Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
diesen Fall müssen wir eben Hilfe suchen. Wir müssen in den Palast eindringen und Dulanic finden.«
»Aber wie?«
»Ich hatte gehofft, daß Ihr einen Vorschlag haben würdet.«
Amos schaute zu Boden. Dann sagte er: »Gibt es irgend jemanden im Palast, von dem Ihr sicher wißt, daß Ihr ihm vertrauen könnt?«
»Früher einmal hätte ich Euch ein Dutzend nennen können, aber jetzt zweifle ich an jedem. Ich habe keine Ahnung, wer auf der Seite des Vizekönigs und wer auf der Seite des Prinzen steht.«
»Dann müssen wir eben noch ein bißchen weiter herumschnüffeln. Außerdem müssen wir auch die Ohren aufhalten, damit wir erfahren, wenn ein Schiff kommt, mit dem wir von hier verschwinden können. Wenn wir ein paar Männer angeheuert haben, dann bringen wir sie aus Krondor mit den Schiffen fort, die wir mieten. Immer ein oder zwei Fahrzeuge gleichzeitig, alle paar Tage. Wir brauchen mindestens zwanzig davon, um die Männer aus drei Garnisonen nach Crydee zu verschiffen. Vorausgesetzt natürlich, Ihr bekommt Dulanics Unterstützung, womit wir wieder am Anfang angelangt wären. Wie bekommen wir Zutritt zum Palast.« Amos fluchte leise.
»Seid Ihr sicher, daß Ihr dieses Geschäft nicht abblasen und lieber ein Freibeuter werden wollt?«
Aruthas Gesichtsausdruck verriet deutlich, daß er das nicht lustig fand. Amos seufzte. »Das dachte ich schon.«
»Ihr scheint die Stadt sehr gut zu kennen, Amos, vor allem den Untergrund«, bemerkte Arutha.
»Setzt Eure ganze Erfahrung ein, um uns Zugang zum Palast zu verschaffen, und sei es durch das Abwassersystem. Ich halte die Augen offen, ob ich irgendeinen von Erlands Männern sehe, der vielleicht über den großen Platz schlendert. Martin, du muß einfach bloß die Ohren offenhalten.«
Amos seufzte anhaltend und resigniert. »In den Palast eindringen, das ist ein riskanter Plan. Mir gefällt das gar nicht, das sage ich Euch. Vielleicht springe ich noch bei Ruthias Tempel vorbei und bitte die Glücksgöttin, für uns zu lächeln.«
Arutha zog eine Goldmünze aus seiner Habe und warf sie Amos zu. »Betet auch in meinem Namen.«
Der Knabe kehrte zurück und warf ein kleines Bündel mit Duftstoffen aufs Feuer. Dadurch wurde die Unterhaltung unterbrochen. Arutha lehnte sich zurück und trank von dem gekühlten Wein, der in der Hitze des Dampfraumes schnell warm wurde. Er schloß die Augen, entspannte sich aber nicht, sondern dachte über die Lage nach. Nach einer Weile hatte er das Gefühl, sein Plan könnte sich verwirklichen lassen, wenn es ihm gelänge, Dulanic zu erreichen. Da ihn seine Geduld verließ, war er der erste, der sich erhob, abtrocknete, anzog und ging.
Die Stille der Nacht wurde von Trompetenstößen zerrissen, die die Männer an die Waffen riefen.
Arutha stand als erster am Fenster, stieß die Holzläden beiseite und spähte nach draußen. Die Stadtbewohner schliefen fast alle, und so gab es nur wenig Licht, welches das Glühen im Osten verdeckt hätte. Amos trat neben Arutha, Martin direkt hinter sich.
»Lagerfeuer, Hunderte von Lagerfeuern«, bemerkte Martin. Der Jagdmeister schaute zum Himmel empor, musterte die Position der Sterne am tiefblauen Horizont und sagte: »Noch zwei Stunden bis Sonnenaufgang.«
»Guy macht seine Armee zum Abmarsch bereit«, bemerkte Arutha leise.
Amos beugte sich weit aus dem Fenster. Wenn er den Hals verrenkte, konnte er gerade noch den Hafen ausmachen. In der Ferne wurden Männer an Bord gerufen. »Hört sich an, als ob sie die Schiffe auch klarmachten.«
Arutha stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch neben dem Fenster. »Guy wird seine Fußsoldaten per Schiff an der Küste entlang ins Meer der Träume und dann nach Shamata schicken, während seine Kavallerie nach Süden reitet. Seine Fußtruppe wird die Stadt erreichen und noch frisch genug sein, um die Verteidigung zu stützen. Wenn seine Pferde dann eintreffen, sind sie nicht von der Seefahrt geschwächt. Außerdem kommen beide Gruppen innerhalb weniger Tage ans Ziel.«
Wie zum Beweis seiner Worte klang von Osten her das Geräusch marschierender Männer herüber. Ein paar Minuten später kam die erste Kompanie von Bas-Tyras einfachen Soldaten in Sicht. Arutha und seine Kameraden schauten zu, wie sie an dem offenen Tor des Gasthofes vorüberzogen. Laternen verliehen den Soldaten ein fremdartiges Aussehen, so als kämen sie von einer anderen Welt. In Kolonnen marschierten sie im Gleichschritt die Straße entlang. Die Banner mit dem Goldenen Adler
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