Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
die
Sache jetzt größer als das, mein Freund.“
Gideon
schwieg lange, zweifellos ging er gerade in Gedanken die Konsequenzen durch,
die Rios Patzer verursacht hatte, war aber zu diplomatisch, um Rio die ganze
Liste herunterzubeten. „Als Erstes müssen wir dich da rausbekommen und an einen
sicheren Ort bringen.
Die Frau
auch. Denkst du, dass du sie festhalten kannst, bis ich arrangiert habe, dass
euch jemand holen kommt?“
„Sicher. Was
immer du sagst. Ich hab das verbockt, und ich werde alles tun, was ich tun
muss, um es wieder in Ordnung zu bringen.“
Rio hörte
das verschwommene Klicken einer Tastatur im Hintergrund. „Ich kontaktiere
Andreas Reichen in Berlin.“
Ein paar
Sekunden lang herrschte Stille, und dann hörte Rio, wie Gideon in Boston ein
Gespräch auf einer anderen Telefonleitung begann. Er war schnell wieder bei
Rio. „Du wirst abgeholt und zu Reichens Dunklem Hafen nach Berlin gebracht.
Aber es dürfte etwa eine Stunde dauern, bis sein Mann bei dir ist.“
„Kein
Problem.“
„Bestätigt“,
erwiderte Gideon. Er erledigte all das, was notwendig war, um Rios Haut zu
retten, so routiniert, als sei es ein Kinderspiel.
„Okay, alles
in die Wege geleitet. Ich ruf dich wieder an, wenn dein Fahrer vor der Tür
steht.“
„Ich werde
bereit sein. Hey, Gideon ... danke.“
„Kein
Problem. Schön, dich wiederzuhaben, Rio. Wir brauchen dich, Mann. Ist hier
einfach nicht das Gleiche ohne dich.“
„Ich melde
mich aus Berlin“, sagte er und dachte, dass es gerade nicht der richtige
Zeitpunkt war, um Gideon zu sagen, dass er nicht zurück zur Truppe kommen
würde.
Sein
Rendezvous mit dem Tod war nur vertagt. Sobald er diese Angelegenheit geklärt
hatte, würde er sich für immer abmelden.
7
Dylan saß
still auf dem Bett und sah zu, wie der dunkle Fremde ihren Laptop und ihre
Kamera konfiszierte und dann ihre restlichen Habseligkeiten durchwühlte. Ihr
blieb nichts anderes übrig, als ihn gewähren zu lassen. Er bemerkte die
kleinste Bewegung sofort, und nach diesem unfassbaren Manöver vorhin, als er
ihr mit Überschallgeschwindigkeit den Weg zur Tür blockiert hatte, hatte sie
nicht mehr die Nerven, noch einen Fluchtversuch zu wagen.
Sie hatte
keine Ahnung, was sie von ihm halten sollte.
Er war
gefährlich, das stand außer Frage. Wahrscheinlich würde er auch töten, wenn er
wollte, obwohl er momentan offenbar nicht in erster Linie auf Mord aus war.
Wenn er ihr etwas hätte antun wollen, hatte er bisher schon reichlich
Gelegenheit dazu gehabt. Zum Beispiel, als sie unter ihm auf dem Boden lag und
sich nur allzu deutlich der Tatsache bewusst war, dass ein über hundert Kilo
schwerer, muskelbepackter Mann auf ihr hockte und sie keine Chance hatte, ihn
abzuwerfen. Er hätte ihr diese Riesenpranken um den Hals legen und sie erwürgen
können, einfach so, auf dem Boden ihres Hotelzimmers.
Aber er
hatte es nicht getan.
Und auch dem
anderen Impuls, der ihn so offensichtlich ergriffen hatte, hatte er nicht
nachgegeben. Dylan war nicht entgangen, wie er sie angesehen hatte, wie
intensiv sein Blick auf ihren Mund gerichtet war. Die eindeutig männliche
Reaktion seines Körpers, als er rittlings auf ihr gesessen hatte, war
unmissverständlich gewesen, und doch hatte er sie nicht angerührt. Im
Gegenteil, seine Erregung schien ihn fast genauso zu beunruhigen wie sie. Also
war er offenbar doch kein kaltblütiger Killer, Psychopath oder Vergewaltiger,
trotz der Tatsache, dass er sie den ganzen Weg von Jicín nach Prag verfolgt hatte.
Was also war
er?
Er bewegte
sich zu schnell, war viel zu genau und zu wendig um so eine Art durchgeknallter
Aussteigertyp oder ein Feld-Wald-und-Wiesen- Obdachloser zu sein. Nein, er war
keines von beiden. Er mochte verdreckt und zerlumpt sein, die eine
Gesichtshälfte entstellt von einem schrecklichen Unfall, über den sie nur
Vermutungen anstellen konnte, aber unter seinem verdreckten Äußeren war er
etwas ... anderes.
Wer auch
immer dieser Mann war, er war hünenhaft und stark und gefährlich wachsam. Seinen
hellwachen Augen und Ohren entging nichts. Seine Sinne schienen auf eine höhere
Frequenz eingestellt, als es Menschen möglich war. Selbst wenn er halb
wahnsinnig war - er gab sich, als wäre er sich seiner Macht vollkommen bewusst
und als wüsste er sie auch einzusetzen.
„Sind Sie
von der Armee oder so?“, riet sie laut. „So wie Sie reden, könnten Sie bei der
Truppe sein. Sie bewegen sich auch so. Was sind Sie, Angehöriger
Weitere Kostenlose Bücher