Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
brauchen, nehmen Sie's. Meine Handtasche ist da
drüben ...“
„Ich will
weder dich noch dein Geld“, stieß Rio hervor und gab sie frei. Er stand auf,
wütend über sich selbst und seine physischen Reaktionen, die er nur mit Mühe
niederkämpfen konnte. „Los, aufstehen. Ich will nur Ihre Kamera.“
Langsam kam
sie auf die Füße. „Meine was?“
„Die Kamera,
die Sie in der Höhle dabeihatten, und die Bilder, die Sie gemacht haben. Ich
brauche sie alle.“
„Sie wollen
... die Bilder? Ich verstehe nicht ...“
„Müssen Sie
auch nicht. Geben Sie sie mir einfach.“ Als sie keine Anstalten machte, ihm zu
gehorchen, warf Rio ihr einen durchdringenden Blick zu. „Holen Sie sie. Jetzt.“
„In ... in
Ordnung“, stammelte sie und eilte zu einem riesigen Rucksack hinüber, der in
der Zimmerecke stand. Sie wühlte darin herum und förderte schließlich ihre
schmale Digitalkamera zutage.
Als sie das
Gehäuse aufschnappen ließ, um die Speicherkarte herauszuholen, sagte Rio: „Das
mache ich schon. Geben Sie her.“
Mit
zitternden Fingern hielt sie ihm die Kamera hin. „Sie sind mir den ganzen Weg
bis nach Prag gefolgt wegen meiner Kamera? Was ist denn so Wichtiges an diesen
Bildern? Und wie haben Sie es geschafft, mich zu finden?“
Rio
ignorierte ihre Fragen. Schon in wenigen Minuten wäre es nicht mehr wichtig. Er
würde die Bilder haben und diese ganze Angelegenheit aus der Erinnerung dieser
Frau tilgen.
„Sind das
alle?“, fragte er, knipste die Kamera an und scrollte durch den Inhalt der
Speicherkarte. „Haben Sie sie auf ein anderes Gerät heruntergeladen?“
„Das sind
alle“, erwiderte sie schnell. „Das ist alles, das schwöre ich Ihnen.“
Er
betrachtete die Handvoll Aufnahmen aus der Höhle, die ihn schon halb
transformiert zeigten, die Überwinterungskammer des Alten und die Glyphen, die
mit Menschenblut an die Höhlenwände gemalt waren. „Haben Sie die irgendjemandem
gezeigt?“
Sie
schluckte und schüttelte dann den Kopf. „Ich verstehe immer noch nicht, worum
es hier geht.“
„Und genauso
soll es auch bleiben“, sagte Rio.
Er kam auf
sie zu, bis nur drei Schritte zwischen ihnen lagen. Sie wich zurück, stieß aber
mit dem Rücken an das Fenster der hinteren Zimmerwand. „Oh mein Gott. Sie
sagten doch, Sie würden mir nichts tun ...“
„Bleiben Sie
ruhig“, wies er sie an. „Es ist gleich vorbei.“
„Ach du
Scheiße.“ Ein ersticktes Stöhnen sammelte sich hörbar in ihrer Kehle. „Oh mein
Gott ... Sie werden mich wirklich töten ...“
„Nein“,
sagte Rio grimmig. „Aber Sie müssen ruhig bleiben.“
Er griff
nach ihr. Er brauchte ihr nur kurz die Hand auf die Stirn zu legen, um ihre
Erinnerung an die Höhle und an ihn vollständig zu tilgen.
Aber als
seine Hand auf sie niederfuhr, holte sie Luft und schmetterte ihm einen
Redeschwall entgegen, der ihn erstarren ließ.
„Ich bin
nicht die Einzige, die es weiß!“ Sie keuchte vor Angst, ihre Worte überstürzten
sich. „Andere Leute wissen, wo ich bin. Sie wissen, wo ich war und was ich
getan habe. Was auch immer diese Bilder für Sie bedeuten, es wird Ihnen nichts
nützen, mich zu töten, weil ich nicht die Einzige bin, die sie gesehen hat.“
Sie log ihn
an. Angesichts dieser Täuschung spürte Rio Wut in sich aufsteigen. „Sie sagten
eben, niemand weiß davon.“
„Und Sie
sagten. Sie würden mir nichts tun.“
„Himmel noch
mal.“ Er sah wenig Sinn darin, mit ihr herumzustreiten oder sein Vorgehen zu
verteidigen. „Sie müssen mir sagen, wem Sie die Bilder gezeigt haben. Ich brauche
ihre Namen und ihren Aufenthaltsort.“
Sie
schnaubte verächtlich, kühner, als gut für sie war. „Warum?
Damit Sie
sie auch überfallen können?“
Rios
Verstand schaltete sofort um. Er warf einen Blick auf ihre Habseligkeiten und
sah die Schultertasche, die über dem Stuhl hing.
Sie sah so
aus, als wäre ein Computer darin. Er stapfte hinüber und zog einen silbernen
Laptop heraus.
Er klappte
ihn auf und schaltete ihn ein, wodurch sich die junge Frau offenbar ermutigt
fühlte, einen erneuten Ausbruch in Richtung Tür zu versuchen. Sie schoss los,
aber Rio stoppte sie sofort. Mit dem Rücken gegen die mehrfach verschlossene
Tür gelehnt, stand er vor ihr, bevor sie auch nur die Chance hatte, an die
Freiheit hinter dieser Tür zu denken.
„Ach du
Scheiße“, keuchte sie und blinzelte ihn ungläubig an. „Wie haben Sie ...? Sie
waren doch eben noch in der anderen Zimmerecke ...“
„Das war
ich.
Weitere Kostenlose Bücher