Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
eine Augenbraue hoch und sagte: »Eigentümlich. Und warum?«
»Aus meinem Dorf gehen nicht viele Leute fort, und ehe ich dort abgehauen bin, war ich bekannt, weil ich –«
»Dumme Sachen hat er gemacht«, mischte sich Ghuda ein. »Er ist mein Cousin.«
»Du hast grüne Augen«, sagte der Hauptmann.
»Hat seine Mutter auch«, antwortete Ghuda.
Der Hauptmann wendete sich Ghuda zu. »Sprichst du immer für ihn?«
»Sooft es geht, Herr. Wie ich sagte, manchmal macht er dumme Sachen. Die Leute aus Odoskoni haben ihn nicht nur aus einer Laune heraus den Verrückten genannt.« Er machte eine Grimasse wie ein Geisteskranker, verdrehte die Augen zu einem Schielen und ließ die Zunge auf einer Seite des Mundes heraushängen.
Ein weiterer Soldat kam näher, der Suli am Arm mit sich zog.
»Wen haben wir denn da?« fragte der Hauptmann.
»Das ist der Küchenjunge«, antwortete Janos.
»Wie heißt du, Junge?«
Ghuda sagte: »Suli aus Odoskoni.«
Der Hauptmann drehte sich zu Ghuda um. »Ruhe!«
Borric sagte: »Er ist mein Bruder.«
Der Hauptmann schlug zu und traf Borric mit der Rückseite seiner behandschuhten Hand im Gesicht. Die Tränen traten Borric in die Augen, doch er riß sich zusammen, obwohl er den plötzlichen Drang verspürte, diesen Hauptmann der Kaiserlichen Wache von Kesh aufzuspießen.
Der Hauptmann faßte Suli am Kinn und betrachtete sein Gesicht.
»Du hast dunkle Augen.«
Suli stotterte: »Meine … Mutter hatte dunkle Augen.«
Der Hauptmann blickte Ghuda scharf an. »Du hast doch gesagt, seine Mutter hätte grüne Augen.«
Ohne zu zögern meinte Ghuda: »Nein, seine« – er deutete auf Borric – »Mutter hatte grüne Augen.« Er zeigte auf Suli und fuhr fort: »Seine Mutter hatte dunkle Augen. Sie haben verschiedene Mütter, aber denselben Vater.«
Ein weiterer Soldat trat dazu und meldete: »Sonst paßt die Beschreibung auf niemanden, Herr.«
Der Soldat, der Suli festhielt, wollte wissen: »Wer ist dein Vater?« Suli sah Borric an, doch der Soldat sagte: »Antworte!«
»Suli aus Odoskoni«, piepste Suli. »Ich bin nach meinem Vater benannt worden.«
Der Hauptmann stieß den Soldaten an. »Idiot.« Er zeigte auf Borric. »Der andere kann den Namen doch hören.«
Borric sagte: »Hauptmann, nehmt den Jungen doch zur Seite und fragt ihn nach dem Namen unseres anderen Bruders.«
Der Hauptmann wies das mit einer Geste an, während Borric Ghuda zuflüsterte: »Er wird uns festhalten.«
»Und was soll der ganze Blödsinn dann?« fragte Ghuda leise.
»Weil wir in dem Augenblick sterben, in dem er sicher ist, daß er die Richtigen hat.«
»Bei Festnahme töten?« zischte Ghuda.
Borric nickte zustimmend, während der Hauptmann sich vor ihnen aufbaute. »Nun, wer ist also dieser geheimnisvolle Bruder von euch beiden Lügnern.«
»Wir haben noch einen Bruder, Rasta, ein Trunkenbold«, antwortete Borric. Im stillen betete er, Suli würde sich noch an das Stegreifgespräch erinnern, das die beiden auf der Flucht aus dem Gouverneurspalast geführt hatten, kurz bevor sie Salaya in Durbin auf der Straße getroffen hatten.
Einen Augenblick später kehrte der Soldat zurück und sagte: »Der Junge meint, sie hätten noch einen älteren Bruder, der Rasta heißt und ein Trunkenbold ist.«
Borric hätte den Jungen küssen können, aber er unterdrückte das Lächeln. Der Hauptmann sagte: »Irgend etwas an euch beiden gefällt mir ganz und gar nicht.« Er sah hinüber zu Janos Saber. »Du und der Rest deiner Männer können gehen, aber diese beiden nehme ich fest.« Dann blickte er Ghuda an und meinte: »Den hier nehmt ihr auch mit.«
Ghuda sagte: »Wunderbar«, derweil ihn die Soldaten entwaffneten und an den Handgelenken fesselten. Borric und Suli wurden genauso gefesselt, nachdem ihnen die Waffen abgenommen worden waren, und bald wurden die drei an der Leine hinter den Pferden hergezogen.
Die Stadt Jeeloge hatte eine Wachtmeisterstube, und in der fand sich eine armselige Zelle, in der meist Bauern und Hirten festgehalten wurden, die bei Schlägereien Ärger gemacht hatten. Und jetzt wollte der kaiserliche Hauptmann sie für seine Gefangenen benutzen, was dem Wachtmeister des Ortes gar nicht behagte. Er war Soldat im Ruhestand, sein Bart wurde bereits grau, und der Bauch quoll über den Gürtel; er war genau der Richtige, um mit pöbelnden Bauernburschen fertigzuwerden, doch für einen ernsthaften Kampf würde es bei ihm kaum mehr reichen. So hatte er der Aufforderung des Hauptmanns, er
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