Euer Führer. Und einen besseren findet man in ganz Krondor nicht.«
»Was müssen wir tun?« wollte Laurie wissen.
»Zuerst ist da mal die Bezahlung. Kostet hundert Taler für jeden.«
Wortlos zog Laurie ein paar kleine Juwelen hervor und reichte sie ihm. »Gehen die auch?«
Der Knabe wandte sich der Tür zu und öffnete sie einen Spaltbreit. Im Mondschein inspizierte er mit fachmännischen Augen die Steine und kehrte dann zu den beiden Flüchtlingen zurück. »Geht in Ordnung. Noch weitere einhundert, und Ihr könnt das hier haben.« Er bot ihnen ein Stück Pergament an.
Laurie nahm es entgegen, konnte aber im schwachen Licht nicht erkennen, was darauf geschrieben stand. »Was ist das?«
Jimmy kicherte. »Ein königlicher Erlaß, der es seinem Träger gestattet, auf der königlichen Hochstraße zu reisen.«
»Ist der echt?« wollte der
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