Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
scheinbar endlosen Ritt erklang plötzlich eine Stimme aus der Dunkelheit.
Schattenhafte Gestalten konnten zwischen den Bäumen ausgemacht werden. »Halt! Wer reitet da durch die Nacht?« Die Stimme erklang in der Sprache der Könige. Die drei Reiter hielten, und der Mann an der Spitze rief erleichtert: »Pug aus Crydee!«
Aufruhr
Kulgan saß still.
Es war eine von Traurigkeit überschattete Wiedervereinigung. Pug stand neben Lord Borrics Bett und zeigte offen seinen Kummer, als der sterbende Herzog schwach zu ihm emporlächelte.
Lyam, Brucal und Meecham warteten ein kurzes Stück entfernt. Sie sprachen leise miteinander, während Katala versuchte, William abzulenken, damit der Herzog und Pug miteinander reden konnten.
Borrics Stimme war leise. Er war von der Krankheit geschwächt, und sein Gesicht verzog sich vor Schmerzen, als er um Atem rang. »Ich freue mich, dich zu sehen… bei uns, Pug. Und noch mehr freue ich mich, deine Frau und dein Kind kennenzulernen.« Er hustete, und Schaum trat aus einem Mundwinkel, blutiger Schaum.
Katalas Augen waren feucht, denn die offene Zuneigung, die ihr Mann für diesen Mann empfand, rührte sie. Borric machte Kulgan ein Zeichen, und der untersetzte Magier trat neben seinen ehemaligen Schüler. »Ja, Euer Gnaden.«
Borric flüsterte, und Kulgan wandte sich an Meecham. »Begleitest du bitte Katala und den Jungen in unser Zelt? Laurie und Kasumi warten dort.«
Katala warf Pug einen fragenden Blick zu, und er nickte. Meecham hatte den Jungen bereits hochgehoben, und dieser betrachtete ihn recht skeptisch. Als sie fort waren, bemühte sich Borric, sich aufzusetzen, und Kulgan half ihm dabei und stopfte Kissen hinter seinen Rücken. Der Herzog hustete laut und anhaltend, mit vor Schmerzen fest geschlossenen Augen.
Als er schließlich wieder atmen konnte, seufzte er. Dann sprach er langsam: »Pug, erinnerst du dich an den Tag, als ich dich dafür belohnte, Carline vor den Kobolden gerettet zu haben?«
Pug nickte. Er hatte Angst zu sprechen, denn seine Emotionen waren zu stark. Borric fuhr fort:
»Erinnerst du dich, daß ich dir noch ein anderes Geschenk versprach?« Wieder nickte Pug. »Ich wünschte, Tully wäre jetzt hier, um es dir zu geben, aber ich werde es dir in kurzen Worten erklären. Ich habe schon lange gedacht, daß das Königreich eine seiner größten Quellen sinnlos vergeudet, weil es Magier als Gesetzlose und Bettler ansieht. Kulgans treue Dienste über die Jahre hinweg haben mir gezeigt, daß ich recht hatte. Jetzt kehrst du zurück, und wenn ich auch nur wenig von dem verstehe, was du erzählt hast, so kann ich doch sehen, daß du ein Meister deiner Kunst geworden bist. Ich hatte das gehofft, denn ich habe eine Vision gehabt.
Ich hatte für dich eine Summe Gold in Verwahrung gegeben, bis zu dem Tag, an dem du ein Meister-Magier geworden sein würdest. Damit, so wünsche ich es mir, sollst du – und Kulgan und andere Magier – ein Zentrum einrichten, in dem man lernen kann. Jeder soll dahin kommen dürfen und daran teilhaben. Tully wird dir die Dokumente mit meinen Anweisungen geben und dir meinen Plan in allen Einzelheiten erläutern. Aber im Augenblick möchte ich nur eines von dir wissen: Wirst du diese Aufgabe übernehmen? Wirst du eine Akademie zum Studium der Magie und anderer Künste errichten?«
Pug nickte mit Tränen m den Augen. Kulgan stand mit offenem Mund dabei. Er konnte kaum glauben, was er gehört hatte. Sein größter Wunsch, das Ziel seines Lebens, von dem er dem Herzog in müßigen Stunden erzählt hatte, wenn sie über einem Becher Wein saßen – jetzt würde er Wirklichkeit werden.
Wieder fing Borric an zu husten. Als der Anfall vorüber war, sagte er: »Ich bin im Besitz einer Insel im Herzen des Großen Sternensees, nahe Shamata. Wenn dieser Krieg beendet ist, dann geht dorthin und erbaut dort die Akademie. Vielleicht wird sie eines Tages das größte Lernzentrum im Königreich sein.«
Wieder wurde der Herzog von Husten geschüttelt, und es klang schrecklicher denn je. Nach dem Anfall keuchte er und war kaum in der Lage, zu sprechen. Er machte Lyam ein Zeichen, näher zu kommen. Dann wies er auf Pug und sagte: »Erzähl es ihm.« Dann fiel er m seine Kissen zurück.
Lyam schluckte heftig, kämpfte mit den Tränen und sagte dann zu Pug: »Als du von den Tsuranis gefangengenommen wurdest, hat Vater sich gewünscht, daß man an dich denken sollte, denn du hattest dreimal großen Mut bewiesen. Zweimal hast du Kulgans Leben
Weitere Kostenlose Bücher