Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
verletzten Gefühle hatte sie eine unüberlegte Entscheidung aus
dem Bauch heraus getroffen.
Eine
Entscheidung, die sie ihre Freundschaft mit Nikolai kosten konnte - vielleicht
sogar seine Liebe. Aber so sehr sie das jetzt auch bereute, sie konnte es nicht
mehr rückgängig machen. Nikolai würde ihr vielleicht nie verzeihen, dass sie
seine Mission gefährdet hatte; wenn es so war, würde sie es verstehen.
Nun betete
sie, dass nicht Mira den Preis dafür zahlen musste.
Das nervende
Summen eines Handys, das neben seinem Kopf vibrierte, brachte Niko wieder zu
sich. Er lag auf dem Boden neben dem Fahrzeug. Keine Ahnung, wie lange schon.
Wieder vibrierte das Handy neben ihm im Gras und im alten Laub, das den
Waldboden bedeckte. Es kostete ihn fast all seine Kraft, nur die Hand zu heben
und sich das verdammte Ding zu schnappen. Mit ungelenken Fingern klappte er es
auf. Versuchte, etwas zu sagen, aber ihm gelang nur ein trockenes Krächzen.
„Ja",
sagte er noch einmal und zwang seine unwilligen Glieder, sich vom Boden zu
erheben, bis er halbwegs aufrecht an den Vorderreifen des Geländewagens gelehnt
saß.
„Niko?"
Rios Stimme drang aus dem Handy an sein Ohr, ernst vor Sorge. „Du klingst echt
scheiße, Amigo. Rede mit mir. Was ist da los?"
„Renata",
sagte er und hielt den Kopf in beiden Händen.
„Ist sauer
..."
Rio fluchte.
„Ja, das hab ich auch gemerkt. Meine Schuld, Mann. Mir war nicht klar, dass sie
nicht Bescheid wusste, dass sie das Mädchen gestern Abend hergebracht haben
..."
„Sie ist
weg", sagte Niko. Als er daran dachte, begannen seine Lebensgeister wieder
zu erwachen, als hätte man in ihm den Schalter eines Notstromaggregats
umgelegt. „Ach, verdammte Scheiße, Rio ... ich hab sie verärgert, und jetzt ist
sie allein losgezogen, um Mira zu retten."
„Madre de
Dios."
Am anderen
Ende hörte er, wie Rio Tegan und den anderen eine kurze Zusammenfassung der
Lage gab. „Und das ist noch nicht das Schlimmste, alter Junge", fügte
Nikolai hinzu und ignorierte den stechenden Schmerz in seinem Kopf, als er vom
Boden aufstand und mit unsicheren Beinen zum Kofferraum des Geländewagens
stolperte. „Diese Versammlung von Fabien? Sie ist größer, als wir angenommen
haben ... Dragos ist auch da oben."
„Bist du
sicher?"
„Ich hab den
Dreckskerl mit eigenen Augen gesehen. Er ist hier." Nikolai griff sich
Maschinenpistolen aus dem Kofferraum, so schnell seine trägen Arme sich bewegen
konnten. Er hängte sich die Gewehre um und steckte eine Pistole hinten in den
Hosenbund seiner gestohlenen Agenturuniform, eine weitere in ein
Knöchelhalfter. „Das Haus ist von Wachen umstellt. Wenn ihr ankommt, kommt zu
Fuß und teilt euch auf."
„Niko, was
machst du da?" Er antwortete nicht; er war sich sicher, dass seine Antwort
seinem alten Freund nicht gefallen würde. Stattdessen zog er Reservemagazine
aus dem Wagen und belud sich mit so viel Munition, wie er tragen konnte. „Zwei
Männer stehen auf halber Strecke des Zufahrtsweges und drei vor dem Haus. Nehmt
euch die zuerst vor, so kommt ihr am einfachsten rein."
„Nikolai."
Rios Stimme war tief und warnend. „Amigo, was immer du vorhast ... tu's
nicht."
„Sie ist da
drin, Rio. Da drin mit Dragos und Fabien und Gott weiß wem noch ... und sie ist
allein. Ich geh da rein und hole sie."
Rio stieß
etwas Unflätiges auf Spanisch aus. „Bleib, wo du bist. Wir sind keine zehn
Minuten von dir entfernt, und wir fahren, was das Zeug hält, Mann."
Niko schlug
den Kofferraumdeckel des Geländewagens zu.
„Ich werde
rund ums Haus für etwas Ablenkung sorgen ..."
„Gottverdammt,
Niko, wenn diese Frau sich umbringen will, ist das nicht dein Problem. Wir
werden ihr helfen, so gut wir nur können, aber ..."
„Sie ist
meine Stammesgefährtin, Rio." Niko stieß einen derben Fluch aus. „Wir
haben die Blutsverbindung geschlossen ... und ich liebe sie. Ich liebe sie mehr
als mein Leben."
Der Krieger
am anderen Ende stieß einen tiefen Seufzer aus, als er begriff, und gab sich
geschlagen. „Ich schätze, es hat keinen Sinn, dir zu sagen, dass du Lucans
unmittelbaren Befehlen zuwiderhandelst, wenn du da jetzt reingehst.
Wenn Dragos
dort ist, macht das diese ganze Scheiße noch heikler, und das weißt du. Du
musst jetzt bleiben, wo du bist, und die Verstärkung abwarten."
„Geht
nicht", erwiderte Nikolai.
Er klappte
das Handy zu und warf es durch das offen stehende Fenster auf der Fahrerseite.
Dann machte er sich auf, seine Frau zu
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