Miese Chefs
können, können Sie noch immer das Ego polieren, die Leute daran erinnern, wie fantastisch sie sind, und stets zur richtigen Zeit lachen.
Es ist wichtig, niemals Schwäche zu zeigen – fast eine Binsenweisheit unter Tyrannen. Es kann jedoch hilfreich sein, Ihren Chef nach seiner Meinung zu fragen, d. h. ihn ab und an um Hilfe zu bitten. Am besten fragen Sie bei Sachen, bei denen Sie sich völlig sicher sind. So können Sie eine einsichtsvolle, intelligente Konversation führen, bei der Ihr Chef noch das eine oder andere lernen wird. Das hat den Effekt, dass der Boss mit dem Gefühl davongeht: »Wenn er dabei um Hilfe gebeten hat, dann muss er ansonsten brillant sein …«
Laden Sie den Boss zum Dinner zu sich nach Hause ein, wenn Sie sich besonders gut verstehen, vielleicht sogar in den Skiurlaub oder etwas Ähnliches, wenn Ihre Familien sich in ähnlichen Stadien befinden und es sich natürlich anfühlt. Denken Sie daran, das ist der Mann, der am Abzug für Ihre nächste Beförderung sitzt – also behandeln Sie ihn mit dem Respekt und der Unterwürfigkeit, die er verdient. Das bedeutet, dass diese Person eine völlig andersgeartete Perspektive auf Sie haben wird als jedermann sonst, der Sie als den Tyrannen sehen wird, der Sie wirklich sind. Das ist okay, solange die betreffende Person Ihr Chef ist. Sobald sie nicht mehr Ihr Chef ist, sollten Sie auf die eine oder andere Art dafür sorgen, dass sie aus der Organisation ausscheidet. Sie könnte sich zu einer gefährlichen Gerüchtequelle über Ihr angenehmes, sonniges Wesen entwickeln. Das ist nicht hinzunehmen, und wie ein Kuckuck seine kleineren Geschwister aus dem Nest stößt, sollten auch Sie genau das Gleiche tun, wenn sich Ihnen die Gelegenheit dazu bietet.
Es ist fast 14:30 Uhr und Gordon ist wieder in seinem Büro angekommen. Er verbringt eine halbe Stunde damit, mit seinem Sekretär E-Mails und andere Nachrichten durchzugehen. Um 15:00 Uhr steht dann Mike, sein Pressesprecher, der den willkürlichen Anschiss um fünf Uhr bekommen hat, vor der Tür. Mike ist sichtlich nervös. Gordon tut nichts, um diese Symptome des Unwohlseins zu erleichtern, wissend, dass das kleinste Anzeichen von Schwäche oder Versöhnlichkeit die gesamte harte Arbeit, die heute schon geschehen ist, zerstören wird. Mikes Arbeit ist solide, er ist vielleicht nicht der beste Pressesprecher in der Menschheitsgeschichte, aber er behandelt die Außenkommunikation der Abteilung mit Umsicht, Akkuratesse und Zielgerichtetheit. Gordon vertraut ihm und verlässt sich auf ihn, aber er weiß, dass das kein Grund zum Weichwerden ist.
Mike setzt sich hin und lächelt nervös, bevor er fragt, ob es einen besonderen Vorfall oder ein Versäumnis gegeben habe, das Gordon Kopfzerbrechen bereite, weil er sich während der gesamten Zeit ihrer Zusammenarbeit nicht erinnern könne, etwas versaut zu haben. Gordon geht natürlich nicht in die Falle und antwortet stattdessen mit einer Reihe von Fragen:
Wie lang arbeiten sie schon zusammen?
Was will Mike in seiner Karriere erreichen?
Wie würde er das Wesen der Zusammenarbeit zwischen einem Abteilungsleiter und seinem Pressesprecher beschreiben?
Was wäre sein ideales Haustier? (Gordon muss dieses Buch gelesen haben und zuckt sichtbar zusammen, als Mike sagt, er hätte gern ein Kätzchen.)
Mike tappt im Dunkeln. Er hat keine Ahnung, in welche Richtung dieses Gespräch gehen soll, und manche der Fragen sind einfach nur obskur. Etwa um 15:30 Uhr spürt er, dass sich das Meeting seinem Ende zu nähern beginnt, und nach wie vor liegt nichts Spezifisches auf dem Tisch. Gordon bittet ihn, etwas für einen kurzen Radioauftritt am nächsten Tag fertig zu machen, und deutet an, das Meeting sei zu Ende. Mike ist in Hochstimmung und äußerst erleichtert. Vielleicht ist er doch noch mal davongekommen. Gerade als er gehen will, sagt Gordon: »Wir wollen doch zusehen, dass wir dieses Gespräch nicht noch mal führen müssen.« – »Nein, absolut nicht …, äh … danke«, versucht es Mike.
Er hat das seltsame Gefühl, einem unsichtbaren Geschoss ausgewichen zu sein. Es ist keineswegs klar, was Gordons Missfallen erzeugt hat, obwohl kein Zweifel besteht, dass Gordon mit ihm unzufrieden ist. Also muss er irgendetwas getan oder nicht getan haben. Offenbar muss er seine Anstrengungen verdoppeln und entscheidet sich auf der Stelle, sich mit seinen Pendants in anderen Abteilungen in Verbindung zu setzen, um Notizen zu vergleichen, nur um zu sehen, ob ihm etwas
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