Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
besprochen.«
Anita nickte und bedeutete ihren Hofdamen, sie sollten ihr folgen.
Rasch leerte sich das Zimmer, und Arutha blieb mit seinen Söhnen allein zurück. Als die Tür zugefallen war, fragte Arutha: »Und wie geht es euch?«
Erland antwortete: »Nun, Vater, wenn man von der ›Übungsstunde‹ heute morgen einmal absieht, den Umständen entsprechend gut.« Er deutete auf seine verletzte Seite, die recht gut verheilte.
Arutha runzelte die Stirn und schüttelte sachte den Kopf. »James sollte mir nicht sagen, was er sich für euch ausgedacht hatte.« Er lächelte schief. »Ich habe ihn nur gebeten, er solle euch irgendwie sehr eindrücklich beibringen, welche Folgen es hat, wenn ihr nicht das tut, was von euch verlangt wird.«
Erland nickte. Borric sagte: »Nun, das kam nicht so ganz unerwartet. Du hast angeordnet, wir sollten auf schnellstem Wege nach Hause kommen, und wir haben uns ein bißchen herumgetrieben, bevor wir uns zum Palast aufgemacht haben.«
»Herumgetrieben…«, meinte Arutha und sah seinem Ältesten in die Augen, »… nun, ich fürchte, in Zukunft werdet ihr wenig Zeit haben, euch herumzutreiben.«
Er winkte die Jungen näher zu sich heran, und sie kamen zu ihm.
Er ging wieder in sein Arbeitszimmer, und die beiden folgten ihm.
Arutha setzte sich an seinen riesigen Schreibtisch. Hinter dem Schreibtisch gab es eine kleine versteckte Nische, die von einem Stein verborgen wurde, den er jetzt entfernte. Er holte ein Pergament mit dem Wappen der königlichen Familie hervor und reichte es Borric. »Lies den dritten Absatz.«
Borric las, und seine Augen wurden immer größer. »Das ist wirklich eine traurige Nachricht.«
Erland fragte: »Was ist es denn?«
»Eine Botschaft von Lyam«, erwiderte Arutha.
Borric gab das Pergament an seinen Bruder weiter. »Die königlichen Leibärzte und Priester sind überzeugt, daß die Königin keine weiteren Kinder mehr bekommen wird. Und somit wird es in Rillanon keinen Erben für den Königsthron geben.«
Arutha ging zu einer Tür im Hintergrund des Arbeitszimmers und sagte: »Kommt mit!«
Er öffnete die Tür und betrat ein Treppenhaus. Seine Söhne folgten ihm rasch, und bald standen sie auf der Spitze eines alten Turms, der sich fast in der Mitte des Palastes befand und über die Stadt Krondor erhob. Arutha begann zu sprechen, ohne sich zu vergewissern, ob seine Söhne ihm gefolgt waren.
»Als ich in eurem Alter war, habe ich in der Burg meines Vaters oft an der Brustwehr des Außenwerks gestanden. Ich habe hinunter auf die Stadt geschaut, Crydee, und auf den Hafen dahinter. Es ist ein kleiner Ort, doch in meinen Erinnerungen ist er sehr groß.«
Er sah Borric und Erland an. »Euer Großvater hat das gleiche getan, als er ein Junge war, das hat mir unser alter Schwertmeister Fannon einmal erzählt.« Einen Moment lang hing Arutha seinen Erinnerungen nach. »Ich war ungefähr in eurem Alter, als man mir den Befehl über die Garnison übertrug.« Beide Söhne hatten schon häufig Geschichten über den Spaltkrieg und die Rolle ihres Vaters darin gehört, doch diese Geschichte war anders als die, die ihr Vater, Laurie oder Admiral Trask beim Abendessen zu erzählen pflegten.
Arutha drehte sich um und setzte sich in eine der Zinnenlücken.
»Ich wollte nie Prinz von Krondor werden, Borric.« Erland setzte sich in die nächste Mauerzinne; offensichtlich waren die Worte mehr für seinen älteren Bruder als für ihn bestimmt. Sie hatten es beide oft genug gehört. Ihr Vater hatte eigentlich nie den Wunsch gehegt, regieren zu müssen. »Als ich ein Junge war«, fuhr Arutha fort, »hatte ich keinen größeren Wunsch, als Soldat zu werden, vielleicht sogar bei den Grenzbaronen.
Erst als ich den alten Baron von Hohe Burg traf, wurde mir klar, wie sehr mich die Kindheitsträume auch als Erwachsener immer noch verfolgten. Man wird sie einfach nicht so leicht los, und trotzdem muß man, wenn man die Dinge so sehen will, wie sie sind, den Standpunkt eines Kindes aufgeben.«
Sein Blick schweifte zum Horizont. Ihr Vater war stets ein offener Mann gewesen, der die Dinge aussprach, wie sie waren, und nie Schwierigkeiten damit gehabt hatte, seine Gefühle auszudrücken.
Doch nun hatte er offenbar Schwierigkeiten mit dem, was er auf dem Herzen hatte. »Borric, als du noch klein warst, wie, hast du geglaubt, würde dein Leben heute aussehen?«
Borric sah hinüber zu Erland und dann wieder zu seinem Vater.
Ein leichter Wind erhob sich und wehte ihm die
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