Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
die Null und wartete auf die
Vermittlung.
„Ein R-Gespräch, bitte“, keuchte
sie in den Hörer und nannte der Frauenstimme die Nummer der Tierklinik. Das
Telefon klingelte und klingelte. Niemand ging ran.
Als der Anrufbeantworter
ansprang, unterbrach die Vermittlung die Verbindung, „Es tut mir leid, aber da
ist kein Teilnehmer, der die Gebühr übernimmt.“
„Warten Sie bitte“, sagte Tess,
besorgt, die Frau zu nerven.
„Würden Sie es noch einmal
versuchen?“
„Einen Moment bitte.“
Tess wartete ängstlich, als es
in der Klinik wieder zu klingeln begann. Keine Antwort.
„Es tut mir leid“, sagte die
Vermittlung wieder und unterbrach erneut die Verbindung.
„Das verstehe ich nicht“,
murmelte Tess, mehr zu sich selbst.
„Können Sie mir sagen, wie spät
es ist?“
„Es ist zehn Uhr dreizehn.“
Nora würde vor Mittag keine
Pause machen, und sie hatte sich noch nie krankgemeldet. Warum also nahm sie
das Telefon nicht ab? Etwas musste passiert sein.
„Würden Sie eine andere Nummer
probieren?“
„Bitte sehr.“
Tess nannte die Nummer von Noras
Privatanschluss. Als dort niemand ranging, die von ihrem Handy. Nachdem auch
dieser Anruf ohne Erfolg blieb, sank Tess das Herz in die Hose. Sie spürte es
ganz deutlich: Irgendetwas war hier faul. Oberfaul.
Mit einem sehr unguten Gefühl,
das ihr Herz hämmern ließ, hängte Tess den Hörer ein und machte sich zu Fuß
auf, um zur nächsten U-Bahnstation zu wandern. Sie hatte nicht mal die ein
Dollar fünfundzwanzig Fahrgeld, die es kostete, bis ins North End zu fahren.
Aber eine großmütterliche alte Frau hatte Mitleid mit ihr und schenkte ihr eine
Handvoll Kleingeld.
Die Fahrt nach Hause kam ihr
endlos vor. Jedes fremde Gesicht im Zug schien sie anzustarren, als wüssten sie
alle, dass sie keine von ihnen war und nicht hierher gehörte. Als könnten sie
spüren, dass sie sich irgendwie verändert hatte, nicht länger Teil der normalen
Welt war. Nicht länger Teil der menschlichen Welt.
Und vielleicht war sie das auch
nicht. Tess durchdachte noch einmal alles, was Dante ihr erzählt hatte - und
alles, was sie gesehen und worin sie verwickelt gewesen war in den letzten paar
Stunden. Den letzten paar Tagen, berichtigte sie sich selbst und dachte an die
Halloween-Nacht, als sie Dante tatsächlich zum ersten Mal gesehen hatte.
Als er seine Fangzähne in ihren
Hals geschlagen und ihre normale Welt auf den Kopf gestellt hatte.
Aber vielleicht war sie da nicht
ganz gerecht. Tess konnte sich an keine Zeit erinnern, wo sie sich je wirklich
als Teil irgendeiner normalen Welt gefühlt hätte. Sie war schon immer … anders
gewesen. Ihre ungewöhnliche Fähigkeit hatte sie, mehr noch als ihre vertrackte
Vergangenheit, stets von anderen Leuten unterschieden und auf Abstand gehalten.
Sie hatte sich immer wie eine Ausgestoßene gefühlt, nicht gesellschaftsfähig
und außerstande, irgendjemandem ihre Geheimnisse anzuvertrauen.
Bis Dante kam.
Er hatte ihr für so vieles die
Augen geöffnet. Er hatte sie Fühlen gelehrt, hatte Verlangen in ihr entfacht
auf eine Art, die sie nie zuvor gefühlt hatte. Er hatte ihre Hoffnung geweckt,
ihre Hoffnung auf Dinge, von denen sie nur zu träumen gewagt hatte. Mit ihm
hatte sie sich sicher und verstanden gefühlt.
Schlimmer, sie hatte sich
geliebt gefühlt.
Aber das alles war auf Lügen
gebaut. Jetzt kannte sie die Wahrheit - unfasslich wie sie war - , und sie
würde viel dafür geben, wieder glauben zu dürfen, sie sei nicht real.
Vampire und Blutsverbindungen.
Ein eskalierender Krieg zwischen Kreaturen, die nur im Reich der Fantasie, nur
in Albträumen existieren sollten.
Und doch war das alles wahr.
Es war Wirklichkeit.
So wirklich wie ihre Gefühle für
Dante, was den Schmerz der Enttäuschung nur vertiefte. Sie liebte ihn, und noch
nie in ihrem Leben hatte sie etwas so erschreckt. Sie hatte sich in einen
gefährlichen Vigilanten verliebt. Einen Vampir.
Diese Einsicht beschwerte ihren
Schritt, als sie aus der U-Bahn stieg und sich ihren Weg hoch auf die Straßen
ihres North End-Viertels bahnte. In den umliegenden Läden herrschte das
geschäftige Treiben morgendlicher Kunden. Der Freiluftmarkt erfreute sich des
stetigen Flusses seiner regelmäßigen Besucher.
Tess überholte ein Knäuel von
Touristen, die stehen geblieben waren, um in Herbstmelonen und Kürbissen zu
wühlen. Sie verspürte einen Frost, der wenig mit der kühlen Herbstluft zu tun
hatte.
Je näher sie ihrem Heim kam,
desto tiefer
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