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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Menschen beeinflussen
     konnte.
    So rannte ich davon, bevor Krttx mich überhaupt erspähen konnte, und begann mein neues Leben.
    Ein Leben, in dem Giacomo Casanova eine wesentliche Rolle spielte.

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    15.   KAPITEL
    Ich rannte in die vor Leben heftig pulsierende Ameisenstadt und formulierte dabei in Gedanken einen Plan: Ich würde herausfinden,
     wo das Verlies der Königin ist, und dann   … dann würde ich schon sehen.
    Zugegeben, das war kein sonderlich beeindruckender Plan, den ich da formulierte. Aber den Umständen entsprechend war er schon
     ziemlich gut.
    |74| Die Umstände waren wie folgt: Ich wollte mir nicht ausmalen, wie es ist, wenn Nina meine kleine Lilly großzieht. Aber wie
     es so ist, wenn man sich etwas nicht ausmalen will: Man tut es dennoch, und zwar in den buntesten Neonfarben: Vor meinem geistigen
     Auge sah ich meine süße, niedliche Tochter: ein kleines Wesen, das sich nachts bei mir einkuschelte, weil sie Angst hatte
     vor Gurgelhals, dem Zauberer, der so inkompetent war, dass er es nicht mal schaffte, die Schlümpfe reinzulegen. Nina durfte
     Lilly nicht in ihre Klauen bekommen und sie zu einer rücksichtslosen, knallharten Frau großziehen. Zu einer Frau wie   … mir?
    Ich fühlte mich von mir selbst ertappt, wischte den Gedanken hastig beiseite und verfluchte Nina stattdessen noch heftiger.
    «Widerliche Kuh», schimpfte ich vor mich hin.
    «Was hast du da gesagt?», fragte mich eine Kommandantin, die mir mit ihrem Trupp auf dem Ameisenpfad entgegenkam. Sie war
     anderthalbmal so groß wie ich und wirkte recht bedrohlich.
    «Ich bin eine widerliche Kuh?», fragte sie angepikst.
    Ich stammelte: «Nun ähem   … ich hab mich versprochen.»
    «Und was wolltest du sagen?»
    «Liederliche Ruh», erklärte ich wenig überzeugend.
    «Liederliche Ruh?», fragte die Kommandantin verwirrt.
    «Liederliche Ruh», wiederholte ich.
    «Und was soll das heißen?»
    Das hätte ich auch gerne gewusst.
    Ich stammelte: «Ähem   … ja, nun   … ich   … ich mag es nicht, wenn Ameisen so faul sind und so   … liederlich ruhen.»
    «Aha», erwiderte die Kommandantin, nicht wirklich zufriedengestellt.
    |75| Ich wollte hastig weitergehen, aber sie hakte nach: «Was machst du hier allein?»
    «Ich arbeite.»
    «Keine Ameise arbeitet allein», sagte die Kommandantin und machte einen bedenklichen Schritt in meine Richtung. Ich roch ihren
     Atem und wünschte mir, dass jemand ganz schnell ein Mundwasser für Ameisen entwickeln und auf den Markt bringen würde.
    «Was hast du vor?», hakte sie nach.
    In meinem Gehirn rotierte es, was konnte ich nur darauf antworten? Ich versuchte es mit der halben Wahrheit: «Ich ähem   … muss zum Verlies der Königin.»
    Ich merkte, wie die Kommandantin plötzlich zu zittern begann: «Du   … du gehörst zur Königlichen Garde?»
    «Selbstverständlich gehör ich zur Königlichen Garde», sagte ich in einem möglichst autoritären Tonfall. Darauf begann die
     Kommandantin zu zittern, als sei ich Mephisto persönlich. Die Reaktion gefiel mir. Außerordentlich. So viel Angst hatten sonst
     nur meine Assistentinnen vor mir gehabt.
    «Verzeih mir, Priesterin», sagte die Kommandantin devot und gab ihrem Trupp den schnellen Befehl zu gehen. Hastig eilten die
     verängstigten Ameisen den Pfad hoch, in einem Tempo, das einen fast vermuten ließ, sie würden erst wieder anhalten, wenn sie
     außer Landes waren.
    «Priesterin» – so nannte sie mich. Anscheinend hatten die Ameisen eine Art Religion. Ich fragte mich, wie die wohl aussah.
     Glaubten sie an einen Gott? An mehrere? Vielleicht sogar an Wiedergeburt?
    Ich ging die verschlungenen Pfade weiter hinauf, auf der Suche nach dem Verlies, das ich in einer der Kammern im rechten Erdwall
     vermutete. In die Richtung waren die Ameisen |76| aus Krttx’ Trupp marschiert, als sie den Gefangenen weggeschleppt hatten.
    Und immer wenn eine Kommandantin mich böse ansah, sagte ich einfach nur: «Ich gehöre zur Königlichen Garde», und sie bekam
     es mit der Angst zu tun. Endlich hatte mal wieder jemand vor mir Respekt. «Ich gehöre zur Königlichen Garde» wurde zu meinem
     Lieblingssatz, und ich sagte ihn selbst zu Kommandantinnen, die mich nicht schief anschauten. Es machte einfach zu viel Spaß.
    Dummerweise sagte ich ihn einmal zu oft: «Ich gehöre zur Königlichen Garde.»
    «Wir auch», antworteten mir drei Ameisen.
    Ich blickte in ihre Gesichter. Ihre Augen waren eiskalt, hart und unnachgiebig. So

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