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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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gegen meinen Willen in den klebrigen Schokoladenüberguss.
    Mit dem Geschmackssinn einer Ameise Kuchen zu essen war eine Sinnesexplosion sondergleichen. Besser als jeder Orgasmus – mit
     Ausnahme derer, die ich in den ersten Jahren |70| mit Alex erlebt hatte, und dem, den mir die Liebesnacht mit Daniel Kohn beschert hatte.
    Glückselig benommen lag ich auf dem Kuchenstück und futterte und futterte.
    Ganz aus der Ferne – wie durch einen dicken Schleier – hörte ich noch, wie Lilly sagte: «Nina, da ist eine Ameise auf deinem
     Kuchen.»
    Aber Nina reagierte nicht mehr rechtzeitig, und ich landete samt Kuchen in ihrem Mund!

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    14.   KAPITEL
    Von Nina gegessen zu werden war eine noch blödere Art zu sterben, als vom Waschbecken einer Raumstation getroffen zu werden.
    Wieder zog mein Leben an meinem geistigen Auge (Ameisen haben davon auch nur eins) vorbei. Nur diesmal war es mein trübes
     Dasein als Ameise: das Treffen mit Buddha, die Flüche von Krrtx, der Anblick der herrlichen Ameisenstadt, das brutale Einprügeln
     auf den wiedergeborenen Menschen, das Spinnennetz, der orange Flummi, Ninas Versuch, meinen Platz in der Familie einzunehmen   …
     
    Wenn so ein Leben an einem vorbeizieht, ist man nicht traurig zu sterben.
     
    Ich sah wieder das Licht.
    Es wurde immer heller.
    Es war wunderschön.
    Es umhüllte mich.
    Sanfter als das letzte Mal.
    |71| Noch wärmer.
    Liebevoller.
    Ich umarmte es und ging darin auf.
    Ich fühlte mich so wohl.
    So geborgen.
    So glücklich.
    Der Albtraum war zu Ende.
     
    Für ganze zwei Sekunden.
     
    Dann war ich wieder eine Ameise.
     
    Ich befand mich zwar in einem anderen Körper, dieser war kleiner und flinker, aber ich war wieder eine verdammte Ameise!
     
    Geh zurück auf Ameisenlos, zieh keinen inneren Frieden ein und sei stattdessen frustriert wie noch nie!
     
    «Hallo», hörte ich Buddhas sanfte Stimme säuseln.
    Ich drehte mich um. Ich befand mich wieder in dem Erdtunnel, in dem ich schon das letzte Mal aufgewacht war. Und auch diesmal
     grinste mich ein unglaublich dicker Ameisen-Buddha an. Er wirkte sehr zufrieden mit sich, mit der Welt, mit dem gesamten Kosmos.
     Ganz im Gegensatz zu mir:
    «WIR   … MÜSSEN   … REDEN!», verlangte ich schwer aufgebracht.
    «Du bist betrübt, dass du nicht ins Licht gehen durftest», stellte Buddha fest.
    Das stimmte. Aber das wollte ich ihm gegenüber nicht zugeben. Ging ihn auch gar nichts an. Ich hatte ein anderes |72| Thema auf meiner Agenda: «Ich habe es nicht verdient, als Ameise wiedergeboren zu werden!»
    «Du hast eine erstaunliche Sicht auf die Dinge», sagte Buddha amüsiert.
    «Ich habe zwar einigen Mist gebaut, aber dein Urteil ist zu hart!», motzte ich. «Ich verlange, dass du mich von diesem Ameisendasein
     erlöst.»
    «Das kann ich nicht.»
    «Ich denke, du bist hier der Obermufti!»
    «Das kannst du nur selbst.»
    «Und wie?», fragte ich aufgeregt. Wenn es hier einen Weg raus gab, wollte ich für ihn den Routenplan.
    «Man findet den Weg beim Gehen», säuselte Buddha.
    «Du klingst wie ein Glückskeks», sagte ich genervt.
    «Mag sein», lächelte Buddha sanft, «aber dadurch ist es nicht weniger wahr.» Sprach’s und löste sich langsam in Luft auf.
     
    Der Typ begann mir definitiv auf den Geist zu gehen!
     
    Ich überlegte kurz, was er wohl mit seinem Glückskeksgequatsche meinen könnte, aber ich hatte keinen blassen Schimmer.
    Und so dachte ich an den Leichenschmaus zurück. Nina wollte Alex für sich haben. Und er würde ihr nachgeben. Nicht heute,
     nicht morgen. Aber irgendwann bestimmt. Das wusste ich.
    Denn Nina wollte es.
    Und Alex war schon mal kurz davor gewesen, sich für sie zu entscheiden.
    Da lebte ich noch.
    Und jetzt war ich sogar tot.
    |73| Ich stand also nicht mehr im Weg, und früher oder später würde Alex sich auf Nina einlassen. Dann würde sie Lillys neue Mutter
     werden.
    Dieser Gedanke schnürte meinen kleinen Ameisenmagen zusammen.
     
    In einiger Entfernung hörte ich das Trappeln vieler Ameisenfüße und Krttx’ Fluchtiraden. Mir war klar: Ich durfte nicht wieder
     von ihr eingezogen werden. Dieses Ameisenleben musste ich in meine eigenen sechs Greifer nehmen, um irgendwie zu verhindern,
     dass Nina meine Familie übernimmt.
    Und es gab nur eine Person, die mir dabei helfen konnte: der als Ameise wiedergeborene Mensch, den die Königin hinrichten
     lassen wollte. Vielleicht wusste er ja einen Weg, wie man als Mensch in Ameisenform das Leben der echten

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