Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
fertig geworden.«
Arutha und Martin saßen schweigend da, als Amos die Schankstube betrat. Der Seemann zog sich einen Stuhl zurecht und rief nach Bier und einem Mahl. Nachdem er beides erhalten hatte, sagte er: »Alles in Ordnung. Eure Truhe ist in Sicherheit, solange das Schiff vor Anker liegt.«
»Wo hast du sie versteckt?«
»Sie ist sauber in Öltuch eingewickelt und sicher am Anker befestigt.«
Arutha sah ihn beeindruckt an. »Unter Wasser?«
»Ihr könnt neue Kleider kaufen, und Gold und Edelsteine rosten nicht.«
Martin fragte: »Wie geht es den Männern?«
»Sie murren, weil sie noch eine Woche im Hafen liegen und immer noch an Bord sind, aber es sind gute Kerle.«
Die Tür zum Gasthof ging auf, und sechs Männer traten ein. Fünf zogen sich Stühle in der Nähe der Tür heran, während einer den Raum musterte. Amos zischelte: »Seht ihr diesen rattengesichtigen Knaben, der sich gerade hingesetzt hat? Das ist einer von den Kerlen, die in der letzten Woche das Dock beobachtet haben. Sieht aus, als wäre man mir gefolgt.«
Der Mann, der stehengeblieben war, hatte Amos entdeckt und näherte sich ihrem Tisch. Er war einfach aussehend und hatte einen offenen Gesichtsausdruck. Sein rötlichblondes Haar flatterte um seinen Kopf, und er trug die Kleidung eines einfachen Matrosen. Mit einer Hand umklammerte er eine Wollmütze, als er sie anlächelte.
Amos nickte, und der Mann sagte: »Wenn Ihr der Kapitän der Morgenwind seid, hätte ich mit Euch zu reden.«
Amos zog eine Braue hoch, er sagte aber nichts. Er zeigte auf den freien Stuhl, und der Mann setzte sich. »Mein Name is’ Radburn. Ich such’ ‘ne Stellung, Käpt’n.«
Amos sah sich um und bemerkte, daß Radburns Kameraden so taten, als bemerkten sie nicht, was am Tisch vorging. »Warum mein Schiff?«
»Ich hab’s schon auf anderen versucht. Sind alle voll. Da dachte ich, ich frag’ Euch einfach mal.«
»Wer war dein letzter Kapitän ? Und warum bist du aus seinem Dienst ausgetreten?«
Radburn lachte. Es war ein freundliches Geräusch. »Nun, zuletzt bin ich mit ein paar Fährleuten gefahren. Haben Ladung vom Schiff an Land gebracht. Hab’ das ein Jahr lang gemacht.« Er verstummte, als sich die Bedienung näherte. Amos bestellte eine weitere Runde Bier. Als auch eines vor Radburn gestellt wurde, sagte der: »Danke, Käpt’n.« Er nahm einen tiefen Zug und wischte sich den Mund mit dem Handrücken. »Ehe ich gestrandet bin, hab’ ich unter Käpt’n John Avery gedient, an Bord der Bantamina .«
»Ich kenne John Avery. Ich habe ihn aber nicht mehr gesehen, seit ich das letzte Mal in Durbin war, vor fünf oder sechs Jahren.«
»Nun ja, ich war ‘n bißchen betrunken, und der Käpt’n hat mir erklärt, er wollte niemanden an Bord seines Schiffes haben, der trinkt. Ich trinke auch nicht mehr als andere, Käpt’n. Ihr kennt ja sicher Meister Averys Ruf, daß er ein enthaltsamer Anhänger von Sang dem Weißen sei.«
Amos schaute Martin und Arutha an, sagte aber nichts. Radburn fragte: »Sind das Eure Offiziere, Käpt’n?«
»Nein, Geschäftspartner.« Als es klar war, daß Amos nicht mehr sagen würde, ließ Radburn dies Thema fallen. Schließlich meinte Amos: »Wir sind seit etwas über einer Woche in der Stadt, und ich war mit persönlichen Angelegenheiten beschäftigt. Was gibt es Neues?«
»Seit der Vizekönig gekommen ist, ist es hier in Krondor nicht mehr wie früher«, lautete Radburns ruhige Antwort. »Ein ehrlicher Mann ist auf der Straße nicht mehr sicher, weil die Sklavenjäger aus Durbin umherstreifen, und dann noch die Preßpatrouillen. Die sind fast genauso schlimm. Darum brauche ich ja ein Schiff, Käpt’n.«
»Preßpatrouillen!« Amos explodierte. »Seit dreißig Jahren hat es in einer Stadt des Königreiches keine Preßpatrouillen mehr gegeben.«
»Das war bisher so, aber jetzt haben sich die Dinge wieder geändert. Wenn man sich ‘n bißchen betrinkt und keine sichere Koje findet – schon ist die Preßpatrouille da und schleppt einen ab. Das is’ einfach nich’ in Ordnung, Herr. Bloß, weil ein Mann gerade kein Schiff hat, hat noch niemand das Recht, ihn mit Lord Jessups Flotte für sieben Jahre loszuschicken! Sieben Jahre, in denen man Piraten jagen und gegen Kriegsgaleeren aus Quegan kämpfen muß!«
»Gut, Radburn, ich kann immer einen guten Mann gebrauchen, der unter John Avery gefahren ist. Ich will dir was sagen. Ich muß heute abend noch einmal zum Schiff gehen, und ich habe ein paar Dinge
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