Miese Chefs
nicht den Beinamen »der Pfähler«, wenn man nicht einen Hang zu befremdlichen, willkürlichen Gräueltaten hat.
Vlad der Pfähler oder auch Vlad Dracula regierte die Walachei (etwa ein Drittel des heutigen Rumänien) mit Unterbrechungen zwischen den Jahren 1431 und 1476. Er wusste einiges darüber, ein mieser Chef zu sein, denn man bekommt nicht den Beinamen »der Pfähler«, wenn man nicht einen leichten Hang zu befremdenden, willkürlichen Gräueltaten hat.
Vlads Weg zum Thron war steinig. Das Machtgefüge in der Wallachei verlagerte sich unregelmäßig zwischen den adeligen Grundbesitzern und den Prinzen; Vlad gehörte zu Letzteren. In seiner Kindheit besiegelte eine Revolte den Untergang seines Vaters, Vlad Dracul, und die Adligen brachten diesen sowie Vlads Bruder auf recht grausame Art zu Tode, indem sie sie lebendig begruben.
Es vergingen viele Jahre, von denen Vlad einige in einem türkischen Gefängnis zubrachte, wo er einiges darüber lernte, wie man die Leute dazu bringt, sich vor Schmerzen zu winden. Schließlich gewann er seinen Thron zurück. Nun sollte sich herausstellen, dass jene Grundbesitzer, die die Revolte angezettelt hatten, die seinen Vater und Bruder das Leben gekostet hatte, aufs falsche Pferd gesetzt hatten.
Ein Weichei hätte vielleicht versucht, sich mit den Grundbesitzern auszusöhnen und die Wunden der Geschichte zu heilen. Nicht Vlad. Er wusste, dass man Taten von ihm erwartete, in die eine oder die andere Richtung, und so bot er einen Olivenzweig. Er lud die wichtigsten Grundbesitzer in die Hauptstadt der Wallachei zu einem Fest auf seiner Burg. Offensichtlich war man über diese Wendung der Dinge sehr erfreut, hatte es doch den Anschein, als sei der neue Prinz bereit zu vergeben, vergessen und weiterzumachen. Immerhin waren seit dem Tod seines Vaters und seines Bruders fast 20 Jahre vergangen.
Vlad schmiss auch wirklich eine coole Party, es gab reichlich zu essen und zu trinken und das Ganze dauerte bis tief in die Nacht. Spätnachts brachen die Gäste auf, nachdem sie gegessen und getrunken hatten, bis sie nicht mehr konnten. Die Burgtore waren, wie um diese Uhrzeit nicht anders zu erwarten, verschlossen.
Bald formte sich am Torhaus eine Traube von einigen Hundert glücklichen, leicht angetrunkenen Partygästen. Ich stelle mir vor, dass man sang, Witze erzählte und sich allgemeiner Heiterkeit erfreute. Mit der Zeit mag sich diese Stimmung mit einer leisen Ahnung durchsetzt haben, aber es ist unwahrscheinlich, dass die Bewohner der Stadt vermuteten, was geschehen würde. Die Tore wurden nicht geöffnet, Wächter drangen auf die Menge ein. Alle sollten von Vlad Dracula »befragt« werden. Besonders interessiert war er an jenen, die alt genug waren, um an der Revolte gegen seine Familie und an ihrem Tod beteiligt gewesen zu sein. Schließlich war es extrem schwierig zu unterscheiden, wer mit dabei gewesen und wer zu der Zeit einfach nur am Leben gewesen war.
Vlad war ein Pragmatiker und ließ sich von diesem augenscheinlichen Mangel an Beweisen nicht blenden. Er ließ einfach seine 200 Gäste (es muss der Morgen des Tages nach dem Fest gewesen sein) vor das Burgtor führen und streng bewachen. Dann nahm er sie sich einzeln vor und ließ sie einen nach dem anderen auf einen langen, spitzen Pfahl aufspießen, wobei die verbleibenden Gäste zusehen durften. Der Vorgang des Pfählens war recht brutal … der Pfahl wird durch … Sie können sich sicher vorstellen, wo, in den Körper hinein und einmal hindurchgetrieben. Das kann direkt zum Tod führen, tut es aber normalerweise nicht.
Stattdessen wird der Pfahl in den Boden gesteckt, wo der Delinquent dann zum Sterben zurückgelassen wird. Es kann einen Tag oder länger dauern, bis man den Qualen endlich erliegt. Das Geschrei, der Lärm und das Blut von 200 Leuten, die bei lebendigem Leibe aufgespießt werden, müssen entsetzlich gewesen sein. Man sagt, die Erde rund um die Burg sei rot von Blut gewesen.
In der Folge verschwor man sich gegen Vlad, aber das dauerte noch eine Weile und ging nicht von besagten Leuten aus. An diesem Tag lernten die Untertanen eine wichtige Lektion: Legt euch nicht mit Vlad an. Eine Lektion, die sie nie vergessen würden. Es ging ihm dabei weniger um die tatsächliche Schuld, sondern um einen Symbolakt. Nicht alle 200 waren schuldig, aber sie alle wurden gepfählt. Die Frage: Können wir uns gegen unseren Prinzen verschwören und damit durchkommen? Die Antwort: Nicht, wenn ihr nicht scharf darauf
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