Miese Chefs
Briefing zu Ende zu bringen. Einige Leute stellen interessierte, vernünftige Fragen. Gordon wartet ab. Die Fragen werden beantwortet, und nach etwa 40 Minuten sieht es so aus, als sei die Sache pünktlich um 12:30 Uhr vorüber. Genau da schlägt Gordon zu.
Er stellt einige Fragen nach der Stichhaltigkeit der Informationsquelle. Diese werden zufriedenstellend beantwortet, und die Analysten lassen sich von Gordons Unterstellung offenbar nicht beeindrucken. Dieser zieht nun jedoch einen Bericht aus der Tasche, den ihm einer seiner Mitarbeiter verschafft hat. Der Bericht zieht völlig andere Schlüsse als die Berater, mit denen Gordon am Tisch sitzt, sodass er sie bittet, das zu erklären. Das bringt die Berater nun doch deutlich aus der Fassung, einen von ihnen hat Gordon sogar völlig mundtot gemacht, weil er von diesem Bericht nicht das Geringste weiß.
Der andere versucht, mehr schlecht als recht, diesen Bericht zu erklären. Seine stotternde Antwort sorgt für weitere Fragen aus dem Publikum. Gordon lässt die anderen noch für etwa zehn Minuten mit klärenden Fragen feuern und genießt den Blutgeruch in seinen Nasenlöchern. Um etwa 12:35 unterbricht er einen der Sonderberater und verkündet, es sei zwar durchaus unterhaltsam, sich so schlecht informiertes Gerede anzuhören, er sei jedoch nicht bereit, weiter seine Zeit zu verschwenden, es gäbe wesentlich Wichtigeres in seiner Abteilung, um das er sich kümmern müsse. Damit steht er auf und verlässt den Raum. Es steht sowieso fest, dass nach seinem Weggang nichts Interessantes oder Wichtiges mehr gesagt werden und sich die Veranstaltung schnell auflösen wird.
Ein Meisterwerk der Tyrannei, wirklich perfekt in jeder Hinsicht. Obendrein lässt sich dieses Verhalten auch noch im alltäglichen Leben zur Anwendung bringen. Zuerst denken Sie an Folgendes: Es ist wesentlich leichter, niederzureißen als aufzubauen. Lernen Sie den Kritiker in sich lieben.
Es ist wesentlich besser, die Position eines anderen zu unterminieren und sich so eine dominante Position zu sichern, als zu versuchen, auf eigene Faust eine dominante Position zu gewinnen.
Benutzen Sie ihn, um Hohn, Zweifel, Lächerlichkeit und Verzögerungen über die nicht so hellen Ideen anderer auszugießen. Wenn Sie Kartenspieler sein sollten, werden Sie wissen, dass es viel leichter ist, ein Spiel auf Niederlage als auf Sieg zu führen – dasselbe gilt für Führung. Es ist wesentlich besser, die Position eines anderen zu unterminieren und sich so eine dominante Position zu sichern, als auf eigene Faust zu versuchen, eine dominante Position zu gewinnen.
Im Grunde genommen gibt es zwei Möglichkeiten: Lassen Sie Ihre Idee gut aussehen (schwierig und zeitaufwendig) oder lassen sie die Idee des anderen schlecht aussehen (schnell und einfach). Das ist wirklich ein Kinderspiel, das Gordon hier aufs Schönste vorexerziert. Zudem liefert er uns noch den Hinweis auf eine entscheidende Komponente beim Unterminieren der Ideen anderer: Tun Sie es gegen Ende des Meetings. Es ist besser, die Leute ausreden zu lassen, bevor man ihre Ratschläge und Ideen torpediert. Lassen Sie sich nicht zu früh in die Karten schauen, sonst gewinnt der andere Zeit und kann sich ein Gegenargument überlegen.
Die zweite tyrannische Lektion für den Alltagsgebrauch, die wir aus dieser kleinen Randverzierung ziehen können, lässt sich wohl am besten mit den Worten zusammenfassen: »Das Meeting findet nicht statt, wenn ich nicht im Zimmer bin.« Tauchen Sie spät auf, gehen Sie früh, tun Sie, was nötig ist, um klarzustellen, dass Sie die wichtigste Person im Raum sind und dass es kaum Sinn hat, weiterzumachen, wenn Sie nicht da sind. Das ist so simpel, dass Sie schon morgen damit anfangen können, aktiv daran zu arbeiten. Denken Sie nur an all die Zeit, die Sie gewinnen würden, wenn Sie jedes Meeting zehn Minuten zu früh verlassen oder zehn Minuten zu spät dazukämen oder gar beides !
Um 13:00 Uhr ist Gordon zurück in seinem Büro, denn er ist mit seinem Chef zum Mittagessen verabredet. Sie arbeiten im selben Gebäude und haben ausgemacht, sich an der Rezeption zu treffen, und obwohl Gordon schon um 12:55 Uhr zurück ist, wartet er um die Ecke im Wagen bis genau 13:00 Uhr, bevor er auftaucht.
Er bringt seinen Boss nach draußen und bittet ihn ins wartende Auto; für einen guten Tisch im besten Restaurant in der Gegend ist schon gesorgt, schließlich weiß Gordon, dass sein Chef dieses besonders schätzt. Eine gute Flasche Wein,
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