Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
denn es ersparte ihm, ihren Abscheu zu sehen. Es
bewahrte ihn davor, etwas wirklich Dummes zu tun, wie zum Beispiel auch nur
eine Sekunde lang zu vergessen, dass sie nur deshalb im Hauptquartier - in
seinem Privatquartier - war, weil er den Fehler ausbügeln musste, den er
begangen hatte, indem er sie zu nahe an die Höhle herangelassen hatte.
Je schneller
er das tun konnte und sie wieder fort war, desto besser.
Jemand
trommelte kurz gegen die Tür.
Rio öffnete
sie mit einem ungeduldigen Knurren der Selbstverdrossenheit.
„Du hast
dich scheiße angehört, da dachte ich, ich komme mit Tess vorbei und schau mal
nach dem Rechten.“ Dantes Mund zuckte und kringelte sich zu seinem typischen
übermütigen Grinsen, als er in der Türschwelle stand, mit seiner umwerfenden
Stammesgefährtin dicht an seiner Seite. „Lässt du uns jetzt vielleicht rein,
Mann?“
„Klar.“ Rio
wich zurück, um das Paar einzulassen.
Dantes
Gefährtin war hübscher denn je. Ihre langen honigbraunen Locken waren in einem
losen Pferdeschwanz zurückgebunden, und ihre klugen aquamarinblauen Augen
hatten einen weichen Ausdruck, selbst wenn sie Rio direkt ins Gesicht sah.
„Schön, dich
zu sehen“, sagte sie, und ohne Zögern kam sie zu ihm herüber und stellte sich
auf die Zehenspitzen, um ihn kurz zu umarmen und ihn auf die Wange zu küssen.
„Dante und ich haben uns diese ganzen Monate über solche Sorgen um dich
gemacht, Rio.“
„War nicht
nötig“, erwiderte er, konnte aber nicht bestreiten, dass ihre Besorgnis ihn
innerlich wärmte.
Tess und
Dante waren erst seit dem letzten Herbst zusammen; sie war ins Hauptquartier
des Ordens gekommen und hatte ihre außerordentliche Gabe der Heilung und
Wiederbelebung mitgebracht, einfach durch Auflegen ihrer zarten Hände. Tess'
Berührung hatte erstaunliche Kräfte, aber nicht einmal sie hatte alles
wiedergutmachen können, was mit Rio geschehen war. Als Tess angekommen war, war
es schon zu spät gewesen. Seine Narben würden nun dauerhaft bleiben, sowohl die
innerlichen als die äußerlichen, obwohl Tess ihr Möglichstes für ihn getan
hatte.
Dante legte
in einer Geste, die sowohl beschützend als auch ehrfürchtig war, den Arm um
seine Stammesgefährtin, und da bemerkte Rio die sanfte Rundung ihres Bauches
unter ihrem blassrosa T-Shirt.
Sie fing
seinen Blick auf und lächelte so glückselig wie die Muttergottes persönlich.
„Ich komme
jetzt in den vierten Monat“, sagte sie und richtete diesen Blick strahlender
Liebe auf Dante. „Jemand hier hat es sich zu seiner neuen Lebensaufgabe
gemacht, mich nach Strich und Faden zu verwöhnen.“
Dante lachte
leise in sich hinein. „Immer zu Diensten.“
„Gratuliere“,
murmelte Rio, er freute sich ehrlich für die beiden.
Es war nicht
üblich für Krieger und ihre Gefährtinnen, innerhalb des Ordens eine Familie zu
gründen. Um ehrlich zu sein, war es praktisch unerhört. Stammesvampire, die ihr
Leben dem Kampf widmeten, waren normalerweise nicht vom häuslichen Schlag. Aber
Dante war auch noch nie der typische Krieger gewesen.
„Wo ist
Dylan?“, fragte Tess.
Rio machte
eine Bewegung in Richtung der verglasten Flügeltür auf der anderen Seite des
Wohnzimmers. „Ich hab mich da drin mit ihr zum Esel gemacht. Ich hatte einen
Anfall, und ich ... ach verdammt, ich habe einen Spiegel zerschlagen. Eine
fliegende Scherbe hat sie an der Wange geschnitten.“
„Du hast
immer noch Blackouts?“, fragte Tess mit gerunzelter Stirn.
„Kopfschmerzen
auch?“
Er zuckte
die Schultern, wollte seine zahlreichen Probleme jetzt nicht mit ihr
diskutieren. „Ich bin schon okay. Nur ... tu, was du kannst, um sie wieder
hinzukriegen, in Ordnung?“
„Sicher.“
Tess nahm Dante eine kleine schwarze Arzttasche ab. Als Rio sie fragend ansah,
sagte sie: „Seit ich schwanger bin, sind meine Heilkräfte zurückgegangen. Bei
der Schwangerschaft richten sich die Energien einer Stammesgefährtin nach
innen, das ist normal. Sobald das Baby da ist, werden auch meine Heilkräfte
wiederkommen. Bis dahin muss ich mich auf die gute alte Medizin verlassen.“
Rio warf
einen Blick über die Schulter zum Schlafzimmer. Er konnte Dylan nicht sehen,
aber dachte sich, dass sie es zu schätzen wüsste, jemandem zu begegnen, der
freundlich und sanft war. Jemand, der sie zusammenflickte und wie ein normaler
Mensch mit ihr redete. Ihr versicherte, dass sie nichts zu befürchten hatte,
dass sie hier bei Leuten war, denen sie vertrauen konnte. Besonders, nachdem
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