Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
die Schwingtür und wagte sich ein paar
Schritte hinein.
Sofort entdeckte sie die Quelle
des Piepsens: Eine Konsole digitaler Anzeigetafeln war zu ihrer Linken an die
Wand montiert.
Das Arrangement aus
Kontrolllämpchen war dunkel bis auf eine Handvoll in einem Gitter auf der
unteren Seite des Schirms. Das schien so eine Art EKG-Monitor zu sein, auch
wenn sie noch nie etwas Vergleichbares gesehen hatte. Aus dem hintersten Raum am
Ende des Flures erklang ein sich beständig wiederholendes Rasseln und Wummern
wie von etwas Schwerem.
„Hallo?“, rief Tess in die
Leere. „Ist hier jemand?“
Sobald die Worte ihren Mund
verließen, verstummten alle anderen Geräusche, sogar das Piepsen vom Monitor.
Sie blickte auf die Tafel, und im selben Moment erloschen die Lichter. Als
hätte jemand die Verbindung unterbrochen, die zum Inneren des hinteren Raumes
bestand.
Ein unbehagliches Gefühl kroch
ihr das Rückgrat hinauf.
Harvard begann sich in ihrem Arm
zu winden und zu jaulen. Er zappelte sich frei, sprang zu Boden und rannte
zurück in den Flur. Tess konnte den Schrecken, der sie erfasst hatte, nicht
benennen, aber sie konnte hier auch nicht weiter herumstehen und einen Namen
dafür suchen.
Sie machte kehrt und marschierte
zu den Schwingtüren zurück. Im Gehen wandte sie den Kopf, um zu sehen, ob sich
hinter ihr etwas rührte. Da spürte sie eine plötzliche Temperaturveränderung - einen
kühlen Lufthauch auf ihrer Haut, der ihr den Nacken hinaufzog.
„Scheiße“, flüsterte sie, jetzt
mehr als nur nervös.
Sie streckte die Hand aus, um
die Tür aufzustoßen, und zuckte zurück, als ihre Handfläche etwas Warmes,
Unbewegliches berührte. Sie fuhr zusammen und riss erschrocken den Kopf herum.
Ihr Blick prallte gegen das grausig zernarbte Gesicht und den Brustkorb eines
riesigen, muskulösen Mannes.
Nein, kein Mann.
Ein Monster mit riesigen Klauen
und feurig glühenden Bernsteinaugen, wie die ihrer Angreifer von der Straße.
Ein Vampir.
Ein Wirbelsturm lebhafter,
grässlicher Erinnerungen bombardierte Tess mit Eindrücken des Rogue-Überfalls:
brutale Finger, die sich in ihre Arme bohrten, sie niederdrückten; scharfe
Zähne, die rasend in sie eindrangen, das endlose, fieberhafte Ziehen an ihren
Venen; entsetzliches tierisches Grunzen und Knurren, als die Biester von ihr
tranken. Sie sah das Pflaster im Mondschein, den dunklen Seitenweg, den
verrotteten Schuppen, in dem sie zu sterben glaubte.
Doch dann, so plötzlich wie
unpassend in ihrer Lage, sah sie den kleinen Lagerraum im hinteren Teil ihrer
Klinik. Da lag ein großer Mann mit dunklen Haaren auf den Boden hingestreckt.
Er blutete. Er starb. Sein
Körper war voller Schussverletzungen und anderer Wunden. Sie beugte sich über
ihn …
Nein, das gehörte nicht zu ihren
Erinnerungen. Es war gar nicht passiert … oder doch?
Sie hatte keine Zeit, ihre
Gedanken zu ordnen. Der Vampir, der ihr den Fluchtweg verstellt hatte, kam auf
sie zu. Hoch aufgerichtet nahm er sie mit wilder Wut in den Blick, die enormen
Fangzähne tödlich weiß und scharf genug, um sie in Fetzen zu reißen.
Dante stand in Gideons und
Savannahs Arbeitszimmer und wartete auf ein Urteil über das Flashdrive, das
Tess in ihrer Jackentasche gehabt hatte. „Glaubst du, du kannst das Ding
entschlüsseln, Gid?“
„Bitte.“ Der blonde Vampir
bedachte ihn mit einem schelmischen Seitenblick. „Du beliebst zu scherzen“,
sagte er mit schwerer Betonung auf seinem verblichenen englischen Akzent. Er
hatte das Flashdrive schon in seinen Computer gestöpselt, und seine Finger
flogen über die Tastatur. „Ich hab mich ins FBI gehackt, in die CIA, in unseren
eigenen IID und in jede andere hackersichere Datenbank, die es gibt. Das hier
wird ein Kinderspiel.“
„Ja? Lass mich wissen, was du
entdecken kannst. Ich muss weiter. Tess wartet auf mich …“
„Nicht so schnell“, sagte
Gideon. „Ich bin fast drin. Glaub mir, das wird nicht lange dauern, vielleicht
fünf Minuten. Lass es uns spannend machen. Gib mir zwei Minuten und dreißig
Sekunden als Maximum. Ab jetzt.“
Neben ihm lehnte Savannah in
dunklen Jeans und schwarzem Sweater an einem antiken geschnitzten Mahagonipult.
Sie lächelte und rollte die Augen: „Es ist der Sinn seines Lebens, uns zu
beeindrucken, das weißt du doch.“
„Das wäre ja zu ertragen, wenn
der Mistkerl nicht immer recht behalten würde“, stöhnte Dante in gespielter
Verzweiflung.
Savannah lachte. „Willkommen in
meiner Welt.“
„Schade, dass
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