Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
etwas wie Ordnung in das Chaos um sich her zu bringen. Der Kriegsherr versuchte, dem Sturm standzuhalten. Er kämpfte, um aufrecht zu bleiben und weigerte sich, sich dem Entsetzen der anderen um sich her zu unterwerfen.
Milamber ließ die Arme fallen, hob dann eine Hand und streckte sie vorwärts. »Feuer!« rief er, und wieder konnten ihn alle hören.
Die Wolken schienen zu brennen. Die Himmel öffneten sich, und Flammen jeder erdenklichen Farbe fielen herab, rasten und tobten durch das Dunkel. Zackige Blitze schossen über den Himmel, als wollten die Götter das Jüngste Gericht verkünden. Menschen schrien, als die Elemente verrückt spielten.
Dann setzte der feurige Regen ein. Tropfen fielen auf Arme und Kleider, Gesichter und Mäntel und fingen dann zu brennen an. Von allen Seiten ertönten Schmerzensschreie, und Menschen versuchten vergebens, das Feuer zu ersticken, das ihr Fleisch verbrannte. Noch mehr Magier verschwanden aus der Arena und nahmen ihre bewußtlosen Kameraden mit, bis Milamber allein in der Loge stand. Der Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte die Luft und war mit dem beißenden Geruch von Angst vermischt.
Milamber verschränkte die Arme vor sich. Er schlug die Augen nieder.
»Erde!«
Ein tiefes Grummeln setzte ein. Der Boden unter dem Stadion fing zu beben an. Die Bewegungen wurden immer deutlicher spürbar. Die Luft war von einem wütenden Summen erfüllt, als wäre die Arena von einem Schwärm gigantischer Insekten umgeben. Dann gesellte sich ein leises Rumpeln zu dem Summen, und die Erde fing an, sich zu bewegen.
Die Vibrationen wurden zu einer zitternden, dann heftig rollenden Bewegung. Milamber stand ruhig, wie auf einer Insel. Es war, als wenn der Boden, die Erde selbst, flüssig geworden wäre.
Menschen wurden auf den Grund der Arena niedergeworfen. Das riesige Stadion bebte unter dem Ansturm urzeitlicher Kräfte. Statuen fielen von ihren Säulen, und die riesigen Tore wurden aus ihren Angeln gehoben. Man hörte das uralte Holz krachend splittern. Wie betrunken taumelten sie von den Tunneln fort und fielen schließlich in den Sand, alles zermalmend, was vor ihnen dort gelegen hatte. Viele der Tiere unterhalb der Arena wurden wahnsinnig vor Angst vor dem Erdbeben. Sie tobten in ihren Käfigen und zerschmetterten Schlösser und Türen. Sie flohen die Tunnel entlang, rasten über die gestürzten Tore, bellten und heulten und brüllten angesichts des Flammenregens. Irrsinnig vor Entsetzen stürzten sie sich auf die benommenen Zuschauer, die im Sand lagen, und töteten sie ganz nebenbei. Es kam vor, daß ein Mann benommen dasaß und abwesend nach den brennenden Tropfen aus dem Himmel schlug, während ein paar Schritte entfernt ein anderer von einer Schreckensgestalt aus dem fernen Wald verschlungen wurde.
Jetzt fing die Arena selbst zu wehklagen an, als die alten Steine sich rührten und übereinander glitten. Ein jahrtausendealter Mörtel verwandelte sich innerhalb eines Augenblicks in Staub, als das ganze Stadion zusammenbrach. Schreie um Gnade wurden von der Kakophonie der Zerstörung davongetragen. Die Wut nahm noch immer weiter zu. Die Welt schien bereit, entzweigerissen zu werden. Milamber erhob wieder die Hände über den Kopf. Er legte die Handflächen aneinander, und der bisher mächtigste Donner erscholl. Dann, ganz plötzlich, nahm das Chaos ein Ende.
Über ihnen war der Himmel sonnig und klar. Eine leichte Brise blies aus dem Osten. Die Erde war reglos und fest, und der Flammenregen war bloß noch eine Erinnerung.
Die Stille, die jetzt folgte, war ohrenbetäubend. Dann konnte das Stöhnen der Verletzten, das Schluchzen der Entsetzten vernommen werden. Der Kriegsherr stand immer noch da. Aus seinem Gesicht war jegliche Farbe gewichen, und kleine Verbrennungen zeichneten seinen Kopf und seine Arme. Anstelle des mächtigen Führers des Kaiserreiches stand ein Mann, der allen Gefühls mit Ausnahme des Entsetzens beraubt war. Seine Augen waren so weit aufgerissen, daß das Weiße zu sehen war. Seine Lippen bewegten sich, als wolle er etwas sagen, aber kein Wort war zu hören.
Wieder hob Milamber die Hände über den Kopf, und mit einem Schluchzer der Angst fiel der Kriegsherr nach hinten. Der Magier klatschte in die Hände und war verschwunden.
Die Nachmittagsbrise brachte den Duft von Sommerblumen mit sich. Im Garten spielte Katala ein Wortspiel mit William. Sie hatte darauf bestanden, daß sie alle beide die Sprache erlernen sollten, die m der Heimat ihres
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