Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
blieb, und seine starken, warmen Hände, wie sie sich weich auf
ihre Schultern legten. „Ich will es nicht tun, Dylan.
Zu deinem
eigenen Besten - und wohl auch zu meinem - sollte ich mich aus deiner
Erinnerung löschen, aber das will ich nicht. Ich glaube nicht, dass ich es
könnte.“
Dylan
schloss fest die Augen, ließ diese zärtlichen Worte auf sich wirken. „Dann …
wie geht es dann weiter?“
Langsam
drehte er sie zu sich herum und nahm ihr Gesicht in die Hände. Er küsste sie
liebevoll und lehnte dann seine Stirn gegen ihre.
„Ich weiß es
nicht. Ich weiß nur, dass ich dich jetzt nicht gehen lassen will.“
„Deine
Freunde werden bald hier sein.“
„Ja.“
„Geh nicht
mit ihnen.“
Er senkte
das Kinn und presste seine Lippen auf ihren Kopf. „Ich muss.“
In ihrem Herzen,
noch bevor er es aussprach, wusste Dylan dass er zurück musste. Seine Welt war
der Orden. Und trotz ihres Muttermals, das ihr einen besonderen Platz beim
Stamm einräumte, musste Dylan bei ihrer Mom bleiben.
Sie vergrub
ihre Wange an Rios Brust, hörte seinen festen, regelmäßigen Herzschlag. Sie
wusste nicht, ob sie es verkraften würde, ihn gehen zu lasen, jetzt, wo sie
ihre Arme um ihn geschlungen hatte.
„Kommst du
mit mir zum Krankenhaus zurück? Ich will heute Nacht noch einmal nach ihr
sehen.“
„Natürlich“,
sagte Rio, löste sich von ihr und nahm ihre Hand in seine.
Sie
verließen ihr provisorisches Refugium in der leeren Kirche und gingen Hand in
Hand zurück zum Krankenhaus. Die Besuchszeiten waren schon seit einer Weile
vorbei, aber die Nachtwache am Empfangstresen schien es gewohnt, für
Angehörige, die zur Krebsstation wollten, Ausnahmen zu machen. Der Mann winkte
Dylan und Rio durch, und sie nahmen den Lift in den zehnten Stock.
Rio wartete
draußen auf dem Gang, als Dylan ihre Handschuhe anzog und die Tür öffnete. Ihre
Mutter schlief, also setzte Dylan sich in den Besucherstuhl neben dem Bett und
saß einfach nur da und sah ihr zu, wie sie atmete.
Es gab so
viel, was sie ihr sagen wollte - und nicht zuletzt, dass sie einen
außergewöhnlichen Mann kennengelernt hatte. Sie wollte ihrer Mutter sagen, dass
sie sich gerade verliebte. Dass es aufregend war und dass sie Angst hatte und
eine verzweifelte Hoffnung sie erfüllte, auf das Leben, das sie vielleicht in
der Zukunft mit dem Mann erwartete, der gerade draußen vor der Tür dieses
Krankenzimmers stand.
Sie wollte,
dass ihre Mutter wusste, dass sie sich gerade Hals über Kopf verliebte in
Eleuterio de la Noche Atanacio ... einen Mann, der so anders war als alle
Männer, die sie je kennengelernt hatte.
Aber Dylan
konnte von alldem überhaupt nichts sagen. Es waren Geheimnisse, die sie vorerst
wahren musste. Vielleicht für immer.
Sie streckte
die Hand aus und streichelte ihrer Mom übers Haar, zog ihr vorsichtig die dünne
Krankenhausdecke hoch bis unter das Kinn.
Wie sehr sie
sich wünschte, dass ihre Mutter einmal in ihrem Leben eine wahre, tiefe Liebe
erfahren hätte. Es schien so unfair, dass sie so viele Fehlgriffe getan hatte,
zu viele nichtsnutzige Männer geliebt hatte, wo sie doch jemanden verdient
hätte, der anständig und freundlich war.
„Oh Mami“,
flüsterte Dylan leise. „Es ist so verdammt unfair.“
Tränen
stiegen ihr in die Augen. Ein Leben lang hatten sich ihre ungeweinten Tränen in
ihr angesammelt, vielleicht in Vorbereitung für diesen Augenblick, aber jetzt
konnte sie sie nicht mehr zurückhalten.
Dylan
wischte sich immer wieder die Tränen ab, aber es kamen ständig neue nach, zu
viele, um sie mit ihren latexbekleideten Händen fortwischen zu können. Sie
stand auf und ging um das Bett herum, um sich aus der Schachtel auf dem
rollbaren Nachttischgestell ihrer Mutter ein Papiertaschentuch zu nehmen. Als
sie sich die Augen tupfte, bemerkte sie auf einem Tisch in der anderen Ecke des
kleinen Krankenzimmers ein Geschenkpäckchen mit Schleife. Sie ging hinüber und sah,
dass es eine Schachtel Pralinen war. Sie war noch ungeöffnet und sah teuer aus.
Neugierig hob Dylan die kleine weiße Karte auf, die unter die gerippte seidene
Zierschleife geschoben war.
Darauf
stand: Für Sharon. Kommen Sie bald zurück. Ihr G.F.
Dylan
grübelte über die Initialen nach und erkannte, dass es sich um den Eigentümer
der Stiftung handeln musste, Mr. Fasso. Ihre Mutter hatte ihn Gordon genannt.
Er musste sie besucht haben, nachdem Dylan gegangen war. Und die Nachricht auf
der Karte klang etwas vertraulicher als die üblichen
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