Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
Aber Sie hätten mir doch nichts
mitbringen sollen, das wissen Sie doch.“
„Wo ist
sie?“
„Bitte?“
„Ihre
Tochter“, sagte er knapp. „Wo ist Dylan?“
Eine Sekunde
lang riet Sharons Mutterinstinkt ihr, zu lügen und zu sagen, dass Dylan nicht
in der Nähe war und nicht so bald zurück sein würde. Aber das war doch
lächerlich, oder nicht?
Sie hatte
keinen Grund, Mr. Fasso zu fürchten. Gordon, erinnerte sie sich und
versuchte, den charmanten Gentleman in ihm zu sehen, als der er sich in letzter
Zeit gezeigt hatte.
„Ich kann
sie riechen, Sharon.“
Diese
Bemerkung fiel dermaßen aus dem Rahmen, dass sie nun völlig durcheinander war.
„Sie können ... was?“
„Ich weiß,
dass sie hier war.“ Er nagelte sie mit einem eisigen Blick fest. „Wo ist sie,
und wann kommt sie zurück? Das waren keine schwierigen Fragen.“
Eine eisige
Kälte kroch ihr in die Knochen, als sie diesen Mann ansah, über den sie
eigentlich so wenig wusste. Ein Wort blitzte in ihrem Kopf auf, als er auf sie
zukam ... Böse.
„Ich habe
Ihnen gesagt, dass ich das Mädchen kennenlernen will“, sagte er, und als er
sprach, geschah etwas sehr Seltsames mit seinen Augen. Ihre eisige Farbe
veränderte sich, wurde zu feurigem Bernsteingelb. „Ich habe die Warterei satt,
Sharon. Ich muss die Schlampe sehen, und zwar sofort.“
Sharon
begann, ein Gebet zu murmeln. Sie wich vor ihm zurück, als er immer näher kam,
aber viel Platz blieb ihr nicht. Er würde sie in die Ecke drängen, und die
Schiebetür im Wohnzimmer führte auf einen kleinen Balkon hinaus, zwölf
Stockwerke über der Straße. Eine warme Brise drang durch das Fliegengitter und brachte
den Verkehrslärm vom geschäftigen Queens Boulevard mit.
„W... was
wollen Sie von Dylan?“
Er lächelte,
und Sharon fiel beim Anblick seiner grotesk langen Zähne beinahe in Ohnmacht.
Nein, dachte sie verständnislos. Das waren keine Zähne.
Das waren Fänge.
„Ich brauche
deine Tochter, Sharon. Sie ist eine ungewöhnliche Frau, die mir helfen kann,
die Zukunft zu gebären. Meine Zukunft.“
„Oh, mein
Gott ... Sie sind verrückt, nicht wahr? Sie sind krank.“
Sharon schob
sich zentimeterweise von ihm fort, Panik hämmerte in ihrer Brust. „Was zur
Hölle sind Sie?“
Er lachte,
leise und bedrohlich. „Ich bin dein Herr und Meister, Sharon. Du weißt es nur
noch nicht. Jetzt werde ich dich ausbluten, und du wirst mir alles sagen, was
ich wissen will. Du wirst mir helfen, Dylan zu finden. Ich werde dich zu meiner
Sklavin machen, und du wirst mir deine Tochter direkt in die Hände liefern. Und
dann werde ich sie zu meiner Hure machen.“
Er bleckte
diese riesigen, tropfenden Fänge und zischte wie eine Viper kurz vor dem
tödlichen Biss.
Sharon war
außer sich vor Entsetzen darüber, was dieser Mann - diese schreckliche Kreatur
- Dylan antun konnte. Sie bezweifelte keine Sekunde, dass er genau das tun
würde, was er ihr angedroht hatte.
Und diese
Gewissheit war es, die ihre Schritte zur Balkontür lenkte.
Gordon Fasso
lachte, als sie sich an der Verriegelung der Balkontür zu schaffen machte. Sie
zog sie auf.
„Was denkst
du, was du da machst, Sharon?“
Sie wich vor
ihm zurück auf den Balkon hinaus, aber er folgte ihr, seine breiten Schultern
in dem Sakko füllten den freien Raum der Schiebetür aus. Sharon spürte, wie
sich das Balkongeländer hart gegen ihre Wirbelsäule drückte. Weit, weit unten,
im hektischen Strom des Verkehrs tuteten Autohupen und kreischten Motoren.
„Du kriegst
mich nicht, um sie zu bekommen“, sagte sie zu ihm, ihr Atem kam keuchend über
die Lippen.
Sie sah
nicht über das Geländer. Sie hielt ihren Blick fest auf die glühenden Kohlen
gerichtet, die das Monster vor ihr anstelle von Augen hatte. Und zog etwas
Befriedigung daraus, dass er aufbrüllte, hastig nach ihr packte ... und zu spät
kam.
Sharon fiel
rücklings über das Balkongeländer, hinunter auf den dunklen Asphalt.
Der Verkehr
vor dem Hochhaus ihrer Mutter staute sich bis zur übernächsten Querstraße.
Weiter vorne im Dunkeln blitzten Blaulichter, und die Polizei leitete den
Verkehr zu einer anderen Zufahrt auf den Queens Boulevard um. Dylan versuchte,
an dem Kleinbus vor ihr vorbeizuspähen und einen Blick auf die Stelle zu
erhaschen, wo anscheinend etwas ziemlich Schlimmes passiert war. Gelbes
Absperrband riegelte das Straßenstück unter dem Hochhaus ihrer Mom ab.
Dylan
trommelte auf dem Lenkrad herum und warf einen Seitenblick auf das
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