Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
sein Entsetzen. »Der Admiral des Prinzen ist tot?«
»Barry muß unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen sein. Eine offizielle Bekanntgabe ist allerdings nicht beabsichtigt. Irgendein Lord aus dem Osten, Jessup, hat jetzt das Kommando über die Flotte von Krondor.«
»Jessup ist Guys Mann«, erklärte Arutha. »Er hat das Flottengeschwader von Bas-Tyra in der königlichen Flotte befehligt.«
»Und schließlich machte der Mann noch ein großes Getue darum, daß jemand gesucht würde, den er als ›einen königlichen Verwandten des Vizekönigs‹ bezeichnete.«
Amos fluchte. »Ich weiß nicht, wie, aber irgend jemand hat Euch erkannt. Jetzt, da Erland und seine Familie im Palast gefangengehalten werden, ist es kaum wahrscheinlich, daß noch irgendein königlicher Verwandter in den letzten paar Tagen durch Krondor gestreift ist. Außer Ihr habt noch einige, von denen Ihr uns nichts erzählt habt.«
Arutha ignorierte Amos’ schwachen Versuch, Humor zu zeigen. In der kurzen Zeit, die Martin benötigt hatte, um seine Geschichte zu erzählen, waren all seine Pläne zur Hilfe Crydees zunichte gemacht worden. Die Stadt war fest in den Händen von Menschen, die entweder Guy treu ergeben waren oder denen es gleichgültig war, wer hier im Namen des Königs herrschte. Es gab hier niemanden, an den er sich um Hilfe hätte wenden können, und es war bitter für ihn, bei seinem Bemühen so zu versagen. Leise sagte er: »Dann gibt es für uns nichts anderes, als nach Crydee zurückzukehren, so bald wie möglich.«
»Das könnte schwierig werden«, meinte Amos. »Es passieren noch mehr merkwürdige Dinge.
Ich war an Orten, an denen ein Mann für gewöhnlich Kontakt mit Männern aufnehmen kann, die ein, zwei unehrenhafte Aufgaben für ihn erledigen. Aber wo ich meine Erkundigungen auch anstellte – ganz diskret, dessen seid versichert! –, ich stieß überall nur auf eine Mauer des Schweigens. Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich schwören, der Aufrechte Mann hat sein Geschäft beendet, und alle Spötter dienen jetzt in Guys Armee. Ich habe noch nie so viele taube Barmänner, unwissende Dirnen, uninformierte Bettler und stumme Spieler gesehen. Man muß kein Genie sein, um zu erkennen, daß eine Parole ausgegeben wurde. Niemand darf mit Fremden sprechen, ganz gleich, wie verlockend die Angebote auch sein mögen, die da gemacht werden. Also können wir beim Fliehen aus der Stadt keine Hilfe erwarten. Und wenn Guys Spione wissen, daß Ihr in Krondor seid, dann wird weder die Blockade aufgehoben noch werden die Tore geöffnet, ehe Ihr gefunden seid, ganz gleich, wie laut die Händler schreien.«
»Wir sitzen ganz schön in der Falle«, bemerkte Martin.
Amos schüttelte langsam den Kopf. »Eine verfahrene Situation, und es ist bestimmt nicht Eure Schuld, Arutha.« Er seufzte. »Trotzdem: nur keine Panik. Freund Martin hat vielleicht die letzte Bemerkung des Schreibers falsch verstanden, oder der Mann hat nur geredet, weil er seine Stimme so gern hört. Wir müssen vorsichtig sein, aber wir können und dürfen nun nicht scheuen und davonlaufen. Wenn Ihr jetzt völlig von der Bildfläche verschwindet, würde das vielleicht jemandem auffallen. Am besten bleibt Ihr in der Nähe des Gasthofs und verhaltet Euch weiterhin so wie bisher – jedenfalls vorläufig. Ich versuche eine Person zu finden, die über Mittel und Wege verfügt, uns aus der Stadt zu bringen – Schmuggler, vielleicht sogar die Spötter.«
Arutha erhob sich von seiner Schlafstatt. »Ich habe zwar keinen Appetit, aber wir haben jeden Abend zusammen im Schankraum gegessen. Also gehen wir am besten bald nach unten.«
Amos winkte ihn zurück auf sein Bett. »Bleibt noch ein bißchen hier. Ich gehe inzwischen zum Hafen hinunter und statte dem Schiff einen Besuch ab. Wenn Martins Schreiber nicht bloß Wind gemacht hat, dann werden sie gewiß auch die Schiffe im Hafen durchsuchen. Besser, ich warne Vasco und die Mannschaft, sich bereit zu halten und nötigenfalls über Bord zu gehen. Außerdem müssen wir ein Versteck für Eure Truhe finden. Es dauert noch mindestens eine Woche, bis das Schiff zum Überholen aus dem Wasser gehievt wird. Also müssen wir vorsichtig handeln. Ich habe schon früher mit Blockaden zu tun gehabt. Ich würde sie nicht gern mit einem so windigen Schiff wie der Morgenwind brechen, aber wenn es sein muß…« An der Tür wandte er sich noch einmal um. »Es ist ein schwerer Sturm, Jungs, aber wir sind schon mit einem schlimmeren
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