Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
bedrängt wurde, biss Rio die Zähne
zusammen.
Aber warum
er sich auch nur einen Deut darum scheren sollte, was sie tat und mit wem, das
wusste er nicht.
Er hatte
keine Ansprüche auf sie anzumelden. Sein ganzes Interesse galt lediglich der
Aufgabe, die Katastrophe abzuwenden, die sie möglicherweise auslöste. Oder die
er vielmehr selbst heraufbeschworen hatte, indem er sich in seinem eigenen
Elend suhlte, statt die verdammte Höhle in die Luft zu jagen, wie es ihm
aufgetragen worden war. Jetzt, wieder zurück in Boston, wünschte er sich,
wieder in der Höhle im Berg zu sein, den Auslöser zu drücken und zuzusehen, wie
eine Tonne Felsgestein ihn für immer im Berg verschüttete.
„Was hast du
die ganze Zeit da drüben gemacht?“, fragte Chase, eine beiläufig formulierte
Frage, die seinen Argwohn nur schlecht verhüllte. „Du hast Nikolai gesagt, dass
du die Höhle sichern und dann allein weiter nach Spanien gehen würdest. So, wie
er es uns erzählt hat, hast du den Orden verlassen. Das ist jetzt fünf Monate
her, und bis jetzt, wo du auf einmal mit Ärger und Schwierigkeiten auftauchst,
hast du kein Wort von dir hören lassen. Was denkst du dir dabei, verdammt noch
mal?“
„Jetzt komm
mal wieder runter, Mann“, riet ihm Dante und warf einen finsteren Blick auf den
Beifahrersitz. Zu Rio sagte er: „Ignorier ihn einfach.
Unser
Harvard hat schon die ganze Nacht einen Ständer, weil er nicht dazu gekommen
ist, mit seiner Beretta zu spielen.“
„Im Ernst“,
sagte Chase, der nicht so leicht aufgeben wollte. „Ich bin nur neugierig. Wie
ist es dir seit Februar ergangen, als wir dich auf diesem Berg mit einem Sack
C-4 allein gelassen haben? Warum hast du so lange damit gewartet, den
verdammten Job zu erledigen? Warum die Planänderung?“
„Es gab
keine Planänderung“, erwiderte Rio und begegnete dem abschätzenden Blick des
Kriegers auf dem Beifahrersitz. Von seinem herausfordernden Tonfall ließ er
sich nicht in Rage bringen. Chase hatte alles Recht der Welt, ihn auszufragen -
das hatten sie alle -, und es gab nicht viel, das Rio zu seiner Verteidigung
anführen konnte. Diese letzten Monate hatte er sich von seiner Schwäche
beherrschen lassen, und nun musste er das wieder in Ordnung bringen. „Ich hatte
eine Mission zu erfüllen, und ich habe versagt. So einfach ist das.“
„Nun, wir
hier drüben haben uns derweil auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert“, warf
Dante ein. „Seit wir diese Überwinterungskammer bei Prag gefunden haben, sind
wir Hinweisen über die mögliche Existenz eines Alten nachgegangen, und alle
sind im Sand verlaufen. Chase hat verdeckt bei den Dunklen Häfen und der
Agentur herumgeschnüffelt, aber auch diese Quellen haben uns nicht
weitergebracht.“
Chase auf
dem Beifahrersitz nickte zustimmend. „Es kommt einem praktisch unmöglich vor, aber
wenn der Alte irgendwo da draußen ist, hat der Hundesohn sich ganz tief im
Untergrund verkrochen und hält sich bedeckt.“
„Was ist mit
der Stammesfamilie aus Deutschland, die im Mittelalter Verbindung mit ihm
hatte?“, fragte Rio.
„Die
Odolfs“, sagte Dante und schüttelte den Kopf. „Von denen hat keiner überlebt.
Die einigen wenigen, die über all die Jahre nicht zu Rogues mutiert und an der
Blutgier krepiert sind, sind entweder verschollen oder starben aus anderen
Gründen. Die ganze Linie Odolf ist ausgestorben.“
„Scheiße“,
murmelte Rio.
Dante
nickte. „Das ist alles, was wir haben. Nur eine Menge Schweigen und Sackgassen.
Wir werden nicht aufgeben, aber im Moment suchen wir wirklich die verdammte
Nadel im Heuhaufen.“
Rio runzelte
die Stirn. Es war nicht einfach, die Existenz einer außerirdischen Kreatur, wie
der Orden sie jetzt jagte, geheim zu halten.
Es war
verdammt schwierig, einen über zwei Meter großen, haarlosen,
dermaglyphenbedeckten Vampir mit unersättlichem Blutdurst zu übersehen. Selbst
unter dem wildesten Abschaum der Stammesgesellschaft würde der Alte noch
auffallen.
Der einzige
Grund, warum der Alte so lange unentdeckt hatte bleiben können, war die
Überwinterungskammer auf dem abgelegenen Berg in der tschechischen Provinz
gewesen, wo er sich versteckt hatte.
Jemand hatte
den Alten aus seiner verborgenen Gruft befreit, aber der Orden hatte keine
Möglichkeit herauszufinden, wann oder wie und ob die blutdürstige Kreatur ihr
Erwachen überhaupt überlebt hatte.
Mit etwas
Glück war der wilde Hundesohn schon lange tot.
Die
Alternative war ein Szenario, das sich niemand,
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