Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
können.«
Suli nahm den Beutel und sagte: »Der Kapitän ist wirklich sehr großzügig und freundlich.«
Während das Boot auf die Brandung zuhielt, nahm Borric den Beutel und wog ihn in der Hand. Daraufhin steckte er ihn in seine Jacke, dorthin, wo er den Beutel aufbewahrte, den er Salaya abgenommen hatte. Seufzend dachte er darüber nach, was sie als nächstes tun sollten. Natürlich wollte er in die Stadt Kesh – die Frage war nur, wie. Er entschied sich dafür, die Frage zurückzustellen, bis sie wieder Land unter den Füßen hatten, und fragte Suli: »Was meinte der Kapitän damit, er könne niemanden ohne einen Penny in eine keshianische Stadt lassen?«
Einer der beiden Seeleute antwortete, ehe der Junge etwas sagen konnte: »Wenn man in Kesh kein Geld hat, ist man eine Leiche.« Er schüttelte den Kopf über Borrics Unwissenheit. »In Kesh ist das Leben billig. Aber du kannst der verdammte König von Queg sein, wenn du keine Münze in der Tasche hast, lassen sie dich auf der Straße verrecken, steigen über dich drüber und gehn ihren Geschäften nach, bloß daß sie noch deine Seele in die Sieben Tiefen Höllen wünschen, weil ihnen deine Leiche im Weg liegt.«
Suli sagte: »Das stimmt. Die Leute in Kesh sind Tiere.«
Borric lachte. »Du bist doch auch aus Kesh.«
Der Junge spuckte über die Schulter aus. »Wir aus Durbin sind keine richtigen Leute aus Kesh, genausowenig wie die Wüstenmenschen. Wir sind von ihnen erobert worden; wir zahlen ihnen Steuern, aber wir sind keine Keshianer.« Er zeigte auf die Stadt. »Das da sind auch keine Keshianer. Das sollten wir nie vergessen. Nur in der Stadt Kesh kann man richtige Keshianer finden. Ihr werdet noch sehen!«
»Der Junge hat recht, Verrückter«, meinte der redselige Seemann.
»Die richtigen Keshianer sind ein komisches Volk. Hier am Drachenmeer oder sonstwo sieht man kaum welche, nur am Overnsee. Haben die Köpfe rasiert und rennen nackt rum und kümmern sich nicht drum, wenn du’s mit ihren Frauen treibst. Das ist ehrlich wahr!« Der andere Seemann grunzte, als wäre das nur Seemannsgarn, das erst noch bewiesen werden müßte. Der erste sagte: »Sie fahren in ihren Wagen durch die Gegend und denken, sie wären was Besseres als unsereins. Und sie bringen dich genauso schnell um, wie sie dich anschauen.« Beide Seeleute legten sich in die Riemen, während sie sich der Brandungslinie näherten, und Borric spürte, wie das Boot von einem Brecher angehoben wurde.
Der erste Seemann erzählte weiter: »Und wenn einer dich umbringt, lass’n sie ihn einfach laufen vor Gericht. Selbst wenn er nur ‘n einfacher Mann wie du und ich ist, Verrückter. Ist eben ein Reinblütiger.«
Der zweite Seemann sagte: »Das ist ehrlich wahr. Paßt auf euch auf, wenn ihr ‘n Reinblütigen seht. Die denken anders als wir anderen. Mit der Ehre ist es auch anders. Wenn du einen herausforderst, kann er mit dir kämpfen, kann aber auch nicht, und kümmert sich ‘n Dreck um Ehre. Aber wenn er dich wegen irgendwas aufm Kieker hat, ist er hinter dir her wie der Teufel hinter der armen Seele.«
Der erste Seemann fügte hinzu: »Und wenn’s sein muß, ist er bis ans Ende der Welt hinter dir her, das ist auch ehrlich wahr.«
Die Brandung erfaßte das Boot und schob es auf den Strand.
Borric und Suli sprangen in das hüfttiefe Wasser und halfen den beiden Ruderern, das Boot Richtung Meer umzudrehen, und dann, als sich gerade eine Welle zurückzog, schoben sie das Boot hinaus, damit die Ruderer leichter durch die Brandung kamen. Während sie an den Strand wateten, wandte sich der Prinz an den Bettlerjungen und sagte: »Nicht ganz der Empfang, den ich in Kesh erwartet hatte, aber wenigstens sind wir noch am Leben« – er schüttelte den Beutel in seiner Jacke –, »und wir haben genug, um zu essen – und im Moment werden wir nicht verfolgt.« Er sah zurück, dorthin, wo das Schiff immer noch auf den keshianischen Lotsen wartete. Er wußte, früher oder später würde einer der Seeleute irgend jemandem etwas über den Mann und den Jungen erzählen, die sie vor Durbin aus dem Wasser gezogen hatten, und die, die in diesem Teil des Kaiserreichs nach ihm suchten, würden diese Nachricht mit seiner Flucht in Verbindung bringen. Und dann würde die Jagd weitergehen. Borric holte tief Luft und sagte noch einmal: »Ja, zumindest werden wir im Moment nicht verfolgt.« Er klopfte dem Jungen auf die Schulter und sagte: »Komm, laß uns gehen und sehen, was diese keshianische Stadt an
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