Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
gehört. Mich wirft so leicht nichts um.“
Tess
lächelte, aber sie wandte schnell wieder den Blick ab, und das sprach Bände,
auch wenn sie die Worte nicht aussprach: Das war keine bizarre Story in einem
Boulevardblatt. Das war die Wirklichkeit.
„Was war in
dieser Höhle, Tess? Anscheinend war es eine Art Gruft - eine
Überwinterungskammer, so hat Rio sie genannt. Aber was zur Hölle war da drin?
Ist dort oben in den Bergen irgendetwas ausgebrochen?“
Tess hob den
Blick, schüttelte aber nur leicht den Kopf. „Ich glaube, das willst du lieber
nicht wissen.“
„Doch , natürlich
will ich das“, beharrte Dylan. „Was immer es war, offensichtlich hat Rio es für
wichtig genug gehalten, um mich deswegen zu entführen und einzusperren, damit
ich niemandem erzählen kann, was ich gesehen habe.“
Tess schwieg
beharrlich, und Dylans Magen ballte sich zu einem angstvollen, harten Knoten
zusammen. Die Stammesgefährtin wusste, was in dieser Höhle gewesen war, und
ganz offensichtlich handelte es sich um etwas, vor dem sie große Angst hatte.
„Tess,
irgendetwas schlief in diesem verborgenen Sarkophag - so wie es aussah, würde
ich sagen, dass es sich sehr lange dort verkrochen hat. Was für eine Kreatur
war ... oder ist es?“
Tess stand
auf und ließ ein paar Spiegelscherben in einen Abfalleimer neben dem
Schreibtisch fällen. „Lass mich deinen Schnitt ansehen. Wir sollten ihn säubern
und ein Pflaster draufmachen, damit du keine Narbe bekommst.“
Eingesperrt
in seinem Käfig aus UV-Strahlen warf der Alte den Kopf zurück und stieß ein
höllisches Brüllen aus. Blut tropfte von den riesigen Fangzähnen und auf den
breiten nackten Brustkorb hinunter, der in den grellen Farben seiner
Dermaglyphen pulsierte.
„Zieht diese
verdammten Fesseln fest“, bellte der Vampir, der ihn gefangen hielt. Er redete
zu seinen Lakaien durch ein kleines Mikrofon im Überwachungsraum vor der Zelle.
„Und räumt die Sauerei da drin weg, verdammt noch mal.“
Die
elektronisch gesteuerten Fesseln fuhren sich aus wie Schlangen und fingen die
schweren Arme und Beine des Alten ein. Auf Knopfdruck zogen sie sich fest an
und rissen ihn beinahe von den Füßen. Er kämpfte vergeblich dagegen an, aber er
würde nicht fliehen können. Als er so hilflos um sich schlug, zog er die Lippen
zurück und bellte wieder. In seinem sprachlosen Aufheulen lag unverkennbare
Wut, als sein riesenhafter Körper von Titan und Stahl in Industriequalität
gebändigt wurde.
Er war immer
noch erregt von der Kopulation, die auf so grausame Weise schiefgegangen war. Immer
noch dürstete er wild nach Blut und nach dem Körper der leblosen jungen Frau,
die nun hastig - und posthum - aus dem Käfig befreit wurde.
Die
Stammesgefährtin war übel zugerichtet worden. Harte Klauen und Fänge hatten
überall ihre Spuren hinterlassen, und sie war schon tot gewesen, bevor man den
Alten von ihr hatte herunterziehen können.
Sie war
nicht die Erste, ganz im Gegenteil. In den fast fünf Jahrzehnten, seit der Alte
in seiner Überwinterungskammer geweckt worden und in die Macht seines Hüters übergegangen
war, hatten sich seine Fütterung und die Zuchtversuche als äußerst
kostspieliges, entmutigendes Unternehmen erwiesen.
Trotz all
der Technologie und der finanziellen Mittel, die zu seiner Verfügung standen,
existierte kein wissenschaftliches Verfahren, das den primitiven Paarungsakt
ersetzen konnte, der vor Kurzem in der Zelle stattgefunden hatte. Direkte
Kopulation, Fleisch auf Fleisch, war die einzig praktikable Möglichkeit, wie
der Samen des Alten empfangen werden konnte, so wie es auch für den Rest des
Stammes galt. Aber Sex war nur ein Teil des Prozesses. Im exakten Augenblick
der Ejakulation musste ein Blutaustausch stattfinden, damit vampirisches Leben
sich im Körper einer Stammesgefährtin einnisten konnte.
Normalerweise
genossen die Paare, die sich ein Kind wünschten, diesen bewussten sinnlichen
Akt, um neues Leben zu schaffen. Nicht jedoch in diesem Käfig. Hier unten, mit
der wilden außerirdischen Kreatur, die vor Hunger, Schmerz und Gefangenschaft
wahnsinnig war, war die Empfängnis ein Spiel auf Leben und Tod. Todesopfer wie
das von heute waren einkalkuliert.
Aber es
hatte auch Erfolge gegeben, und die machten alle Risiken wett. Für jede
Stammesgefährtin, die im Prozess getötet wurde, schafften es zwei lebendig aus
der Zelle heraus ... und trugen in sich den Samen einer mächtigen, neuen
Generation.
Trotz des
verlorenen Tages
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