Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
durchdringende Glitzern von Tegans Augen, die sie nun mit
steinernem Ausdruck beobachteten, sagte ihr, dass er jede Nuance ihrer Qual
spüren konnte. Sie erkannte, dass er ihre Schmerzen absorbierte, spürte, wie er
ihre Reaktion absaugte durch den Punkt, wo ihre Haut sich berührte.
Elise kämpfte gegen den
schrecklichen Ansturm übersinnlicher Wahrnehmung an, der auf sie einbrach, aber
die Stimmen wurden lauter. Sie taumelte fast unter der schmutzigen Flutwelle
von Obszönität und menschlicher Verkommenheit, die sich in ihren Kopf ergoss.
Tegan beobachtete sie nur, so
ungerührt, als studiere er ein Insekt unter Glas.
Verdammt noch mal, er genoss es
geradezu, und jede Sekunde des emotionalen Angriffs, dem sie standzuhalten
versuchte, gab ihm recht. Als sich ihre Blicke trafen, begann Elise, zu
verstehen, dass er die schmerzhaften Schläge, die ihr gegen den Schädel dröhnten,
auf ihr unbegreifliche Weise kontrollierte. Er verstärkte die Stimmen
absichtlich, genauso wie er die Musik und den Fernseher stumm schalten konnte.
„Mein Gott“, keuchte sie, „du
bist so grausam.“
Er stritt es nicht ab.
Ausdruckslos, mit entnervend stoischer Miene, brach er den körperlichen Kontakt
zu ihr ab und stand in stummer Betrachtung da, während sie vor ihm zurückwich,
verletzter, als sie ihn merken lassen wollte.
„Lektion Nummer eins“, murmelte
er kalt. „Rechne nicht mit mir. In keiner Hinsicht. Ich werde dich nur
enttäuschen.“
Er war ein Drecksack und ein
Bastard, aber Elise ein anderes Bild von sich zu vermitteln, wäre nicht ehrlich
gewesen. Er ließ sie stehen, wie sie ihn über die kleine Wohnung hinweg ansah,
ihr Blick verletzt und voller Verachtung, und ging in den Korridor hinaus, um
seinen Abgang zu machen.
Vielleicht sollte er sich
schuldig fühlen, sie so roh behandelt zu haben, aber ehrlich gesagt konnte er
keine Schuldgefühle gebrauchen. Und sie war viel besser dran, wenn sie sich für
ihre Bedürfnisse einen anderen suchte. Er hoffte inständig, dass sie verflucht
noch mal einen anderen finden würde.
Das Buch unter seinem Mantel an
sich gedrückt, ging Tegan mit zügigem Schritt in die dunkle Nacht hinaus. Aus
Neugier nahm er eine Abkürzung über eine Seitenstraße und ging dann die
Hauptgeschäftsstraße hoch, die zu der FedEx-Niederlassung führte. Elises
Beschreibung des Lakaien und was dort vorgefallen war, war informativ gewesen,
aber ein Teil von ihm fragte sich, ob er nicht noch mehr finden würde, wenn er
vorbeiging und sich den Angestellten noch einmal persönlich vorknöpfte.
Keine dreißig Meter vor dem
Laden erkannte er, dass er nicht der Einzige war, der die Lage checken wollte,
und dass er zu spät gekommen war.
Tegan roch frisch vergossenes Blut.
Eine Menge davon. Im Laden war es dunkel, aber Tegan konnte hinter dem Schalter
den reglosen Körper eines Angestellten liegen sehen. Die Rogues waren schon
hier gewesen. Auf einem der Überwachungsmonitore in der Ecke war ein
eingefrorenes Standbild zu erkennen. Es war eine verschwommene, aber erkennbare
Aufnahme von Elise, mitten in der Bewegung, mit dem Päckchen in der Hand.
Verdammt.
Genau in diesem Augenblick waren
die Rogues, die hier gewesen waren, vermutlich dabei, die Gegend nach ihr zu
durchkämmen.
Tegan fuhr herum und raste mit
all der übernatürlichen Geschwindigkeit, die ihm zu Gebote stand, zu ihrem
Wohnblock zurück. Er hämmerte an ihre Tür und verfluchte die dröhnende Musik,
in der das Geräusch vermutlich unterging.
„Elise! Mach die Tür auf!“
Gerade wollte er die Schlösser
auf seine Art öffnen und in die Wohnung stürmen, als er sie auf der anderen
Seite hörte. Sie öffnete die Tür einen Spaltbreit und starrte ihn an. Bevor sie
ihm sagen konnte, dass er sich verdammt noch mal zum Teufel scheren sollte, so
wie er es verdiente, drückte er sie mit der Masse seines Körpers hinein und
knallte die Tür hinter sich zu.
„Hol Mantel und Stiefel,
schnell.“
„Was?“
„Los! Mach schon!“
Sie verzog das Gesicht über
seinen gebellten Befehl, aber so schnell ließ sie sich nicht einschüchtern.
„Wenn du denkst, dass ich mich von dir zurückschicken lasse …“
„Rogues, Elise.“ Er sah keinen
Grund, ihr die Situation besser darzustellen, als sie war. „Sie haben eben den
Angestellten in der FedEx-Niederlassung umgebracht. Jetzt suchen sie dich. Wir
haben nicht viel Zeit. Hol deine Sachen.“
Sie wurde weiß vor Schreck, aber
so, wie sie ihn ansah, traute sie ihm nicht ganz - was
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