Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
Abgrund
seiner Vorahnung, wo Wölkchen dicken schwarzen Rauchs ihm um Glieder und Kehle
wehten und die kostbare Luft verrußten. Die zerschmetterten Überbleibsel eines
Rauchmelders hingen an ihren verknoteten Drahteingeweiden von der Decke. Sie
blieben stumm, während sich der Rauch darum versammelte.
Von irgendwo kam das wütende
Poltern fallender Gegenstände, als ob Einbauten und Möbel von einer
marodierenden Armee durcheinandergeworfen würden. Um sich herum in der kleinen
weißen Zelle, die ihn beherbergte, sah Dante endlos Schubladen und Kästen
durcheinanderfliegen, ihr Inhalt überall verstreut, in Eile durchwühlt.
In der Vision bewegte er sich
jetzt. Er stapfte durch das ganze Zeug und bahnte sich einen Weg zu der
geschlossenen Tür auf der anderen Seite des Raumes. Oh Gott, er kannte diesen
Platz, das begriff er jetzt.
Er war in Tess’ Klinik.
Aber wo war sie?
Dante merkte, dass ihm alles
wehtat, sein Körper fühlte sich zerschlagen an und müde, jeder Schritt war
mühselig. Ehe er die Tür erreichen konnte, um nach draußen zu kommen, öffnete
sie sich von der anderen Seite. Ein bekanntes Gesicht grinste ihn genüsslich
durch den Rauch an.
„Ach, sieh mal an, wer da ist“,
sagte Ben Sullivan, kam herein und hielt ein Stück Telefonkabel in den Händen.
„Tod durch Feuer ist so eine schmutzige Art des Abgangs. Wenn du allerdings
genug Rauch einatmest, sind die Flammen nur ein Nachspiel.“
Dante wusste, dass er keine
Angst haben sollte, aber das Entsetzen schlug seine Krallen in ihn, als sein
mutmaßlicher Henker den Raum betrat und ihn mit erstaunlich kraftvollem Griff
packte. Dante versuchte zu kämpfen, aber seine Glieder schienen nicht wie
gewohnt unter seinem Kommando zu stehen.
Dann spannte der Mensch seinen
Arm und streckte ihn mit einem Schlag aufs Kinn nieder.
Seine Vision verschwamm auf
verrückte Weise. Als er das nächste Mal die Augen öffnete, lag er bäuchlings
auf einem hochgestellten Operationstisch aus kaltem, polierten Stahl, während
Ben Sullivan ihm die Hände auf den Rücken zog und ihn mit dem Telefonkabel an
den Handgelenken fesselte. Dante hätte fähig sein sollen, die Fesseln zu
sprengen, doch sie hielten.
Der Mensch ging zu seinen Füßen
und fesselte sie an die Handgelenke.
„Weißt du, ich hatte angenommen,
dich zu töten würde schwierig sein“, flüsterte ihm der Crimson-Dealer ins Ohr.
Dieselben Worte, die Dante
gehört hatte, als er das letzte Mal mit diesem kurzen Eindruck seines Todes
konfrontiert wurde.
„Du hast es mir sehr leicht
gemacht.“
Wie schon das letzte Mal
wanderte Ben Sullivan zur Vorderseite der Platte und beugte leicht die Knie. Er
griff Dante in die Haare und zog sein Gesicht nach oben. Hinter Sullivans Kopf
sah Dante an der Wand über der Tür eine Uhr. Sie zeigte elf Uhr neununddreißig.
Er kämpfte darum, mehr Einzelheiten wahrzunehmen. Er wusste, dass er alles
brauchte, was er zusammentragen konnte. Vielleicht ließ sich das Wissen um
bestimmte Details noch in einen Vorteil verwandeln. Er wusste nicht, ob es
möglich war, das Schicksal auszutricksen, aber er war wild entschlossen, alles
zu versuchen.
„So hätte es nicht kommen
müssen“, sagte Sullivan jetzt. Der Mensch beugte sich näher heran - so nah,
dass Dante den typischen leeren Blick des Lakaien erkannte. „Du sollst wissen,
dass du dir das selbst eingebrockt hast. Sei dankbar, dass ich dich nicht
meinem Meister überlasse.“
Damit ließ Ben Sullivan ihn los,
und Dantes Kopf fiel zurück. Als der Lakai aus dem Raum schritt und die Tür
verschloss, öffnete Dante die Augen und sah in der polierten Stahlfläche, auf
der er lag, sein Spiegelbild.
Nein, nicht sein Spiegelbild.
Das von Tess.
Nicht sein Körper war auf den
Behandlungstisch gefesselt, während die Klinik sich mit Rauch und Flammen
füllte, sondern ihrer.
Heilige Muttergottes!
Es war gar nicht sein
grässlicher Tod, den er all die Jahre in seinen Albträumen durchlitten hatte.
Es war der Tod seiner Stammesgefährtin, der Frau, die er liebte.
34
Tess legte den Weg vom Anwesen
des Stammes in die Stadt in einem Zustand emotionaler Taubheit zurück. Ohne
ihre Handtasche, ihren Mantel und ihr Handy blieben ihr nur wenige
Möglichkeiten - sie hatte nicht mal den Schlüssel, um in ihre eigene Wohnung
zu kommen. Atemlos, verwirrt und total erschöpft von allem, was ihr passiert
war, hielt sie auf eine Telefonzelle zu und betete, dass sie nicht zerstört
war. Sie erhielt ein Freizeichen, drückte
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