Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
überleben würde.
Während sie die nun aus dem nächtlichen Schlaf erwachte Stadt Jeeloge hinter sich ließen, fragte Borric: »Was war denn das?«
»Ach, ein kleiner magischer Trick, den ich irgendwann einmal gelernt habe«, erwiderte der keine Mann.
Ghuda machte eine abwehrende Geste und sagte: »Bist du ein Zauberer?«
Nakor lachte. »Natürlich. Alle Isalanis sind der Magie fähig, wußtest du das nicht?«
Borric meinte: »Konntest du deshalb durch das Fenster sehen?
Hast du mit Hilfe von Magie davor geschwebt?«
Nakor lachte noch lauter. »Nein, Verrückter. Ich hab auf einem der Pferde gestanden.«
Wegen der gelungenen Flucht erleichtert und gleichermaßen erheitert, spornte Borric sein Pferd an, und das Tier fiel in leichten Galopp. Einen Augenblick später hörte er die anderen hinter sich, bis ihnen ein Schrei und ein unangenehm klingender Plumps verrieten, daß Suli abgeworfen worden war.
Borric drehte sich um, sah nach, ob Suli ernstlich verletzt war, und sagte: »Das wird wahrscheinlich die langsamste Flucht der Geschichte.«
Freudenfest
Erland stand schweigend da.
Sosehr er es auch versuchte, er konnte die Größe dessen, was er da sah, schlichtweg kaum begreifen: Der erste Tag der Feierlichkeiten zum fünfundsiebzigsten Geburtstag der Kaiserin überstieg einfach alles, was er je gesehen hatte. Seit Jahrhunderten hatten Baumeister den Palast verschönert, vergrößert und immer wieder etwas daran angebaut, bis er das beeindruckendste Bauwerk darstellte, das Erland je gesehen hatte. Doch der Teil, in dem sich der Prinz jetzt befand, schien das noch zu übertreffen. Ein riesiges Amphitheater war aus der Seite des Plateaus gehauen worden, auf dem die Oberstadt stand, und seine Errichtung wäre ohne das Können der Baumeister, den Schweiß der Handwerker und das Blut der Sklaven nicht möglich gewesen. Ohne Probleme würden hier fünfzigtausend Menschen Platz finden, mehr als die Bevölkerung von Rillanon und Krondor zusammen.
Erland machte seinen Gefährten ein Zeichen, mit ihm zu gehen, denn es würde noch eine Stunde dauern, bis seine eigene Rolle in diesem formellen Hofspiel beginnen würde. Kafi Abu Harez, sein allgegenwärtiger Führer, war an seiner Seite, um alle Fragen zu beantworten.
Schließlich wollte Erland wissen: »Kafi, wie lange haben sie daran gebaut?«
»Jahrhunderte, Hoheit«, antwortete der Wüstenbewohner. Er zeigte auf eine entfernte Stelle am Fuße des riesigen Keils, der aus dem Plateau gehauen worden war. »Dort, am Rand der Unterstadt, hat vor vielen, vielen Jahren einer der Kaiser von Kesh, Sujinrani Kanafi – den man den Gütigen nannte – folgendes beschlossen: Wenn es den Nicht-Reinblütigen versagt ist, über Nacht auf dem Plateau zu bleiben, so werden sie von vielen Angelegenheiten des kaiserlichen Hofes ausgeschlossen, wozu natürlich an erster Stelle Sujinranis Wohltätigkeit gehörte, und in gleicher Weise die Hinrichtung von Verrätern. Er glaubte, viele, die es brauchen könnten, würden solche Lektionen dann nicht aus erster Hand mitbekommen.
Also verfügte er, alles, was zum Plateau gehört, bis hin zum niedrigsten Teil, solle zur Oberstadt gezählt werden. Sodann ließ er ein kleines Amphitheater bauen, welches vielleicht drei Meter höher lag als das heutige.« Mit einer Handbewegung verdeutlichte Kafi seine nächste Erklärung. »Daraufhin wurde ein Keil aus den Felsen gehauen, wodurch auch jene an den Geschäften des Hofes teilhaben konnten, denen der Zugang zur Oberstadt nicht gestattet ist.«
»Und seitdem ist es mehrere Male vergrößert worden«, sagte Locklear.
»Ja«, erwiderte Kafi. »Allein der Eingang wurde fünfmal vergrößert. Die kaiserliche Loge wurde dreimal versetzt.« Er zeigte auf einen großen Bereich, der von einem Baldachin aus feinster Seide überdacht war und sich in der Mitte des Halbkreises befand, auf dem Erland und seine Gesellschaft gerade gingen. Kafi brachte den Prinzen mit einer sachten Berührung am Arm zum Stehen und zeigte auf den Platz der Kaiserin. »Von dort aus verfolgt Sie, Die Kesh Ist – Sie sei für alle Zeiten gesegnet –, die Feierlichkeiten. Ihr goldener Thron steht auf einem kleinen Podest, um welches herum ihre Familie und ihre Diener und jene von kaiserlichem Blute ihre Plätze haben. Nur der höchste Adel des Kaiserreichs hat Zugang zu diesem Bereich. Wer ohne die Erlaubnis der Kaiserin eindringen will, wird getötet, denn an jedem Eingang stehen die Izmaliwachen Ihrer Majestät.«
Er zeigte
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