Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
»Erhabener, was gibt es?« fragte er, als er sich erhob.
Schnell berichtete ihm Milamber von den Geschehnissen des Tages, und Katala erblaßte bei seiner Erzählung. Der Herr der Shinzawai schüttelte den Kopf. »Damit habt Ihr vielleicht Prozesse in Gang gesetzt, die die innere Ordnung des Kaiserreichs für alle Zeiten ändern, Erhabener. Ich hoffe, es ist kein Todesurteil. Auf jeden Fall wird es Jahre dauern, die Auswirkungen zu beheben.
Schon jetzt macht die Fortschrittspartei Annäherungen an die Friedenspartei und sucht eine Verbindung. Innerhalb kurzer Zeit habt Ihr großen Einfluß auf mein Heimatland genommen.«
Kamatsu fuhr fort und hinderte Milamber am Sprechen. »Aber das ist keine Sache des Augenblicks. Ihr, der Ihr einst mein Sklave gewesen seid, habt viel gelernt, aber Ihr seid noch immer kein Tsurani. Ihr müßt verstehen, daß der Kriegsherr einen solchen Schlag nicht erdulden kann. Höchstwahrscheinlich wird er sich von Scham erfüllt das Leben nehmen. Aber diejenigen, die seiner Führung folgen – seine Familie, sein Clan, seine Untergebenen –, sie werden alle Euren Tod wünschen. Vielleicht haben sie bereits Mörder gedungen, oder Magier, die bereit sind, gegen Euch vorzugehen. Euch bleibt keine andere Wahl, als mit Eurer Familie in Eure Heimat zu fliehen.«
William entschied, daß es jetzt angebracht war, zu weinen. Trotz all seiner Versuche, tapfer zu sein, war seine Mutter doch ängstlich, und der Junge spürte dies. Milamber wandte sich von Kamatsu ab und sprach einen Zauberspruch. Kurz darauf schlief William. »Er wird schlafen, bis wir in Sicherheit sind.« Katala nickte. Sie wußte, es war das Beste so, aber dennoch haßte sie diese Notwendigkeit.
»Ich fürchte keine anderen Magier, Kamatsu«, sagte Milamber, »aber ich fürchte um das Kaiserreich. Ich weiß jetzt, daß ich niemals ein Tsurani sein kann, sosehr sich meine Lehrer in der Versammlung auch darum bemüht haben. Aber ich diene dem Kaiserreich. In meiner Empörung über das, was ich in der Arena mit ansehen mußte, wurde ich mir einer Sache sicher, die ich schon seit einiger Zeit vermutet habe. Das Kaiserreich muß sich verändern, oder es ist zum Scheitern verurteilt. Das schwache, verfaulte Herz dieser Kultur kann ihr eigenes Gewicht nicht mehr länger tragen, und wie ein Ngaggi-Baum mit fauligem Innern wird sie bald zusammenbrechen.
Ich muß fortgehen, denn wenn ich bleibe, werden die Versammlung, der Hohe Rat und das gesamte Kaiserreich gespalten. Ich hätte Schwierigkeiten, das Kaiserreich zu verlassen, wäre es nicht zum Besten von Tsuranuanni. Aber ehe ich Euch verlasse, muß ich wissen, ob Ihr Nachricht von Laurie und Eurem Sohn habt, bezüglich des Friedensangebotes durch den Kaiser.«
»Nein. Wir wissen nur, daß sie in der ersten Nacht schon während eines Scharmützels verschwunden sind. Hokanus Männer haben nach dem Kampf das Gebiet abgesucht und keine Spur von ihnen gefunden. So nehmen wir an, daß sie sicher davongekommen sind. Mein jüngerer Sohn ist überzeugt davon, daß sie eine Straße jenseits der Königsreich-Truppen erreicht haben. Seit damals haben wir nichts weiter von ihnen gehört. Andere Mitglieder unseres Clans warten mit ebenso viel Angst und Beben darauf wie ich.«
Milamber überlegte. »Dann ist der Kaiser noch immer nicht zum Handeln bereit. Ich hatte gehofft, daß es bald soweit sein würde, so daß wir im Rahmen des Waffenstillstands einfach das Land verlassen könnten, ehe meine Gegner sich organisieren können. Jetzt jedoch, wo der Kriegsherr den Sieg über Herzog Borrics Armee verkündet hat, werden wir vielleicht nie wieder Frieden haben.«
»Es ist offensichtlich, daß Ihr kein Tsurani seid, Erhabener«, bemerkte Kamatsu. »Nachdem Ihr die Spiele zerstört habt, die der Kriegsherr zur Ehre des Lichts des Himmels gegeben hat, wird in der Kriegspartei nichts als Unordnung herrschen. Jetzt wird sich der Kanazawai-Clan noch einmal von der Allianz des Krieges absondern. Unsere Verbündeten in der Partei der Blauen Räder werden doppelt hart arbeiten, um im Hohen Rat einen Waffenstillstand durchzudrücken. Die Kriegspartei ist ohne wirksamen Führer. Selbst wenn sich der Kriegsherr als schamlos erweisen und sich nicht selbst töten sollte, wird er schon bald abgesetzt werden, denn die Kriegspartei benötigt einen starken Führer. Sie werden in Unordnung sein, und wir gewinnen Zeit, um unsere Position zu festigen, während das Spiel des Rates weitergeht.«
Kamatsu schaute Milamber
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