Miese Chefs
Hause liegen sollte, und droht, sein Abonnement zu kündigen, bevor er die Straße zu seiner immer noch offen stehenden Wohnungstür zurückgeht. Der Zeitungsjunge kommt um die Ecke. Als er Gordons Blick sieht, will er den Rückwärtsgang einlegen, ist aber nicht schnell genug. Gordon ergreift die Gelegenheit, eine der linkslastigeren Zeitungen zusammenzurollen und mit einigen Bemerkungen über den Charakter von Leuten, die notorisch zu spät kommen, nach ihm zu werfen.
Es ist 5:45 Uhr und Gordon kann bereits drei tyrannische Akte verbuchen. Können Sie mithalten? Wichtig ist, dass wir es hier mit dem flexiblen Aspekt echter Gewaltherrschaft zu tun haben. Ja, Sie können einige Punkte Ihres Tagesablaufs so legen, dass dadurch der Tyrann in Ihnen akzentuiert wird, aber halten Sie auch im Unerwarteten, Ungeplanten Ausschau nach Gelegenheiten.
Lassen Sie nie eine Gelegenheit aus, anderen das Leben schwerzumachen.
Machen Sie sich das Leben schwer, um den notwendigen Zorn zu generieren, den es braucht, um den Tyrannen herauszulassen, aber lassen Sie sich vor allem keine Gelegenheit entgehen, anderen das Leben schwer zu machen. Der Zeitungshändler hat jetzt wahrscheinlich die Hosen voll und ist aufgrund dieses Kummers nur allzu bereit, die Zornesschale über dem unglücklichen und vermutlich nutzlosen Zeitungsjungen auszugießen. In vielerlei Hinsicht hat Gordon ihm einen Gefallen getan. Wiederholt sich Derartiges noch ein paar Mal, wird der Zeitungshändler den Lieferjungen wahrscheinlich feuern, einen besseren einstellen und aufgrund dessen zufriedenere, treuere Kunden haben. Sie sehen – bei Tyrannei geht es um Ergebnisse, und zwar pronto. Doch verfolgen wir, was Gordon als Nächstes vorhat.
Es ist 8:40 Uhr. Gordon ist im Büro angekommen. Das Taxi ist war zu spät dran, also rief Gordon, während er noch drin saß, bei dem Taxiunternehmen an und beschwerte sich lauthals, wobei er nicht vergaß, nicht nur über die Verspätung, sondern auch über den seltsamen Geruch im Wagen zu zetern. Er bekommt eine Ermäßigung auf den Preis nächste Woche. Jetzt ist sein Sekretär bei ihm, um mit ihm den Terminplan des Tages durchzusprechen. Das erste Meeting ist für 9:00 Uhr mit jemand Gleichrangigem aus einer anderen Abteilung angesetzt. Sue hat schon seit einiger Zeit versucht, sich in seinen Terminplan zu schmuggeln, um eine Zusammenarbeit zwischen ihren beiden Abteilungen zu besprechen.
Vernünftig, wie er ist, weist Gordon seinen Sekretär an, das Meeting auf 16:00 Uhr zu verlegen, auf die Zeit, wo er eigentlich seinen »Rundgang« machen sollte. Gordon weiß genau, dass sein Sekretär das Management-Team vorgewarnt hat, sodass er durch das Aufschieben des Meetings mit Sue nicht nur dafür sorgt, dass sich diese unbedeutend und frustriert fühlen wird, er hat sich so auch noch eine Gelegenheit geschaffen, mit seinem Rundgang früher zuzuschlagen.
Von 9:00 bis 10:00 Uhr vormittags geht er durch das Gebäude, lehnt sich über die Schreibtische von Leuten und stellt ihnen schwierige Fragen wie »Wie stehst du zu XY?« oder »Wie viele davon hast du diesen Monat schon erledigt?«. Jedermann stottert und stolpert durch eine Reihe inkohärenter Antworten, so gut er kann. Am Ende dieser Vorstellung starrt Gordon die Leute an und schüttelt langsam den Kopf, bevor er weitergeht. Wenn er gut gelaunt ist, kann es vorkommen, dass er ein »tz, tz« hinzufügt. Wenn jemand etwas annähernd Sinnvolles zusammenbekommt, nimmt Gordon seinen Füller heraus, macht sich eine Notiz und runzelt bedrohlich die Stirn.
Er genießt diesen Prozess – die Ergebnisse sind unmittelbar und es ist äußerst zufriedenstellend, so durch die Schichten der Hierarchie zu schneiden. Er schaut sogar im Postzimmer vorbei und wirft kurz einen missbilligenden Blick auf das Chaos auf dem Schreibtisch.
Mitarbeiter sind nicht schwer einzuschüchtern, weil sie normalerweise in ihrem Job eh nichts draufhaben und versuchen, das zu vertuschen.
Hier finden sich zwei wichtige Lektionen für Nachwuchstyrannen und ihre täglichen Aktivitäten. Gordon ist »an die Quelle gegangen«, wie es in Handbüchern für Weichei-Chefs heißt. Wenn es auch wichtig ist, die unmittelbaren Untergebenen zu tyrannisieren, weiß Gordon doch, dass sein Schatten auf die ganze Organisation fallen muss, um das ultimative Hochleistungsklima zu erzeugen. Und nichts funktioniert dabei besser, als sich auf die Socken zu machen und die Mitarbeiter einzuschüchtern. Das ist nicht schwer, weil
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