Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
ihren Plätzen saßen, lachten fröhlich und zufrieden. Diese Wettkämpfe hielten sie bei Laune, während die Großen und fast Großen darauf warteten, das Stadion zu betreten. In Tsuranuanni war es fast eine Tugend, zu spät zu kommen, wenn man erst eine gewisse soziale Stufe erreicht hatte.
Shimone sagte: »Es ist eine Schande, Milamber, daß du so lange gebraucht hast, um hierherzukommen. Vor einer kurzen Weile hat es einen wirklich feinen Kampf gegeben.«
»Ich dachte doch, das Töten würde erst später beginnen.«
Hochopepa, der in süßem Öl gekochte Nüsse kaute, sagte: »Richtig, aber unser Freund Shimone ist so etwas wie ein sachverständiger Liebhaber der Spiele.«
»Vorhin haben junge Offiziere aus adligen Familien mit Ausbildungswaffen bis zum ersten Blut gekämpft. So wollten sie ihre Geschicklichkeit zur Schau stellen und Ruhm und Ehre für ihre Clans erringen.«
»Ganz zu schweigen von den Früchten ziemlich gewagter Wetten«, fiel Hochopepa ein.
Ohne sich um die Bemerkung zu kümmern, fuhr Shimone fort: »Es gab einen lebhaften Kampf zwischen den Söhnen der Oronalmar und der Keda. Seit Jahren habe ich kein besseres Schauspiel mehr gesehen.«
Während Shimone den Kampf beschrieb, ließ Milamber seine Blicke wandern. Er konnte die kleinen Standarten der Keda, Minwanabi, Oaxatucan, Xacatecas und anderer großer Familien des Kaiserreiches sehen. Ihm fiel auf, daß das Banner der Shinzawai nicht darunter war, und er erkundigte sich danach. Hochopepa erklärte: »Du scheinst sehr beschäftigt, Milamber.«
Milamber nickte zustimmend. »Ehe ich heute zum Fest aufgebrochen bin, erhielt ich die Nachricht, daß eine Änderung der Grundsteuern und der Sklaverei aufgrund von Schulden im Hohen Rat eingebracht worden ist, und zwar gestern. Die Nachricht kam vom Herrn der Tuclamekla. Ich konnte beim besten Willen nicht verstehen, warum er sie mir sandte, bis ich ganz unten an eine Stelle kam, wo er mir dankte. Ich hätte die Konzepte für die soziale Reform vorgelegt. Ich war überrascht.«
Shimone lachte. »Wenn du als Schüler so langsam mit dem Kopf gewesen wärst, dann würdest du noch heute die weiße Robe tragen.«
Ausdruckslos erwiderte Milamber seinen Blick, und Hochopepa meinte: »Da gehst du her und wühlst mit deinen Reden vor der Versammlung alles auf, greifst ständig alle möglichen gesellschaftlichen Krankheiten an, und dann sitzt du benommen da, weil irgendwer da draußen dir zugehört hat?«
»Was ich zu unseren Mitbrüdern gesagt habe, war nicht für eine Diskussion außerhalb der Hallen der Versammlung bestimmt.«
»Wie unvernünftig. Irgend jemand aus der Versammlung hat mit einem Freund gesprochen, der eben kein Magier war!«
»Ich möchte gerne wissen, wie es kommt, daß diese Reformen, die der Hunzan-Clan dem Hohen Rat vorgelegt hat, deinen Namen tragen?«
Milamber schien sich nicht recht wohl in seiner Haut zu fühlen, sehr zum Entzücken seiner Freunde. »Einer der jungen Künstler, die an den Wänden meines Besitzes gearbeitet haben, ist ein Sohn der Tuclamekla. Wir haben über die Unterschiede zwischen der Kultur der Tsuranis und der des Königreichs gesprochen, und über soziale Werte, aber nur als Fortsetzung unserer Diskussionen über die verschiedenen Stilrichtungen in der Kunst.«
Hochopepa verdrehte die Augen gen Himmel, als suchte er eine göttliche Führung. »Als ich hörte, daß die Fortschrittspartei – die vom Hunzan-Clan beherrscht wird, der von der Tuclamekla-Famihe geleitet wird – dich als Inspiration angab, konnte ich meinen Ohren kaum trauen. Aber jetzt sehe ich, daß du tatsächlich überall deine Hände im Spiel hast.« Mit ironisch-ernstem Gesicht sah er seinen Freund an. »Sag mir, ist es richtig, daß die Fortschrittspartei ihren Namen ändern will? In Milamber-Par-tei?«
Shimone lachte, während Milamber Hochopepa einen düsteren Blick zuwarf. »Katala findet es amüsant, wenn ich mich über diese Dinge aufrege, Hocho. Und du kannst es ruhig auch lustig finden. Aber ich möchte öffentlich bekanntgeben, daß ich nicht wollte, daß dies geschieht. Ich habe einfach ein paar Beobachtungen und Meinungen ausgesprochen, und was der Hunzan-Clan und die Fortschrittspartei daraus machen, ist nicht meine Sache.«
Tadelnd meinte Hochopepa: »Ich fürchte, wenn eine so berühmte Persönlichkeit nicht wünscht, daß solche Dinge geschehen, dann muß sie sich den Mund zunähen lassen.«
Shimone lachte, und auch Milamber wurde allmählich wieder fröhlicher.
Weitere Kostenlose Bücher