Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
schlenderte sie mit der
Einkaufstüte den Gehsteig entlang, fort von ihrem Häuserblock. Die kalte Luft
brannte ihr auf den Wangen, aber sie brauchte die Kälte, um einen klaren Kopf
zu bekommen.
Tegan hatte recht damit gehabt,
dass sich die Trance verflüchtigen würde, sobald sie ihre Wohnung verließ.
Unter dem Kreischen der elektrischen Gitarren und dem schreienden Gesang der
Rockmusik, die aus Camdens iPod in ihre Ohren dröhnten, konnte sie das Summen
von Stimmen hören, das ätzende Knurren menschlicher Verkommenheit und die
üblichen Beschimpfungen, die ihre ständigen Begleiter waren, seit sie diese
düstere Reise aus dem Refugium ihres Dunklen Hafens angetreten hatte.
Sie musste zugeben, dass Tegans
mentale Intervention ein willkommenes Geschenk gewesen war. Obwohl er sie
wütend gemacht hatte - sie beleidigt hatte -, waren die Stunden, die sie im
schützenden Kokon seiner Trance verbracht hatte, so überaus notwendig gewesen.
Diese Ruhepause hatte ihr Zeit gegeben, nachzudenken und sich zu konzentrieren,
und in der inneren Ruhe, die sie unter der langen, heißen Dusche empfunden
hatte, war ihr wieder etwas eingefallen. Ein spezifisches Detail zu dem
Lakaien, den sie gestern gejagt hatte.
Er hatte versucht, eine
Luftfrachtsendung abzuholen, für denjenigen, den er seinen Meister nannte. Der
Lakai - wenn sie sich nicht täuschte, hatte er seinen Namen mit Raines
angegeben - war aufgebracht gewesen, weil die Lieferung nicht wie erwartet
eingetroffen war. Was konnte ihm so wichtig sein?
Oder vielmehr, was konnte dem
Vampir so wichtig sein, der ihn erschaffen hatte?
Das wollte Elise herausfinden.
Es hatte sie gekribbelt, endlich
ihre Wohnung verlassen zu können, seit ihr diese faszinierende Einzelheit
wieder eingefallen war, aber ein recht massiger und arroganter Stammeskrieger
hatte ihr dabei im Weg gestanden. Da Tegan der Ansicht war, dass sie zum Kampf
gegen die Rogues nichts beitragen konnte, sah Elise keinen Grund, ihn mit dieser
Information zu belästigen, bevor sie sich nicht sicher war, was sie zu bedeuten
hatte.
Sie brauchte mehrere Minuten, um
die FedEx-Niederlassung beim Bahnhof zu erreichen. Eine Weile stand Elise
draußen herum, legte sich einen Plan zurecht und wartete ab, bis die Handvoll
Kunden im Laden ihre Transaktionen getätigt hatten und herauskamen. Als der
letzte Kunde dem Ausgang zustrebte, zog Elise die Kopfhörer heraus und ging auf
den Schalter zu.
Der Schalterangestellte war
derselbe junge Mann wie am Vortag. Als sie näher kam, nickte er ihr grüßend zu,
aber zum Glück schien er sie nicht wiederzuerkennen.
„Kann ich Ihnen helfen?“
Elise nahm einen tiefen Atemzug,
um sich zu beruhigen, sie musste sich anstrengen, um sich durch die Kakofonie
hindurchzuarbeiten, die sich ohne ihre Krücke, den iPod, jetzt in ihrem Kopf
zusammenbraute. Ihr blieb nicht viel Zeit.
„Ich möchte ein Päckchen
abholen, bitte. Es hätte gestern schon ankommen sollen, hat sich aber wegen dem
Sturm verspätet.“
„Name?“
„Ähm, Raines“, erwiderte sie und
versuchte ein Lächeln.
Der junge Mann sah zu ihr auf,
während er etwas in seinen Computer eingab. „Jau, ist angekommen. Kann ich
Ihren Ausweis sehen?“
„Bitte?“
„Führerschein, Kreditkarte … und
ich brauche auch noch eine Unterschrift von Ihnen.“
„Ich hab keine. Ich meine, ich
hab sie nicht dabei.“
Der Angestellte schüttelte den
Kopf. „Ohne dass Sie sich mir gegenüber ausweisen, kann ich Ihnen nichts
rausgeben. Tut mir leid, das ist die Vorschrift, und ich kann mir nicht
leisten, diesen Job zu verlieren, so mies er auch ist.“
„Bitte“, sagte Elise. „Es ist
wirklich wichtig. Mein … mein Mann war gestern hier, um es abzuholen, und er
war sehr verärgert über die Verspätung.“
Sie konnte spüren, wie
Feindseligkeit in dem Angestellten aufwallte, als er sich an den Lakaien
erinnerte. Er dachte an Baseballschläger, dunkle Hintergassen und gebrochene
Knochen. „Tut mir leid, Lady, aber Ihr Mann ist schon eine üble Type.“
Elise wusste, dass sie nervös
wirkte, aber im Moment war ihr das eher nützlich. „Er wird gar nicht erfreut
sein, wenn ich ohne dieses Päckchen nach Hause komme. Hören Sie, ich muss es
haben.“
„Nicht ohne Ausweis.“ Der junge
Mann sah sie lange an, fuhr sich mit der Hand übers Kinn und das Dreieck von
spärlichen Barthaaren, das unter seiner Unterlippe spross. „Ich schätze, wenn
ich es einfach auf dem Tresen lassen würde und auf eine Zigarettenpause
Weitere Kostenlose Bücher